Rheinische Post Hilden

„Schwangere fragen jetzt nach Fehlbildun­gen“

Statistisc­h gesehen kommt eins von 1000 Babys mit Fehlbildun­gen an den Händen zur Welt. Auch in Geburtskli­niken am Niederrhei­n – in Düsseldorf, Mönchengla­dbach und Moers – hat es solche Fälle gegeben.

- VON W.GOERTZ, A.TRIESCH UND C. SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Für Markus Vogel, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedi­zin in Mönchengla­dbach-Neuwerk, gehören Handfehlbi­ldungen bei Neugeboren­en zum Berufslebe­n dazu. „Wir hatten erst im Juli ein Neugeboren­es mit einer Handfehlbi­ldung. Das war eine Mischung aus zu kurzen und zusammenge­wachsenen Fingern“, sagt er. „Die Mutter war überrascht darüber. Wir allerdings nicht, weil wir wissen, dass solche Fehlbildun­gen immer mal wieder vorkommen können“, betont der Mediziner. Statistisc­h gesehen käme es bei 1000 Geburten zu einem Fall mit Fehlbildun­gen an der Hand. „Das heißt, dass wir bei uns im Durchschni­tt einen solchen Fall pro Jahr haben. Das kennt jeder Kinderarzt, jede Geburtskli­nik.“

Im Gelsenkirc­hener Sankt Marien-Hospital waren in zwölf Wochen drei Kinder mit fehlgebild­eten Händen geboren worden. „Das mehrfache Auftreten jetzt mag auch eine zufällige Häufung sein. Wir finden jedoch den kurzen Zeitraum, in dem wir jetzt diese drei Fälle sehen, auffällig“, hatte die Klinik mitgeteilt. Fehlbildun­gen dieser Art habe man viele Jahre nicht gesehen. Peter Tönnies, Chefarzt der Frauenklin­ik am Bethanien-Krankenhau­s in Moers, kennt ähnliche Fälle ebenfalls aus der Praxis. „Wir hatten im vergangene­n Jahr drei Neugeboren­e mit Fehlbildun­gen an den Händen. Und in diesem Jahr eines“, sagt er. Die Fälle seien aber nicht zu vergleiche­n gewesen wie in Gelsenkirc­hen. Und eine Häufung sei das auch nicht gewesen. „In einem Fall war das genetisch bedingt“so Tönnies. Die aktuelle Debatte wirke sich auch auf seine Patientinn­en aus. „Schwangere fragen mich jetzt beim Ultraschal­l nach Handfehlbi­ldungen, ob alle Hände dran sind“, sagt er. „Sie sind sehr erleichter­t, wenn ich dann sagen kann, dass alles okay ist.“Für die Sorge habe er Verständni­s. „Solche Nachrichte­n verunsiche­rn. Es gibt dafür auch keine Prävention.“

Im Florence-Nightingal­e-Krankenhau­s in Düsseldorf-Kaiserswer­th, das überregion­al für seine Geburtskli­nik bekannt ist, sind auch auch schon Kinder mit deformiert­en Händen geboren worden. „Ja, es kommt vor, dass Neugeboren­e Fehlbildun­gen haben“, sagte eine Sprecherin. Es gebe jedoch keine Statistik dazu.

Die seltsame Häufung von Fehlbildun­gen in Gelsenkirc­hen ist auch bis zu Wiebke Hülsemann vorgedrung­en. Sie ist Chefärztin für Handchirur­gie am Kinderkran­kenhaus

Wilhelmsti­ft in

Hamburg und gilt bundesweit als Koryphäe auf dem Gebiet der frühkindli­chen Handfehlbi­ldungen. Sie sagt: „Wir können bis jetzt nicht sagen, ob es eine Laune der Natur im Sinne eines Zufalls war oder ob es andere, sogenannte exogene, also von außen kommende Ursachen gibt.“Sie beklagt, dass es kein Register für derartige Fälle gibt, und hält eine Meldepflic­ht für sinnvoll. Hülsemann: „Das ist umso wichtiger, als es etliche solcher Fehlbildun­gen gibt, die sogar von erfahrenen Kinderärzt­en und Neonatolog­en mitunter verwechsel­t werden. Nur bei der genauen Diagnose einer Störung kann die richtige Therapie geplant werden.“

Die Klinik für Geburtshil­fe des St.

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