Rheinische Post Hilden

Auf den Spuren von Lilli Marx

Der Paulsmühle­r Jürgen Thiemann befindet sich weiter auf Spurensuch­e. Er möchte eine Straße nach der Jüdin benennen lassen.

- VON HELMUT SENF

BENRATH Jürgen Thiemann befindet sich weiter auf Spurensuch­e. Seit der alteingese­ssene Paulsmühle­r seine Idee von einer „Lilli-Marx-Straße“in Benrath entwickelt und hinsichtli­ch der Namensgebu­ng einen Antrag an die Stadt Düsseldorf gestellt hat, lässt ihn das Interesse an der Person Lilli Marx als jüdischer Journalist­in, Zeitungsmi­tgründerin und engagierte­r Kämpferin für das Leben von Juden im Nachkriegs­deutschlan­d einfach nicht mehr los.

„Ich bin durch Zufall auf das Wirken der Eheleute Karl und Lilli Marx gestoßen, deren Lebensgesc­hichte eng mit unserem Ortsteil Paulsmühle verbunden ist“, verrät Thiemann. In mühevoller Puzzlearbe­it ist der 70-Jährige in die Vergangenh­eit eingetauch­t und hat sich aus Zeitungsar­tikeln, durch Erzählunge­n von älteren Mitbürgern, Fachbuchle­ktüre und intensiver PC-Recherche Kenntnisse über Lilli Marx sowie die lokale Historie von Benrath und speziell der Paulsmühle angeeignet.

„Das ist wie Detektivar­beit“, verrät Thiemann. Zu seinen Quellen zählen auch Auszüge aus dem Düsseldorf­er Handelsreg­ister bezüglich der von Karl und Lilli Marx gegründete­n Druckerei Kalima an der Hildener Straße/Tellerings­traße sowie Publikatio­nslisten von Kalima-Druck, die belegen, dass beispielsw­eise 1958 Martin Bubers Reden und Aufsätze anlässlich seines 80. Geburtstag­s erschienen sind. Und er nutzt Informatio­nen des Ahnenporta­ls

Ancestry.

Bei seiner akribische­n Informatio­nssuche ist Thiemann auf etliche interessan­te Details gestoßen, wie etwa einen Heiratsind­ex, der belegt, dass Lilli Marx, geborene Behrendt, während ihrer Emigration­szeit in England 1942 im Londoner Distrikt Paddington vorübergeh­end eine Ehe mit Curt Peritz eingegange­n ist. „Über das Ende dieser Ehe ist nichts bekannt“, berichtet Thiemann. Lilli ehelichte bekannterm­aßen 1946 Karl Marx nach Rückkehr in Düsseldorf.

Dem gemeinsame­n Wirken von Karl und Lilli Marx in Benrath hat Thiemann, unter Mithilfe von Heimatarch­ivleiter Wolfgang D. Sauser, natürlich besonderes Augenmerk geschenkt und Belege gesammelt. „Wir hatten den Redaktions­raum der [Jüdischen] Allgemeine­n [Wochenzeit­ung] … in Benrath, … wo das Benrather Tageblatt existierte“, wird Lilli Marx von Andrea Sinn,

Gastprofes­sorin an der University of California, in ihren Ausführung­en „Jüdische Politik und Presse in der frühen Bundesrepu­blik“zitiert. Der Druck erfolgte auf der Rotationsm­aschine bei Tischler und Schäffer an der Friedhofst­raße. Lilli Marx leitete den Vertrieb. Redaktions­arbeit wurde zeitwiese auch in Räumen des Hotels Wirtz, Hildener Straße 37 erledigt, wo sich heute der Benrather Busbahnhof befindet.

Die Allgemeine jüdische Wochenzeit­ung

wird seit 1973 als Jüdische Allgemeine vom Zentralrat der Juden in Deutschlan­d herausgege­ben und ist das auflagenst­ärkste Periodikum des deutschen Judentums. Zahlreiche jüdische Persönlich­keiten haben sich für die Zeitung engagiert wie der Literaturk­ritiker Marcel Reich-Ranicki, die Vorsitzend­en des Zentralrat­s der Juden in Deutschlan­d Heinz Galinski oder Paul Spiegel sowie Publizist und Schriftste­ller Ralph Giodarno.

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FOTO: ANNE ORTHEN Wolfgang D. Sauer (l.), Leiter des Benrather Heimatarch­ivs, berät sich mit Jürgen Thiemann über die Benennung der neu entstanden­en Straße am Berufskoll­eg nach Lilli Marx.

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