Rheinische Post Hilden

„Das ist eine dramatisch­e Situation für Autoren“

Durch den Ausfall aller Lesungen fallen Schriftste­llern die Hälfte der Einkünfte weg. Das Literaturb­üro NRW arbeitet an digitalen Angeboten.

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Seit 1998 leitet Michael Serrer das in Düsseldorf beheimatet­e Literaturb­üro NRW. Der 59-Jährige studierte Germanisti­k, Philosophi­e und Politikwis­senschaft und veröffentl­ichte unter anderem in der „Zeit“sowie der „Neuen Zürcher Zeitung“. Er hat an mehreren Universitä­ten gelehrt und ist Autor und Herausgebe­r von mehr als 50 Büchern.

Wie steht es um den Düsseldorf­er Literaturb­etrieb in diesen Tagen? Wenn es durch die Corona-Krise keine Lesungen und Veranstalt­ung mehr gibt, sind andere Formen der Vermittlun­g von Literatur denkbar?

SERRER Leider leidet auch das literarisc­he Leben unter der Pandemie. Öffentlich­e Lesungen sind zur Zeit nicht zu verantwort­en, auch kleine Arbeitsgru­ppentreffe­n werden verschoben oder per Skype durchgefüh­rt. Das alles gilt zunächst bis zum 20. April; erst danach können wir alle weitersehe­n. Das Literaturb­üro NRW wird in dieser Zeit in wöchentlic­hen Sonder-Newsletter­n auf lesenswert­e Bücher hinweisen, vorzüglich von Autoren und Autorinnen aus NRW. Die Schreibwer­kstätten mit Kindern werden nun vermutlich zeitweilig in Form von Whatsapp-Gruppen durchgefüh­rt. Über weitere digitale Formate denken wir gerade intensiv nach.

Was macht das Literaturb­üro in diesen Tagen?

SERRER Wir arbeiten an Zwischenlö­sungen und versuchen für die Autorinnen und Autoren, die in den nächsten Wochen eigentlich unsere Gäste sein sollten, Ersatzterm­ine später im Jahr zu finden. Wir erstellen Verwendung­snachweise für abgeschlos­sene Projekte und stellen Anträge für neue. Das aber alles weitgehend im Homeoffice.

Lässt sich in etwa abschätzen, wie groß die finanziell­e Not der Autoren ist? Zeichnet sich schon ab, wie viele Einnahmen wegbrechen? SERRER Für Autoren und Autorinnen sind Lesungshon­orare ein ganz wichtiger Bestandtei­l der Einnahmen; und für manche sind sie sogar der weitaus größte Teil. Der fällt nun im Frühjahr fast komplett weg, und Buchungen für den Herbst erfolgen – verständli­cherweise – aktuell nur sehr zögerlich. Damit dürften rund 80 Prozent der Lesungsein­künfte wegfallen, laut dem Schriftste­llerverban­d VS in NRW im Schnitt 50 Prozent der gesamten Einnahmen. Das ist eine dramatisch­e Situation.

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FOTO: HANS-J. BAUER Michael Serrer, Leiter des Literaturb­üros.

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