Tourismusfirmen wollen Kundengelder einfrieren
Vielen Veranstaltern droht die Pleite, wenn sie stornierte Reisen sofort erstatten. Der Staat soll helfen, so Verbraucherschützer.
DÜSSELDORF Nachdem die Tourismusunternehmen Ende vergangener Woche alle Urlaubsreisen über Ostern storniert haben, wollen sie von der Pflicht entbunden werden, die kassierten Kundengelder innerhalb von zwei Wochen zurückzuzahlen. Dies bestätigt unserer Redaktion Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV), der beispielsweise die Tui, viele Busunternehmen, tausende Reisebüros oder auch den Düsseldorfer Veranstalter Alltours vertritt.
Die Branche fordert, dass sie den Kunden statt Bargeld Gutscheine
für künftige Reisen geben dürfe. Falls es beim Zwang zur baldigen Cash-Auszahlung bliebe, drohe eine breite Pleitewelle, weil die Unternehmen das Geld der Kunden zum großen Teil bereits an Hotels in den Zielgebieten ausgezahlt haben. Fiebig: „Weder Reiseveranstalter noch Reisebüros verfügen derzeit über die liquiden Mittel, um die Ansprüche der Kunden sofort zu begleichen. Und es kommt auch kein neues Geschäft rein, da keine Reisen möglich sind.“
Weil allen Unternehmen klar ist, dass viele Kunden das Geld aber schon bald brauchen, hoffen sie auf Unterstützung des Staates durch eine Gesetzesänderung und oder Zuschüsse oder Staatsgarantien.
Der Verbraucherzentralen Bundesverband (VZBV) befürwortet eine Lösung, mit der alle Seiten wohl leben könnten. Er schlägt einen Kundengelder-Absicherungsfonds vor, den der Bund gründen soll. Der Fonds würde Ansprüche der Kunden mit Bundesmitteln auszahlen, ohne dass die Kasse der Unternehmen geleert würde. „Dann können Zahlungen erstattet werden, ohne die Reisebranche in die Insolvenz zu treiben“, sagt VZBV-Chef Klaus Müller. „Das ist auch im Interesse der Kunden, damit es dauerhaft ein breites Angebot gibt und damit die gesamte Volkswirtschaft sich stabilisiert.“
Müller hätte nichts dagegen, wenn den Kunden Gutscheine für spätere Reisen angeboten werden, doch es dürfe keinen Zwang zur Annahme geben: „Es gibt viele Menschen, die brauchen das Geld einfach, weil sie beispielsweise als Selbstständige aktuell fast nichts verdienen oder weil sie in Kurzarbeit müssen. Darum muss es das Recht geben, dass der Absicherungsfonds das Geld direkt erstattet.“
Branchenvertreter Fiebig erklärt, warum es nicht ausreiche, einfach Staatskredite zu beantragen, wie es die Tui bereits für sich angekündigt hat. „Die Situation ist kritisch. Alle Maßnahmen zur Reduzierung des Liquiditätsabflusses müssen ergriffen werden.“Es gäbe viele Firmen der Branche, die für die klassischen Hilfen über die Förderbank KfW nicht in Frage kämen: „Die Kredite der KfW funktionieren nur bedingt, weil die Vergaben immer noch zu zehn Prozent von den Hausbanken abgesichert werden müssen. Und genau an dieser Stelle hakt es.“Viele Reisebüros und Veranstalter haben fast keine Rücklagen mehr. Dabei geht es auch um viele Arbeitsplätze. Die 2300 Veranstalter im Land sowie die Reisebüros beschäftigen mehr als 70.000 Menschen.