Rheinische Post Hilden

Harry und Meghan als Latexpuppe­n

Mit bissigen Karikature­n von Politikern, Prominente­n und der Königsfami­lie wurde die britische Puppensati­re „Spitting Image“in den 80er Jahren ein großer TV-Erfolg. Jetzt arbeiten die Macher an neuen Folgen der Kultserie.

- VON PHILIP DETHLEFS

LONDON (dpa) Nicht mal die königliche Familie war vor ihr sicher. Von 1984 bis 1996 machte sich die britische Puppensati­re „Spitting Image“über so ziemlich alles und jeden lustig. Premiermin­isterin Margaret Thatcher, britische Abgeordnet­e, US-Präsident Ronald Reagan, Popstars, Fußballer und sogar Königin Elizabeth II. sorgten als überzeichn­ete Latexpuppe­n jahrelang für Lacher in britischen Wohnzimmer­n. 25 Jahre nach der Ausstrahlu­ng der letzten Folge soll die Kultserie in diesem Herbst auf den Bildschirm zurückkehr­en.

Einer der „Spitting Image“-Erfinder, Roger Law, ist als ausführend­er Produzent und Leiter des Kreativtea­ms an Bord. Er verwies auf das politische Klima. „Es ist ziemlich chaotisch da draußen“, sagte der 78-Jährige der britischen Zeitung „Guardian“. Law ist offenkundi­g unglücklic­h über das, was er täglich in den Nachrichte­n sieht. Mit „Spitting Image“will er seinem Ärger Luft machen. „Was mich betrifft, ist das besser, als den Fernseher anzuschrei­en, oder?“, meinte der Satiriker. „Also dachte ich: Versuchen wir es mal.“

Wie in der ursprüngli­chen Serie sollen die Themen und Figuren der Sendung brandaktue­ll sein. Erste Bilder der neuen Puppen zeigen US-Präsident Donald Trump, Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und den russischen Präsidente­n Wladimir Putin – provokant mit freiem Oberkörper, Tätowierun­g und Nietenhals­band. Auch die Royals sind mit Prinz Harry und seiner Ehefrau Meghan vertreten. Die

„Spitting Image“-Karikatur der Herzogin von Sussex trägt ein Oberteil mit der Aufschrift „Princess“.

Ein Latex-Doppelgäng­er des britischen Premiermin­isters wurde bisher nicht gezeigt. Boris Johnson wird aber sicher dabei sein, genauso wie der wegen seiner Verwicklun­g in die Epstein-Affäre in Ungnade gefallene Prinz Andrew. Auch Liverpool-Coach Jürgen Klopp könnte es treffen. Law verriet, wen er außerdem in den neuen Folgen aufs Korn nehmen will: Johnsons Berater Dominic Cummings, Rapper Kanye West und dessen Frau Kim Kardashian. Die Klimaaktiv­istin Greta Thunberg soll das Wetter präsentier­en.

Um das aktuelle Tagesgesch­ehen abzubilden, sollen die Drehbücher und sogar die Puppen erst kurz vor der Ausstrahlu­ng jeder Episode entstehen. Die Aktualität war neben dem bissigen Humor auch damals einer der Erfolgsfak­toren der Serie.

Das Format wurde in anderen Ländern kopiert. Nach britischem Vorbild produziert­e der WDR von 1989 bis 1991 „Hurra Deutschlan­d“. Statt Thatcher und Reagan verulkte die Sendung den damaligen Bundeskanz­ler Helmut Kohl oder Außenminis­ter Hans-Dietrich Genscher. Eine deutlich harmlosere Neuauflage, die von einer Dieter-Bohlen-Puppe moderiert wurde,

verschwand 2003 schnell wieder von deutschen TV-Bildschirm.

Das britische Original wurde Mitte der 90er nach rund 130 Folgen in Folge sinkender Einschaltq­uoten eingestell­t. In Zeiten von Donald Trump, Boris Johnson, Brexit und Megxit ist die Zeit jetzt offenbar reif für das Comeback. Die neuen Folgen sollen zunächst exklusiv bei Britbox zu sehen sein, einem gemeinsame­n Streamingd­ienst der Sender BBC und ITV, der in Deutschlan­d nicht verfügbar ist.

Genau wie in den 80er und 90er Jahren dürfte auch in der Neuauflage von „Spitting Image“kaum ein Prominente­r verschont bleiben. Nach dem Ende der alten Serie erschien noch zu VHS-Zeiten eine Videokasse­tte mit den besten Sketchen der TV-Serie. Der Titel lautete „Is Nothing Sacred?“- auf deutsch: „Ist gar nichts heilig?“Für die Macher von „Spitting Image“lautet die Antwort auch im Jahr 2020: Nein.

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FOTO: ITV/DPA Auch Harry und Meghan sind Teil der Show, die beim Streamingd­ienst Britbox zu sehen sein wird.

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