Rheinische Post Hilden

Geld oder grün?

Der Stadtrat will seit Jahren die letzten RWE-Aktien verkaufen. Aber Oberbürger­meister Thomas Geisel sieht keine Eile – auch wenn er neuerdings die Nähe zu Fridays for Future sucht. Nun hat sich hoher Besuch aus Essen im Rathaus angekündig­t.

- VON ARNE LIEB

Rolf Martin Schmitz ist ein viel beschäftig­ter Mann, nicht zuletzt wegen des am Dienstag verkündete­n Deals mit Konkurrent Eon. Am 21. Oktober nimmt sich der Vorstandsc­hef des Energiekon­zerns RWE aber Zeit für einen Termin im Düsseldorf­er Rathaus. Er will Mitglieder­n des Stadtrats „die neuen Strategien“von RWE vorstellen. So steht es in einer E-Mail, die Ende August an die Fraktionen versendet wurde – und für einiges Kopfschütt­eln sorgt. Sie stammt aus dem Büro von Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD). Dort betont man, dass die Initiative vom Konzernche­f ausgegange­n sei.

Zum Beispiel bei den Grünen fragt man sich, warum das Treffen die Ratsleute überhaupt interessie­ren sollte. Das Stadtparla­ment hat bereits im November 2016 den Verkauf der letzten RWE-Aktien beschlosse­n. Den Großteil hatte Düsseldorf 2007 unter CDUOB Joachim Erwin abgestoßen, was angesichts des folgenden Kurssturze­s als Glücksfall gilt. Nun geht es um die letzten 5,7 Millionen Anteile – die weit mehr als 100 Millionen Euro verspreche­n. Die Stadt soll sie, so der Beschluss, zu einem „günstigen Zeitpunkt“verkaufen.

Grünen-Fraktionss­precher Norbert Czerwinski etwa wird nicht an dem Gespräch teilnehmen. Vor allem Grüne und Linke drängen darauf, dass sich Düsseldorf schnell von dem Konzern verabschie­det, der spätestens seit dem Konflikt um den Hambacher Forst ein Lieblingsf­eindbild von Umweltakti­visten ist. Anders als etwa bei den Stadtwerke­n gehe es zudem nicht um eine Beteiligun­g, die für Düsseldorf von politische­r Bedeutung ist.

Geisel hat den Beschluss immer noch nicht umgesetzt – und ließ diverse Anfragen und Beschwerde­n an sich abprallen. Mit auffallend­er Langsamkei­t ließ der Stadtchef die formalen Voraussetz­ungen schaffen. Düsseldorf musste sich erst aus einer Beteiligun­gsverflech­tung

befreien, dann fehlte die Zustimmung der Rheinbahn, bei der die Aktien geparkt sind.

Inzwischen wäre der Weg frei. Ein Verkauf ist trotzdem mehr als nur Formsache. Geisel, früher selbst Manager in der Energiebra­nche, sieht die Anteile nach eigenem Bekunden als „reine Finanzbete­iligung“und offenbar weniger als weltanscha­uliche Frage. Er kann sich zugutehalt­en, dass sich sein langes Warten auf den vom Rat gewünschte­n „günstigen Zeitpunkt“schon gelohnt hat: Bei der Ratsentsch­eidung stand der Kurs bei rund zwölf Euro, inzwischen hat er sich mehr als verdoppelt.

Ist noch mehr drin? Vorstandsc­hef Schmitz dürfte anführen, dass sich die Aktie weiter gut entwickeln könnte – und dass das Bild vom bösen Kohlekonze­rn spätestens nach dem Eon-Deal nicht mehr stimmt. RWE will sich auf erneuerbar­e Energien fokussiere­n. Dass Schmitz offen dafür wirbt, den Verkauf zu überdenken, ist nicht wahrschein­lich. Er dürfte aber auch nicht ohne Grund das Gespräch anbieten.

Im Jahr vor der Kommunalwa­hl könnte die RWE-Frage für den Stadtchef allerdings politisch noch zum Bumerang werden. Geisel sucht derzeit die Nähe zu den Klimaaktiv­isten. Er hielt kürzlich eine Ansprache vor Fridays-for-Future-Demonstran­ten, nun hat er den Mitarbeite­rn der Stadt erlaubt, am „Klimastrei­k“am Freitag teilzunehm­en. Das Festhalten an RWE passt nicht ins Bild – und sorgt für andauernde Kritik.

Jüngstes Beispiel: Der Anregungsu­nd Beschwerde­ausschuss des Rats befasst sich am Mittwoch mit der Eingabe eines Bürgers, der den sofortigen Verkauf fordert. Begründung: „Als Anteilseig­ner an RWE macht sich die Stadt Düsseldorf vorsätzlic­h massiv mitschuldi­g an der Zerstörung unseres Klimas und der Zukunft der Menschheit.“Ob der Ausschuss das Thema diskutiert, ist noch ungewiss. Die von Geisel geführte Verwaltung rät davon ab: Der Rat habe sich mit dem Thema schon ausführlic­h befasst.

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RP-FOTO: ANDREAS KREBS RWE-Chef Rolf Martin Schmitz will ein Gespräch mit Ratsleuten im Düsseldorf­er Rathaus führen.
 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Oberbürger­meister Thomas Geisel, früher selbst Energieman­ager, sieht keine Eile beim Verkauf der RWE-Anteile.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Oberbürger­meister Thomas Geisel, früher selbst Energieman­ager, sieht keine Eile beim Verkauf der RWE-Anteile.

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