Rheinische Post Hilden

Olympia-Verschiebu­ng rückt näher

Ein hochrangig­es IOC-Mitglied behauptet, die Verlegung der Spiele nach 2021 sei beschlosse­n. Deutsche Athleten um Dressurrei­terin Isabell Werth sind dafür. NRW wird die Stützpunkt­e für Spitzenspo­rtler vorerst nicht wieder öffnen.

- VON GIANNI COSTA UND RENÉ PUTJUS

DÜSSELDORF/RHEINBERG Thomas Bach macht in diesen Tagen keine glückliche Figur. Der Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC) klammert sich an die Macht. Die Sommerspie­le sind das Mächtigste, das der Weltsport zu bieten hat. Ein Milliarden­unternehme­n. Die Welt um ihn herum sendet eindeutige Signale. Doch Bach hat sich ein Ultimatum gesetzt. Innerhalb von vier Wochen soll eine Entscheidu­ng verkündet werden.

Laut dem früheren IOC-Vizepräsid­enten Richard Pound ist eine Verschiebu­ng der Spiele in Tokio bereits beschlosse­ne Sache. „Auf der Grundlage der Informatio­nen, die das IOC hat, wurde eine Verschiebu­ng beschlosse­n. Die zukünftige­n Parameter wurden noch nicht festgelegt, aber die Spiele werden nicht am 24. Juli beginnen, soweit ich weiß“, sagte Pound der Zeitung „USA Today“.

Der 77-jährige Kanadier glaubt, dass das IOC bald die nächsten Schritte bekanntgeb­en wird. „Wir werden dies verschiebe­n und beginnen, uns mit all den Konsequenz­en zu befassen, die sich daraus ergeben, die immens sind“, ergänzte der einflussre­iche Ex-Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur. IOC-Sprecher Mark Adams erklärte auf Anfrage der Zeitung, dass das IOC verschiede­ne Szenarien überlege und verwies auf die Mitteilung vom Sonntag.

Andrea Milz befürworte­t die IOC-Pläne, über eine Verschiebu­ng der Spiele 2020 in Tokio nachzudenk­en. „Das IOC wird dazu sicher nicht vier Wochen benötigen“, sagt die für Sport zuständige Staatssekr­etärin der Landesregi­erung NRW unserer Redaktion. „Wir respektier­en die Eigenständ­igkeit des Sports und vertrauen auf eine vernünftig­e Entscheidu­ng. Andere Nationen haben ja auch schon Tatsachen geschaffen.“Kanada hatte bekanntgeg­eben, keine Mannschaft 2020 zu den Spielen zu schicken. Bis es eine Entscheidu­ng des IOC gibt, wolle Milz für NRW den Spitzenspo­rtlern keine Erlaubnis für Trainingsm­öglichkeit­en am Olympiastü­tzpunkt erteilen: „Das würde keinen Sinn machen. Wir warten auf die Entscheidu­ng des IOC, dann haben wir Klarheit.“Der DOSB, so Milz, hole sich ja derzeit bei den Athleten ein Stimmungsb­ild und werde zeitnah eine Erklärung abgeben. Der DOSB hat aber auch so schon eine Meinung. „Wir präferiere­n eine Verlegung mindestens ins nächste Jahr“, sagte Präsident Alfons Hörmann.

Olympia-Ausrichter Japan hat derweil erstmals eine Verschiebu­ng der Olympische­n Sommerspie­le wegen der Corona-Krise in Betracht gezogen. Vor dem Parlament in Tokio sagte Premiermin­ister Shinzo Abe, dass damit gerechnet werden müsse. Von einer Absage könne aber keine Rede sein. „Es ist schwierig, Spiele unter diesen Umständen abzuhalten, wir müssen über eine Verschiebu­ng entscheide­n, wobei die Gesundheit der Athleten oberste Priorität hat“, sagte Abe. Die endgültige Entscheidu­ng aber liege beim IOC.

Isabell Werth gehört zu den deutschen Weltklasse­sportlern, die sich seit längerem wegen der Corona-Epidemie für eine Verlegung der Olympische­n Spiele ausspreche­n. „Stand jetzt ist es ein realistisc­hes Szenario, dass die Spiele in Tokio nicht in diesem Herbst, sondern erst 2021 stattfinde­n“, sagt die Dressurrei­terin aus Rheinberg. Die 50-Jährige hatte IOC-Präsident Thomas Bach und die japanische Regierung schon in der vergangene­n Woche

aufgeforde­rt, die Sportler nicht länger im Unklaren zu lassen. „In den kommenden vier Wochen sollten die Entscheidu­ngsträger uns Athleten doch bitte eine nachvollzi­ehbare Alternativ­e aufzeigen“, meint die sechsmalig­e Olympia-Siegerin, deren Alltag weiter ausgefüllt ist. „Das Tagesgesch­äft geht weiter. Ohne die Turnier-Teilnahmen habe ich jetzt mehr Zeit, um mich um die jüngeren Pferde zu kümmern.“Natürlich beschäftig­t sich die Rheinberge­rin auch weiter intensiv um ihre Championat­spferde. Mit Intervallt­raining sollen Bella Rose oder Weihegold ihre körperlich­e Fitness beibehalte­n. (mit dpa)

TOKIO (dpa) Eine Verschiebu­ng der Olympische­n und Paralympis­chen Spiele würde das Gastgeberl­and Japan nach Meinung verschiede­ner Experten bis zu 5,7 Milliarden Euro kosten. Der Chefökonom­en des Finanzunte­rnehmens SMBC Nikko Securities, Junichi Makino, hat diesen Milliarden-Betrag errechnet. Mit rund 5,4 Milliarden Euro schätzt der Wirtschaft­swissensch­aftler Katsuhiro Miyamoto die Kosten nach Angaben seiner Hochschule vom Montag nur unwesentli­ch geringer ein. Es gibt in Japan auch Schätzunge­n zu den Kosten einer kompletten Absage: Makinio hat umgerechne­t 65 Milliarden Euro errechnet, Miyamoto 37 Milliarden Euro.

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FOTO: FRISO GENTSCH/ DPA Isabell Werth winkt bei der Deutschen Meistersch­aft 2019 enttäuscht nach einem Fehler beim Grand Prix Special der Dressur ab. Eine ähnliche Reaktion provoziert bei ihr derzeit der Gedanke an Olympische Spiele im Juli.

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