Barbara Til hat Lust auf Kunstexperimente
Kurz davor gehe es einem immer super, „vor allem, wenn man das tolle Ergebnis sieht“, sagt Barbara und deutet auf einige besonders spektakuläre Entwürfe des Modeschöpfers Pierre Cardin. Fast ein Jahr lang hat die Kuratorin des Kunstpalastes mit ihrer Kollegin die Ausstellung „Fashion Futurist“vorbereitet, die ab Donnerstag (19. September) gezeigt wird. Nie zuvor rückte das Museum einen Designer und sein Schaffen derart in den Fokus. Der 97-Jährige wird die Reise zur Vernissage nach Düsseldorf nicht antreten, wohl aber Mitglieder seiner Familie und Mitarbeiter des „Musée Pierre Cardin“in Paris. Sicher ist, dass sein Neffe – seine rechte Hand im Unternehmen – an den Rhein kommt. Begleitet wird Generaldirektor
von
Cardins langjähriger Muse, und
aus dem Musée
Til Maria Zinser Cardin Rodrigo Basilicata Maryse Gaspard,
Jean-Pascal Hesse
Pierre Cardin.
Barbara Til ist voller Vorfreude. „Ich bin so gespannt, wie die Schau beim Publikum ankommt“, sagt sie. Mode sei ein Sujet, mit dem sich herrlich spielen lasse: „Es macht einfach nur Spaß.“Auch privat? Sie lacht. „Ja, aber morgens brauche ich oft lange, bis ich weiß, was ich anziehen will“, gibt sie zu. „Ich überlege, wie ich mich fühle und was ich vorhabe. Die Kleidung, die ich trage, soll meine Stimmung unterstreichen.“
Ihr Stil? „Ein paar Designerstücke, peppig gemixt mit preiswerter Mode, so mag ich es heute. Früher habe ich es genossen, auch mal aufzufallen oder gar anzuecken.“
Ein gutes Stichwort. Auch als Kuratorin liebt sie es, Neuland zu betreten und Grenzen auszuloten, die es für sie aber gar nicht gibt. „Was in ein Museum darf und was nicht, ist immer eine Sache der Perspektive“, sagt Barbara Til klipp und klar. Damit spielt sie auf die teilweise umstrittene Sportwagen-Ausstellung „P.S. Ich liebe dich“von 2018 an: „Genau wie schöne Kleider haben schnittige Autos, noch dazu in kleiner Auflage handwerklich gefertigt, mit unserem ästhetischen Empfinden zu tun.“Bei Pierre Cardin, dessen Wirken sieben Jahrzehnte umspannt, sind solche Diskussionen wohl kaum zu befürchten. Exquisite Mode gilt in allen Metropolen längst als museumsreif und zieht ein Publikum jenseits der klassischen Ausstellungen an.
Ist der Weg Richtung Design einmal eingeschlagen, könne man aus dem Fundus des Kunstpalastes noch so manches schöpfen, glaubt Barbara Til. „Unser Haus verfügt über eine breit gestreute Sammlung angewandter Kunst und Design mit historischen Bezügen“, sagt sie. Das gesamte Spektrum des Museums werde 2020 noch eindringlicher verdeutlicht – mit Ausstellungen zur Malerin Angelika Kauffmann („18. Jahrhundert, genial“) und dem kürzlich gestorbenen Modefotografen Peter Lindbergh.
Barbara Til ist seit 1994 Kuratorin im Kunstpalast und inzwischen auch stellvertretende Leiterin der Sammlung. Fast wäre aus der Kölnerin eine Ärztin geworden. Oder eine Moderatorin beim Fernsehen, wo sie während des Studiums jobbte. „Als ahnungsloser Neuling wurde ich vom WDR mit dem Mikrofon zu einer Karnevalsveranstaltung geschickt und sollte lustige O-Töne einfangen“, erzählt sie. Am Ende siegte die Liebe zur Kunst. Noch immer wähnt sich Barbara Til an ihrer allerersten Stelle am richtigen Platz. Von den verschiedenen Direktoren bis hin zu Felix Krämer wurde sie nie beschnitten. „Ich weiß genau, warum ich in diesem Beruf so glücklich bin“, sagt sie. „Wo sonst kann man sich den Luxus erlauben, mit gewisser Muße zu lesen und zu recherchieren? Ob es um eine buddhistische Skulptur geht oder die Geschichte der japanischen Gürtelknebel, überall darf ich tief eintauchen und dazulernen.“
Regina Goldlücke