Streit um Hilfspaket für Mieter
Die Bundesregierung verschafft Mietern, die wegen der Corona-Krise nicht zahlen können, eine Atempause. Das hat aber auch Konsequenzen für Vermieter. Die Reaktion auf den Gesetzentwurf ist entsprechend gespalten.
DÜSSELDORF Das Ganze läuft ab wie beim Domino: Wegen ausbleibender Zulieferungen kürzen oder stoppen Unternehmen ihre Produktion und schicken ihre Mitarbeiter nach Hause. Die bekommen nur noch Kurzarbeitergeld und können irgendwann ihre Miete nicht mehr zahlen. Dem Vermieter brechen die Einnahmen weg; er kündigt dem Mieter wegen ausbleibender Mietzahlungen und sucht sich einen anderen Bewohner, wenn er einen solventen Nachfolger findet. Andernfalls ist er am Ende vielleicht selbst ein Fall für das Rettungspaket der öffentlichen Hand.
Solche Kaskaden soll es nicht geben. Um zunächst Mietern zu helfen, hat das Bundeskabinett am Montag Schutzgesetze auf den Weg gebracht. Unter anderem ist geplant, dass Mietern wegen Mietschulden für drei Monate nicht gekündigt werden darf. Gelten soll dies für Mietschulden vom 1. April bis 30.
September 2020. Damit entfällt aber nicht die Pflicht zu zahlen; sie wird nur verschoben, bis durch die Corona-Krise in Not geratene Mieter (die das nachweisen müssen) wieder zahlen können.
Natürlich hat der Gesetzentwurf unmittelbar nach der Veröffentlichung Diskussionen ausgelöst. Die Mietervertreter sind grundsätzlich zufrieden, die Eigentümerverbände nur in Teilen. Denn der Gesetzgeber räumt zwar auch ihnen die Möglichkeit ein, Kreditzahlungen zu strecken. Aber sie müssen andere Kosten weiter tragen. „Hausgeld, Grundsteuern, Heizkosten und Anderes laufen weiter“, sagt Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbandes Haus und Grund. Das kann vor allem kleine Vermieter in Not bringen. Deshalb fordert Warnecke, dass der Bund zeitnah ausreichend Wohngeld und Unterhaltsleistungen (beispielsweise bei Arbeitslosengeld-II-Aufstockern) zur Verfügung stellt und Mieter verpflichtet werden, sich rasch um staatliche Hilfen zu bemühen.
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) meldet Nachbesserungsbedarf an. Je länger die Krise dauert, umso schwieriger werde es für Mieter, die Schulden zu begleichen, so die DGB-Argumentation. Deshalb fordert Vorstand Stefan Körzell auch nach dem Ende der Krise einen Sonderfonds für „unbürokratische Zuschüsse“. Damit hat er Mietervereine auf seiner Seite, die die Atempause für die Mieter zwar begrüßen, aber Zweifel daran anmelden, ob diese die aufgelaufenen Schulden nach dem Ende der Krise wirklich zurückzahlen können.
Der von Körzell geforderte Fonds soll nach den Vorstellungen der Gewerkschaft auch Vermieter, die wegen Mietausfällen ihre Kredite nicht bedienen können, mit zinslosen Überbrückungskrediten unterstützen. Dazu zähölt er auch gewerbliche Vermieter, die unter der Krise ihrer Mieter leiden.
Tatsächlich ist die Regelung auch nicht auf Wohnraum beschränkt, sondern gilt ebenso für Gewerbetreibende. Darunter viele kleine Handelsunternehmen, die schließen mussten, denen deshalb ihre Umsätze wegbrechen und die in Existenznot geraten, wenn sie nicht auf der Kostenseite entlastet werden – beispielsweise durch Stundung von Mietzahlungen. Das können auch viele Vermieter nicht durchstehen: „Wenn dann auf einmal vierstellige Beträge als Einnahmen fehlen, wird es schwer“, so Warnecke.
Wegen der sich verschärfenden Probleme hatte sich schon vor Bekanntgabe der Regierungspläne ein Bündnis gebildet, das ein Positionspapier formuliert hatte. Unterzeichner: der DIHK, der Städte- und Gemeindebund, der Handelsverband HDE, Haus und Grund, der Handwerksverband ZDH, der Verband kommunaler Unternehmen und der ZIA als Vertreter der Immobilienwirtschaft. Das Ziel: Alle Beteiligten sollen an einen Tisch, um die Mietverträge so anzupassen, dass in der Coronakrise möglichst wenig Schäden entstehen. Und die Politik soll schnellstmögich Akuthilfen zur Verfügung stellen, damit Innenstädte nicht veröden und Gewerbegebieten nicht bald in großen Teilen leerstehen.