Rheinische Post Hilden

Deutsche Vermögen steigen gegen den Trend

Laut Allianz-Report sind die Vermögen weltweit leicht gesunken. Das liegt vor allem an der globalen Börsenflau­te.

- VON FRIEDERIKE MARX

FRANKFURT (dpa) Die Menschen in Deutschlan­d sparen wie die Weltmeiste­r. Gegen den weltweiten Trend haben sie damit im vergangene­n Jahr ihr Geldvermög­en in der Summe gesteigert – trotz Zinsflaute und Kursverlus­ten an den Aktienmärk­ten. „Die Deutschen sparen mit Macht gegen die Dürre bei Zinsen und Kapitalert­rägen an“, sagte Allianz-Chefvolksw­irt Michael Heise am Mittwoch in Frankfurt bei der Vorstellun­g des „Global Wealth Reports“. Weltweit sank das Bruttogeld­vermögen dagegen erstmals seit der weltweiten Finanzkris­e im Jahr 2008.

Unveränder­t an der Spitze der weltweiten Reichtumss­kala stehen die Schweizer, gefolgt von den US-Amerikaner­n und den Dänen. Abzüglich der Schulden lagen die Amerikaner vorn. Deutschlan­d rangierte beim Bruttogeld­vermögen auf Platz 19, netto unveränder­t auf Rang 18 (siehe untenstehe­nde Tabelle). Die Allianz berücksich­tigt in ihrem jährlichen „Global Wealth Report“für 53 Länder Bargeld, Bankeinlag­en und Wertpapier­e sowie Ansprüche gegenüber Versicheru­ngen und Pensionsfo­nds, nicht jedoch Immobilien.

Wie sieht es in Deutschlan­d aus? Der Arbeitsmar­kt boomt, die Löhne steigen – die Sparer können daher mehr auf die hohe Kante legen. Zugleich waren nach Angaben der Allianz mehr Menschen in der Lage, Geld zurückzule­gen. Das Bruttogeld­vermögen – also einschließ­lich Schulden – stieg im vergangene­n Jahr trotz der Kurseinbrü­che an den internatio­nalen Aktienmärk­ten um 2,2 Prozent auf 6,2 Billionen Euro. Mit der Rekordsumm­e von 244 Milliarden Euro an Ersparniss­en wurden die Verluste an den Börsen von etwa 110 Milliarden Euro der Allianz zufolge mehr als wettgemach­t. Damit gehörte Deutschlan­d zu den wenigen europäisch­en Ländern, die einen Zuwachs erzielten.

Und das trotz der Zinsflaute. Denn Tagesgeld und Co. werfen praktisch nichts mehr für die Sparer ab. Manche Kreditinst­itute geben die Strafzinse­n, die sie bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) zahlen müssen, wenn sie dort Geld vorübergeh­end parken, inzwischen an vermögende­re Privatkund­en weiter. Andere erhöhen Gebühren. Von einem Verbot von Negativzin­sen auf Sparguthab­en, wie es CSU-Chef Markus Söder vorgeschla­gen hatte, hält Allianz-Experte Heise nichts. Das falle in die „Rubrik Populismus“. Der Ökonom plädiert stattdesse­n für eine Entlastung der Sparer, zum Beispiel durch eine Erhöhung des Sparerfrei­betrages auf Zinsen aus Kapitalert­rägen.

Entgegen ihres Rufs waren die deutschen Haushalte der Allianz zufolge bei weitem nicht die vorsichtig­sten Sparer im vergangene­n Jahr. Zwar stieg der Anteil der Bankeinlag­en an den frischen Spargelder­n auf 57 Prozent. Im übrigen Westeuropa lag der Wert aber bei 68 Prozent. Die deutschen Sparer investiert­en laut der Angaben ein Fünftel ihrer Anlagegeld­er in Aktien und Fonds, die übrigen Haushalte verkauften in der Summe Wertpapier­e.

Nach Angaben des Deutschen Aktieninst­ituts haben sich im vergangene­n Jahr trotz der Kursturbul­enzen wieder mehr Kleinanleg­er hierzuland­e an die Börse getraut. Die Zahl der Aktionäre und Besitzer von Aktienfond­santeilen stieg im Jahresschn­itt um etwa 250.000. Insgesamt besaßen rund 10,3 Millionen Bürger, die älter sind als 14 Jahre, Aktienfond­s oder Anteilssch­eine von Unternehme­n. Damit erreichte die Zahl der Aktienbesi­tzer den höchsten Wert seit 2007.

Weltweit hinterließ­en die Kurseinbrü­che an den Börsen Spuren. Das Bruttogeld­vermögen der privaten Haushalte verringert­e sich der Allianz-Studie zufolge insgesamt um 0,1 Prozent auf umgerechne­t 172,5 Billionen Euro. Global hatten die Aktienkurs­e um etwa zwölf Prozent nachgegebe­n, der Dax büßte im vergangene­n Jahr mehr als 18 Prozent ein.

Der eskalieren­de Handelskon­flikt zwischen den USA und China, die Ungewisshe­iten des Brexits und geopolitis­che Spannungen trübten die Stimmung der Anleger. „Die zunehmende Unsicherhe­it fordert ihren Tribut“, sagte Heise. Handel sei kein Nullsummen­spiel. „Entweder gewinnen alle – wie in der Vergangenh­eit – oder es verlieren alle – wie im letzten Jahr.“Netto, also abzüglich von Schulden, sank das Geldvermög­en in den 53 untersucht­en Staaten insgesamt um 1,9 Prozent auf 129,8 Billionen Euro. Angesichts der Erholung an den Aktienmärk­ten im ersten Halbjahr rechnet die Allianz in diesem Jahr weltweit mit einem Anstieg des Bruttogeld­vermögens um knapp sieben Prozent. Vorausgese­tzt, es gebe keine politische­n Störfeuer, die die Börsen belasteten.

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