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Mehr hauptamtliche Mitarbeiter, mehr Geld, mehr Spieler – der DHB will mit einer „Strukturreform“international konkurrenzfähig bleiben, hat aber dafür nicht die finanziellen Mittel. Die Mitglieder sollen zur Kasse gebeten werden.
DÜSSELDORF Mit ihren 17 Mannschaften, davon 13 Jugend-Teams, ist die SG Unterrath mit der größte Handballverein in Düsseldorf. Als das Schreckgespenst „Zwangsabgabe“an den Deutschen Handball-Bund (DHB) nun auftauchte, rechnete die SGU flugs aus, dass so zehn Prozent des kompletten Handball-Etats verlorengehen könnten. Denn laut ersten Meldungen will der DHB für jeden aktiven Handballer in Deutschland eine Gebühr erheben, die Rede war von zehn Euro pro Jahr, um sich besser gegenüber den Konkurrenten im Ausland aufzustellen.
Die Basis ist entsprechend besorgt. Holger Petersen ist Handball-Abteilungsleiter der SGU. „Grundsätzlich finde ich es gut, wenn man sich auf oberster Ebene damit beschäftigt, unseren Sport nach vorne zu bringen. Aber ich habe Bedenken, wie man die Spitzensport-Förderung mit der des Breitensports zusammenbringen will“, sagt Petersen und ergänzt: „So eine Lizenzgebühr würde uns zwar nicht bedrohen, weil wir gut aufgestellt sind, aber ich habe Sorge, ob die Masse der kleinen Vereine die Finanzierung aufbringen kann und dass das Geld am Ende doch nur der Spitzenförderung zugutekommt.“
Mark Schober ist Vorstandsvorsitzender des DHB und mit Präsident Andreas Michelmann zuständig für die „Strukturreform“, wie es der Verband nennt. Schober muss beim Thema „Zwangsabgabe“erst einmal tief durchatmen. „Das ist nicht ganz einfach zu kommunizieren“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion und ergänzt: „Es ist zu früh, um über Details zu sprechen. Das macht zum jetzigen Zeitpunkt einfach noch keinen Sinn. Wir haben am 20. Oktober unseren Bundesrat und werden da mit unseren Mitgliedern sprechen. Der Plan ist, im ersten Halbjahr 2020 eine Entscheidung treffen zu können. Dafür sind die Gremien zuständig.“
In Regionalkonferenzen hat der DHB bislang versucht, seine Strukturreform zu erklären. Wie schwierig die Kommunikation ist, wenn es ums Geld geht, zeigen die genannten zehn Euro. „Das war eigentlich nur eine Beispielzahl“, sagt Schober. „Das gehört zu den Details, die noch nicht endgültig besprochen sind. Es ist ein mögliches Modell, das wir empfehlen würden.“
Doch warum braucht der DHB eigentlich mehr Geld? „Wir müssen im Leistungssport mit anderen Ländern wie Frankreich konkurrieren, die strukturell ganz anders aufgestellt sind“, sagt Schober und nennt Zahlen: Frankreich hat 60 hauptamtliche Trainer, der DHB 15, das Nachbarland hat einen Jahresumsatz von 60 Millionen Euro, hierzulande sind es nur zehn. Während Frankreich aus Mitgliedsbeiträgen und vom Staat jeweils acht Millionen Euro erhält, sind es in Deutschland 1,5 und eine Million. „Vom Vereinsbeitrag jedes einzelnen Mitglieds kommen bei uns 83 Cent an – pro Jahr“, verdeutlicht Schober und betont: „Hier will keiner reich und mächtig werden bei uns. Jeder, der im DHB arbeitet, ist Handballer. Ich habe mit 15 Jahren schon angefangen, Vereinsarbeit zu machen. Ich weiß, dass das alles schwierig ist, aber wir wollen den Handball weiterentwickeln, und das geht nur mit allen zusammen.“
So sei das Kernthema nicht die Finanzierung, sondern die Entwicklung, die es zu finanzieren gilt, findet Schober. Der DHB will auf allen Ebenen mehr Fleisch auf die Rippen bekommen, nicht nur mehr Geld, sondern mehr Mitglieder haben. „Wir verlieren in der Breite“, warnt Schober. „Wir glauben, dass unsere Sportart gesellschaftlich relevant ist, und wir wollen diesen Part auch spielen. Wir müssen uns aber breiter aufstellen und in beiden Bereichen – an der Basis und in der Spitze – mehr auf das Hauptamt setzen. Wir müssen es schaffen, dass die Landesverbände ihren eigentlichen Aufgaben nachgehen können, zum Beispiel in Kindergärten zu gehen, um unsere Sportart zu entwickeln. Um das zu finanzieren, müssen sich aber alle beteiligen.“In Unterrath gibt es zweimal im Jahr ein Camp zur Nachwuchsfindung, in die „wir sehr viel Zeit und Geld investieren“, sagt Petersen.
Und was hätte die Basis von hauptamtlichen Mitarbeitern beim DHB? „Es geht doch darum, dass die Vereine vor Ort möglichst viele Kinder, Hallenzeiten und Trainer haben“, sagt Schober. „Wenn wir hauptamtliche Leute einstellen, können die den Vereinen helfen.“Das würde auch die SG Unterrath freuen – die hat nur eine einzige Kabine in ihrer Sporthalle am Franz-Rennefeld-Weg, die anderen sind wegen Reparaturarbeiten seit Monaten, beziehungsweise wegen fehlender sanitärer Ausstattung bereits seit drei Jahren geschlossen.