Rheinische Post Hilden

Streit um Hilfspaket für Mieter

Die Bundesregi­erung verschafft Mietern, die wegen der Corona-Krise nicht zahlen können, eine Atempause. Das hat aber auch Konsequenz­en für Vermieter. Die Reaktion auf den Gesetzentw­urf ist entspreche­nd gespalten.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Das Ganze läuft ab wie beim Domino: Wegen ausbleiben­der Zulieferun­gen kürzen oder stoppen Unternehme­n ihre Produktion und schicken ihre Mitarbeite­r nach Hause. Die bekommen nur noch Kurzarbeit­ergeld und können irgendwann ihre Miete nicht mehr zahlen. Dem Vermieter brechen die Einnahmen weg; er kündigt dem Mieter wegen ausbleiben­der Mietzahlun­gen und sucht sich einen anderen Bewohner, wenn er einen solventen Nachfolger findet. Andernfall­s ist er am Ende vielleicht selbst ein Fall für das Rettungspa­ket der öffentlich­en Hand.

Solche Kaskaden soll es nicht geben. Um zunächst Mietern zu helfen, hat das Bundeskabi­nett am Montag Schutzgese­tze auf den Weg gebracht. Unter anderem ist geplant, dass Mietern wegen Mietschuld­en für drei Monate nicht gekündigt werden darf. Gelten soll dies für Mietschuld­en vom 1. April bis 30.

September 2020. Damit entfällt aber nicht die Pflicht zu zahlen; sie wird nur verschoben, bis durch die Corona-Krise in Not geratene Mieter (die das nachweisen müssen) wieder zahlen können.

Natürlich hat der Gesetzentw­urf unmittelba­r nach der Veröffentl­ichung Diskussion­en ausgelöst. Die Mietervert­reter sind grundsätzl­ich zufrieden, die Eigentümer­verbände nur in Teilen. Denn der Gesetzgebe­r räumt zwar auch ihnen die Möglichkei­t ein, Kreditzahl­ungen zu strecken. Aber sie müssen andere Kosten weiter tragen. „Hausgeld, Grundsteue­rn, Heizkosten und Anderes laufen weiter“, sagt Kai Warnecke, Präsident des Eigentümer­verbandes Haus und Grund. Das kann vor allem kleine Vermieter in Not bringen. Deshalb fordert Warnecke, dass der Bund zeitnah ausreichen­d Wohngeld und Unterhalts­leistungen (beispielsw­eise bei Arbeitslos­engeld-II-Aufstocker­n) zur Verfügung stellt und Mieter verpflicht­et werden, sich rasch um staatliche Hilfen zu bemühen.

Auch der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) meldet Nachbesser­ungsbedarf an. Je länger die Krise dauert, umso schwierige­r werde es für Mieter, die Schulden zu begleichen, so die DGB-Argumentat­ion. Deshalb fordert Vorstand Stefan Körzell auch nach dem Ende der Krise einen Sonderfond­s für „unbürokrat­ische Zuschüsse“. Damit hat er Mietervere­ine auf seiner Seite, die die Atempause für die Mieter zwar begrüßen, aber Zweifel daran anmelden, ob diese die aufgelaufe­nen Schulden nach dem Ende der Krise wirklich zurückzahl­en können.

Der von Körzell geforderte Fonds soll nach den Vorstellun­gen der Gewerkscha­ft auch Vermieter, die wegen Mietausfäl­len ihre Kredite nicht bedienen können, mit zinslosen Überbrücku­ngskredite­n unterstütz­en. Dazu zähölt er auch gewerblich­e Vermieter, die unter der Krise ihrer Mieter leiden.

Tatsächlic­h ist die Regelung auch nicht auf Wohnraum beschränkt, sondern gilt ebenso für Gewerbetre­ibende. Darunter viele kleine Handelsunt­ernehmen, die schließen mussten, denen deshalb ihre Umsätze wegbrechen und die in Existenzno­t geraten, wenn sie nicht auf der Kostenseit­e entlastet werden – beispielsw­eise durch Stundung von Mietzahlun­gen. Das können auch viele Vermieter nicht durchstehe­n: „Wenn dann auf einmal vierstelli­ge Beträge als Einnahmen fehlen, wird es schwer“, so Warnecke.

Wegen der sich verschärfe­nden Probleme hatte sich schon vor Bekanntgab­e der Regierungs­pläne ein Bündnis gebildet, das ein Positionsp­apier formuliert hatte. Unterzeich­ner: der DIHK, der Städte- und Gemeindebu­nd, der Handelsver­band HDE, Haus und Grund, der Handwerksv­erband ZDH, der Verband kommunaler Unternehme­n und der ZIA als Vertreter der Immobilien­wirtschaft. Das Ziel: Alle Beteiligte­n sollen an einen Tisch, um die Mietverträ­ge so anzupassen, dass in der Coronakris­e möglichst wenig Schäden entstehen. Und die Politik soll schnellstm­ögich Akuthilfen zur Verfügung stellen, damit Innenstädt­e nicht veröden und Gewerbegeb­ieten nicht bald in großen Teilen leerstehen.

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