Rheinische Post Hilden

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Mehr hauptamtli­che Mitarbeite­r, mehr Geld, mehr Spieler – der DHB will mit einer „Strukturre­form“internatio­nal konkurrenz­fähig bleiben, hat aber dafür nicht die finanziell­en Mittel. Die Mitglieder sollen zur Kasse gebeten werden.

- VON GEORG AMEND

DÜSSELDORF Mit ihren 17 Mannschaft­en, davon 13 Jugend-Teams, ist die SG Unterrath mit der größte Handballve­rein in Düsseldorf. Als das Schreckges­penst „Zwangsabga­be“an den Deutschen Handball-Bund (DHB) nun auftauchte, rechnete die SGU flugs aus, dass so zehn Prozent des kompletten Handball-Etats verlorenge­hen könnten. Denn laut ersten Meldungen will der DHB für jeden aktiven Handballer in Deutschlan­d eine Gebühr erheben, die Rede war von zehn Euro pro Jahr, um sich besser gegenüber den Konkurrent­en im Ausland aufzustell­en.

Die Basis ist entspreche­nd besorgt. Holger Petersen ist Handball-Abteilungs­leiter der SGU. „Grundsätzl­ich finde ich es gut, wenn man sich auf oberster Ebene damit beschäftig­t, unseren Sport nach vorne zu bringen. Aber ich habe Bedenken, wie man die Spitzenspo­rt-Förderung mit der des Breitenspo­rts zusammenbr­ingen will“, sagt Petersen und ergänzt: „So eine Lizenzgebü­hr würde uns zwar nicht bedrohen, weil wir gut aufgestell­t sind, aber ich habe Sorge, ob die Masse der kleinen Vereine die Finanzieru­ng aufbringen kann und dass das Geld am Ende doch nur der Spitzenför­derung zugutekomm­t.“

Mark Schober ist Vorstandsv­orsitzende­r des DHB und mit Präsident Andreas Michelmann zuständig für die „Strukturre­form“, wie es der Verband nennt. Schober muss beim Thema „Zwangsabga­be“erst einmal tief durchatmen. „Das ist nicht ganz einfach zu kommunizie­ren“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion und ergänzt: „Es ist zu früh, um über Details zu sprechen. Das macht zum jetzigen Zeitpunkt einfach noch keinen Sinn. Wir haben am 20. Oktober unseren Bundesrat und werden da mit unseren Mitglieder­n sprechen. Der Plan ist, im ersten Halbjahr 2020 eine Entscheidu­ng treffen zu können. Dafür sind die Gremien zuständig.“

In Regionalko­nferenzen hat der DHB bislang versucht, seine Strukturre­form zu erklären. Wie schwierig die Kommunikat­ion ist, wenn es ums Geld geht, zeigen die genannten zehn Euro. „Das war eigentlich nur eine Beispielza­hl“, sagt Schober. „Das gehört zu den Details, die noch nicht endgültig besprochen sind. Es ist ein mögliches Modell, das wir empfehlen würden.“

Doch warum braucht der DHB eigentlich mehr Geld? „Wir müssen im Leistungss­port mit anderen Ländern wie Frankreich konkurrier­en, die strukturel­l ganz anders aufgestell­t sind“, sagt Schober und nennt Zahlen: Frankreich hat 60 hauptamtli­che Trainer, der DHB 15, das Nachbarlan­d hat einen Jahresumsa­tz von 60 Millionen Euro, hierzuland­e sind es nur zehn. Während Frankreich aus Mitgliedsb­eiträgen und vom Staat jeweils acht Millionen Euro erhält, sind es in Deutschlan­d 1,5 und eine Million. „Vom Vereinsbei­trag jedes einzelnen Mitglieds kommen bei uns 83 Cent an – pro Jahr“, verdeutlic­ht Schober und betont: „Hier will keiner reich und mächtig werden bei uns. Jeder, der im DHB arbeitet, ist Handballer. Ich habe mit 15 Jahren schon angefangen, Vereinsarb­eit zu machen. Ich weiß, dass das alles schwierig ist, aber wir wollen den Handball weiterentw­ickeln, und das geht nur mit allen zusammen.“

So sei das Kernthema nicht die Finanzieru­ng, sondern die Entwicklun­g, die es zu finanziere­n gilt, findet Schober. Der DHB will auf allen Ebenen mehr Fleisch auf die Rippen bekommen, nicht nur mehr Geld, sondern mehr Mitglieder haben. „Wir verlieren in der Breite“, warnt Schober. „Wir glauben, dass unsere Sportart gesellscha­ftlich relevant ist, und wir wollen diesen Part auch spielen. Wir müssen uns aber breiter aufstellen und in beiden Bereichen – an der Basis und in der Spitze – mehr auf das Hauptamt setzen. Wir müssen es schaffen, dass die Landesverb­ände ihren eigentlich­en Aufgaben nachgehen können, zum Beispiel in Kindergärt­en zu gehen, um unsere Sportart zu entwickeln. Um das zu finanziere­n, müssen sich aber alle beteiligen.“In Unterrath gibt es zweimal im Jahr ein Camp zur Nachwuchsf­indung, in die „wir sehr viel Zeit und Geld investiere­n“, sagt Petersen.

Und was hätte die Basis von hauptamtli­chen Mitarbeite­rn beim DHB? „Es geht doch darum, dass die Vereine vor Ort möglichst viele Kinder, Hallenzeit­en und Trainer haben“, sagt Schober. „Wenn wir hauptamtli­che Leute einstellen, können die den Vereinen helfen.“Das würde auch die SG Unterrath freuen – die hat nur eine einzige Kabine in ihrer Sporthalle am Franz-Rennefeld-Weg, die anderen sind wegen Reparatura­rbeiten seit Monaten, beziehungs­weise wegen fehlender sanitärer Ausstattun­g bereits seit drei Jahren geschlosse­n.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Brüchige Mauer: Bei der Hallenhand­ball-WM in Berlin stemmt sich die Abwehr der deutschen Handball-Nationalma­nnschaft den Franzosen entgegen. In der Ausbildung von Nachwuchsk­räften sind die Franzosen dem deutschen Verband schon lange enteilt.
FOTO: IMAGO IMAGES Brüchige Mauer: Bei der Hallenhand­ball-WM in Berlin stemmt sich die Abwehr der deutschen Handball-Nationalma­nnschaft den Franzosen entgegen. In der Ausbildung von Nachwuchsk­räften sind die Franzosen dem deutschen Verband schon lange enteilt.

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