Frauen erhalten ein Viertel weniger Rente
Hauptgrund für diese geschlechtsspezifische Rentenlücke: Viele Frauen treten für die Kindererziehung im Beruf kürzer und erwerben somit weniger Ansprüche auf die gesetzliche Leistung. Zusatzvorsorge könnte die Lücke verkleinern.
FRANKFURT Das Ergebnis ist eindeutig: Frauen sind nicht nur während ihres aktiven Berufslebens schlechter bezahlt, sondern in der Folge auch im Alter gegenüber Männern stark benachteiligt. „Das Kernergebnis besteht darin, dass Frauen einen deutlich geringeren gesetzlichen Rentenanspruch haben. Wir sprechen hier von ungefähr 26 Prozent Differenz“, sagt die Studienautorin Alexandra Niessen-Ruenzi von der Universität Mannheim. Die Hochschule hat die Entwicklung gemeinsam mit der niederländischen Tilburg University untersucht.
Deren Co-Autor Christoph Schneider beziffert die Lücke der gesetzlichen Rentenhöhe zwischen den Geschlechtern auf durchschnittlich 140 Euro pro Monat (bei einem Rentenbezug ab dem 67. Lebensjkahr). „Je nachdem, wie lange man Rente erhält, kommt man auf stattliche Summen“, rechnet Schneider vor. „Wenn man 15 Jahre im Durchschnitt nimmt, die jemand nach Renteneintritt noch Rente, sind das ungefähr 25.000 Euro.“Um diese Lücke zu schließen, müsste eine Frau ab 40 zusätzlich 2,3 Prozent ihres Bruttojahreseinkommens sparen.
De Studie offenbart ein interessantes Detail: Die Kluft ist nicht zu Beginn des Berufslebens schon da, also keineswegs vorgegeben. Die Schere öffnet sich erst ab einem Alter von etwa 35 Jahren. „Zu der Zeit beobachten wir den sogenannten Gender-Pay-Gap. Die Vermutung liegt sehr nahe, dass das an der Gründung einer Familie liegt“, sagt Niessen-Ruenzi. Denn wenn Mann und Frau eine Familie gründen, ist es nach wie vor meist die Frauen, die entweder ihren Beruf aufgibt oder ihre Stundenzahl drastisch reduziert. „Das kann man dann eben entsprechend auch an den erworbenen Rentenansprüchen ablesen“, so Niessen-Ruenzi.
In der Soziologie spricht man im Zusammenhang mit der so entstehenden Ungleichheit auch von „Motherhood-Penalty“– also der „Strafe der Mutterschaft“. Die führt dazu, dass die Jahreseinkommen von Frauen mit Geburt des ersten Kindes abfallen und sich dann in der Regel nie mehr dem Niveau von kinderlosen Frauen oder Männern angleichen. Entsprechend fällt bei kinderlosen Frauen die Rentenlücke deutlich kleiner aus als bei Müttern.
Nach Angabe des Autoren-Duos ist die Studie die bislang umfangreichste, die es zum Thema Rentenlücke zwischen den Geschlechtern gibt. Zur Grundlage ihrer Arbeit haben sie Daten des IAB genommen, des Forschungsinstitutes der Bundesagentur für Arbeit. In die Analyse eingeflossen sind Gehälter und Rentenbezüge von insgesamt rund 1,8 Millionen Frauen und Männern.
Damit die Lücke überwunden oder zumindest verkleinert wird, schlagen die Forscher zwei Wege vor. „Man könnte auf der einen Seite versuchen, Frauen zu fördern, die Berufsleben und Familie vereinen wollen. Da sprechen wir von Dingen wie Kinderbetreuung“, sagt Niessen-Ruenzi. „Auf der anderen Seite könnte man auch überlegen, von staatlicher Seite aus die private Vorsorge bei Frauen mehr zu fördern“. Letzteres käme tendenziell der Auftraggeberin der Studie zu Gute. Das ist Fidelity International, eine Fondsgesellschaft, die auch Altersvorsorgelösungen anbietet. In dem Zusammenhang haben die Studienautoren errechnet, dass Frauen, die die Lücke durch private Vorsorge schließen wollen, am besten schon mit 30 damit anfangen sollten. Denn da belaufen sich die dafür notwendigen monatlichen Beträge noch auf 35 bis 55 Euro – je nach Verzinsung. Je später Frau damit anfängt, desto höher fallen die monatlichen Ansparbeträge aus, und umso weniger können sie von Effekten wie Zinseszinsen profitieren. Wenn es die irgendwann mal wieder geben sollte.