Bundesregierung schnürt Hilfspaket für Familien
Ministerin Giffey (SPD) plant einen Notfall-Kinderzuschlag und will Einbußen beim Elterngeld ausgleichen. Mehr Gewalt gegen Frauen und Kinder droht.
BERLIN/DÜSSELDORF Familien stehen in der Coronakrise unter besonderem Druck. Schulen und Kitas sind geschlossen, die Kinder müssen zu Hause betreut werden, viele Eltern haben durch Kurzarbeit oder Auftragseinbrüche finanzielle Sorgen. Die Bundesregierung will deswegen gemeinsam mit den Ländern für finanzielle Unterstützung sorgen, wie Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) am Montag in Berlin ankündigte.
Dafür hat das Bundeskabinett beschlossen, dass es künftig eine besondere Lohnfortzahlung geben soll. Eltern von Kindern bis 12 Jahren, die wegen der angeordneten Schul- und Kitaschließungen zu Hause bleiben müssen und dadurch Einkommen verlieren, bekommen Anspruch auf Entschädigung vom Staat. Gezahlt werden sollen 67 Prozent des Nettoeinkommens, aber maximal 2016 Euro im Monat für eine Dauer von höchstens sechs Wochen.
Giffey kündigte zudem an, dass der Kinderzuschlag künftig mehr Menschen erreichen soll. Wer abrupt sein Einkommen verliert, soll ab 1. April bis 30. September einen Antrag auf Kinderzuschlag stellen können. 185 Euro pro Kind und Monat sind dann möglich; die Berechnung erfolgt künftig anhand des Gehalts im Vormonat – nicht mehr anhand des Durchschnittsgehalts der vergangenen sechs Monate.
Giffey warnte am Montag zugleich vor einer Zunahme häuslicher Gewalt. Sie rief Länder und Kommunen dazu auf, sicherzustellen, dass es genügend Unterbringungsmöglichkeiten in Frauenhäusern gibt. In Nordrhein-Westfalen sind die Kapazitäten
in Frauenhäusern zurzeit aber so gut wie ausgeschöpft. Eine einzige Einrichtung in Aachen hat noch Plätze frei, wie die Fraktionen von SPD und Grünen mitteilten. Die Opposition will das Thema an diesem Dienstag auf die Tagesordnung des Gleichstellungsausschusses im Landtag setzen. „Viele Menschen haben Angst um ihren Arbeitsplatz, Angst davor, ihre Familien nicht mehr ernähren zu können, Angst um ihre Zukunft. Das erzeugt Stress, der schnell in Gewalt ausarten kann. Überwiegend fallen Frauen dieser Gewalt zum Opfer“, sagte die frauenpolitische Sprecherin der SPD, Anja Butschkau. Grünen-Sprecherin Josefine Paul forderte in einem Brief an Gleichstellungsministerin Ina Scharrenbach (CDU) die Anmietung zusätzlicher Schutzwohnungen.
Unterdessen warnte der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, vor mehr Gewalt gegen Kinder. „Ein großes Problem ist häusliche Gewalt gegen Kinder, die jetzt zunehmen wird“, sagte Hilgers. „Der Druck auf die Familien wächst, zugleich entfallen viele Sicherungsnetze.“Weil Kitas und Schulen mit ausgebildetem Fachpersonal geschlossen und auch die Nachbarschaftskontakte unterbrochen seien, gebe es so gut wie keine soziale Kontrolle mehr. Hilgers verwies auf die bundesweit unter 116 111 erreichbare „Nummer gegen Kummer“. Über die Internetseite www.nummergegenkummer.de bleibe das Beratungsangebot bestehen. Obwohl derzeit viele Familien in einer Ausnahmesituation sind, warnte Hilgers vor Menschen, die sich im Netz als Kinderbetreuer anbieten. „Ich rate Eltern dringend davon ab, Kinder in die Obhut solcher Menschen zu geben, wenn sie die nicht kennen.“