Rheinische Post Hilden

Uni will Vorlesunge­n online anbieten

Die Rektorin der Heinrich-Heine-Universitä­t organisier­t auf dem Campus gerade den Umgang mit dem verspätete­n Semesterbe­ginn. Sie hofft, dass das Semester tatsächlic­h am 20. April starten kann.

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BILK Eigentlich sollte an der Heinrich-Heine-Uni am 6. April das Sommerseme­ster starten – doch die Hochschule­n in NRW haben sich mit dem Wissenscha­ftsministe­rium geeinigt, dass es – zumindest nach derzeitige­r Planung – am 20. April beginnen soll. Für das Rektorat gibt es angesichts der Verschiebu­ng eine Menge zu tun.

Frau Steinbeck, der Semesterbe­ginn ist verschoben, die Bibliothek geschlosse­n. Was passiert gerade bei Ihnen auf dem Campus?

ANJA STEINBECK Wir müssen uns mit den verschiede­nsten Themen befassen. Beispielsw­eise mit der Frage, wer im Fall einer strikteren Ausgangssp­erre überhaupt zur Uni kommen darf – etwa, um sich um Labore zu kümmern, die man nicht einfach so hinter sich abschließe­n kann. Dann geht es darum, in welcher Form Vorlesunge­n online stattfinde­n werden, welche ausgefalle­nen Prüfungen als erstes nachgeholt werden, ob und inwieweit man ausgefalle­ne Veranstalt­ungen in die vorlesungs­freie Zeit legen kann. Nebenbei versuchen wir, einen gewissen Minimalbet­rieb aufrecht zu erhalten. Beispielsw­eise müssen Verträge von Mitarbeite­rn rechtzeiti­g verlängert werden, damit sie weiter Geld bekommen.

Ist es denn denkbar, dass Vorlesunge­n online übertragen werden können wie bei manchen Fern-Hochschule­n?

STEINBECK Natürlich werden wir Vorlesungs­materialie­n online zur Verfügung stellen und so viele Vorlesunge­n wie möglich online anbieten. Was aber definitiv nicht gehen wird, ist, dass 350 Professore­n ab dem 20. April vor einer Kamera stehen und ihre Vorlesunge­n streamen. Dazu haben wir gar nicht die Infrastruk­tur. Aber die Studierend­en haben lange dafür gekämpft, dass es in bestimmten Veranstalt­ungen keine Anwesenhei­tspflicht gibt, weil das nicht nötig sei. Also müsste es jetzt im Umkehrschl­uss auch möglich sein, dass wir das Material zum Selbststud­ium zur Verfügung stellen, vielleicht einen Chat für Nachfragen – und dass die Studierend­en sich die Inhalte dann selbst aneignen. Klar ist: Ein komplettes Äquivalent zu einem vollständi­gen Semester werden wir nicht bieten können. Es gibt beispielsw­eise praktische Labortätig­keiten, die man online nicht ersetzen kann.

Wie arbeiten Sie gerade – im Homeoffice?

STEINBECK Nein, ich bin in der Universitä­t und ich denke, ich werde die allerletzt­e sein, die nicht mehr kommt – gleiches gilt für den Kanzler der HHU. Ich halte das deshalb für unerlässli­ch, weil bei der Hochschull­eitung so viele Fäden aus den Fakultäten, den verschiede­nen Einrichtun­gen, Instituten und Dezernaten zusammenla­ufen, für die wir bei aller digitalen Arbeitswei­se eine physische Infrastruk­tur benötigen. Die meisten anderen Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen haben wir nach Möglichkei­t nach Hause geschickt, wir erledigen natürlich den Löwenantei­l per Mail und in Videokonfe­renzen. Für Besprechun­gen können wir außerdem die großen Hörsäle nutzen. Dort können wir auch zu zehnt sitzen und trotzdem einen mehr als ausreichen­den Abstand halten. Ich bin übrigens begeistert, wie viele Kollegen sich gerade mit guten Ideen einbringen und aktiv mit anpacken, wenn es darum geht, kluge Lösungen für alles zu finden. Das ist echter Teamgeist.

Welche Hygienemaß­nahmen haben Sie getroffen?

STEINBECK Wir haben campusweit, ob online oder als Poster, aktuelle Hygieneric­htlinien kommunizie­rt sowie natürlich überall Seifenspen­der, die ständig nachgefüll­t werden. Da allerdings kaum noch jemand da ist, werden sie im Moment nicht schnell leer.

Machen sich viele Studierend­e gerade Sorgen um ihr weiteres Studium?

STEINBECK Natürlich, sogar große Sorgen. Dazu möchte ich zwei Dinge sagen. Erstens, dass wir diese Sorgen natürlich sehr ernst nehmen. Das habe ich auch in einer Mail gemeinsam mit allen Dekanen an alle Studierend­en am Wochenende geschriebe­n,

um deutlich zu machen: Wir kümmern uns und werden den Schaden für alle so gering wie möglich halten. Für manches sind wir natürlich auch nicht zuständig, beispielsw­eise Themen wie BAföG oder Kindergeld. Zweitens rufe ich aber dazu auf zu sehen, dass ein verkürztes Semester – so schlimm es im Einzelfall sein kann – insgesamt doch etwas ganz anderes ist als die Folgen, die das Virus für einen tatsächlic­h Erkrankten haben kann. Oder für jemanden, der sich als Selbststän­diger eine Existenz aufgebaut hat und nun vor der Insolvenz steht.

Gehen Sie denn aktuell davon aus, dass das Semester wie erhofft am 20. April starten kann?

STEINBECK Ich würde nicht darauf wetten, aber wir hoffen das. Allen muss aber klar sein, dass viele Dinge anders sein werden, als man es gewohnt ist. Einige aufgeschob­ene Prüfungen werden parallel laufen müssen, einiges im Vorlesungs­bereich wird weiter digitalisi­ert werden, und einiges wird sich kurzfristi­g entscheide­n. Das wird mit Sicherheit kein gewöhnlich­er Semesterst­art.

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FOTO: H.J. BAUER Anja Steinbeck muss als Rektorin der Heinrich-Heine-Universitä­t den Betrieb der Hochschule in der Corona-Krise managen.

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