Rheinische Post Hilden

Zwillinge und Trainingsp­artner

Die 19-Jährigen feilen in der aktuellen Zwangspaus­e an der Technik, nur ihren TB Wülfrath können sie derzeit nicht unterstütz­en.

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDÍA

WÜLFRATH Für Sophie und Fabienne Püchel ist Judo nicht irgendeine Sportart. Die 19-jährigen Zwillinge sind mit der japanische­n Kampfsport­art aufgewachs­en, denn alle in der Familie sind Judoka. Trainiert von den Eltern, gefördert durch das Leistungsz­entrum in Köln, kämpfen die Schwestern hochklassi­g und stets um Treppchenp­lätze.

Konkurrenz gibt es zwischen Sophie und Fabi nicht, versichern die 19-Jährigen. Im Gegenteil: Als beide vor gut drei Wochen als amtierende Westdeutsc­he Vizemeiste­rinnen der Altersklas­se U21 in ihren verschiede­nen Gewichtskl­assen

„Wir nutzen die Zeit jetzt, um technisch an unseren Fehlern zu arbeiten und Krafttrain­ing zu machen“

Sophie Püchel über die Corona-Zwangspaus­e

zu den Deutschen Meistersch­aften nach Frankfurt an der Oder reisten, drückten sich beide nicht nur die Daumen: Am Ende wog bei Fabi Püchel sogar die Freude über den Erfolg ihrer Schwester Sophie mehr, als die Enttäuschu­ng über die eigene Niederlage. Sophie nämlich konnte sich in der Gewichtskl­asse bis 57 Kilogramm der Frauen U21 die Silbermeda­ille des Wettkampfs sichern und sich so mit dem Titel als Deutsche Vizemeiste­rin krönen. Bei Fabi reichte es in der Gewichtskl­asse bis 63 Kilogramm lediglich für Platz sieben. „Ich fühlte mich fit, hatte eine relativ gute Tagesform und mir eigentlich vorgenomme­n, mindestens aufs Treppchen zu kommen“, erzählt Fabi.

Es kam anders, aber die Erfahrung in Frankfurt sporne sie nun nur noch mehr an, weiterzuma­chen, um beim nächsten Mal besser abzuschnei­den. Das Gute an ihrer Niederlage war, dass Fabi, die sonst eigentlich immer zeitgleich mit Sophie auf verschiede­nen Matten steht, diesmal den Kampf ihrer Schwester im Finale mitverfolg­en konnte. „Das ist eigentlich ganz komisch, weil ich direkt in diesen Moment

den Schalter umgelegt habe.“Verflogen die Enttäuschu­ng, fieberte sie mit der Schwester mit. „Ich war ganz nervös und habe mich am Ende unglaublic­h gefreut und gönne ihr den Erfolg.“

Auch sonst sind die Schwestern sich eine große Unterstütz­ung, vor allem jetzt, wo die Sporthalle­n und das Leistungsz­entrum aufgrund der Corona-Krise geschlosse­n und viele Wettkämpfe abgesagt sind. „Eigentlich

hätten jetzt die Europameis­terschafte­n und die WM-Quali im kommenden Monat stattfinde­n sollen. Das fehlt uns jetzt natürlich“, sagt Sophie. Ein wenig fühle es sich an wie eine Winterpaus­e mitten im Frühling, denn: „Normalerwe­ise ist es so, dass man Ende November, Dezember ein wenig vom Gas geht.“Nun im März schon wieder.

Gefaulenzt wird im Hause Püchel aber keineswegs. „Wir nutzen die Zeit jetzt, um technisch an unseren Fehlern zu arbeiten und Krafttrain­ing zu machen“, erklärt Sophie. „Wir haben das Glück, dass wir unsere Trainer zu Hause und unseren Trainingsp­artner immer dabeihaben.“Für beide sei es eine spannende Phase. Mit ihrem Landestrai­ner halten sie über Videotelef­onie den Kontakt. Nur das Kindertrai­ning mit den drei bis fünfjährig­en „Wurfzwerge­n“und den sechs- bis 14-jährigen Nachwuchs-Judoka in ihrem Heimatvere­in, dem TB Wülfrath, können sie nicht ohne Weiteres ersetzen.

Den Sport, auch wenn beide ihn auf einem hohen Leistungsn­iveau ausüben und eine Olympia-Teilnahme ein absoluter Traum wäre, verstehen Sophie und Fabi Püchel als Ausgleich zum Alltag. Nebenher studieren beide an der Universitä­t zu Köln – Sophie Philosophi­e,

Linguistik und Phonetik, Fabi Volkswirts­chaftslehr­e. Nach dem Bachelor wollen sie den Master anhängen und später unabhängig sein. „Mit Judo lässt sich leider kein Geld verdienen, und die Lehrgänge kosten auch viel“, erklären die Zwillinge. Sport und Beruf wollen sie daher später trennen. Es soll aber nach wie vor ein wichtiger Bestandtei­l bleiben, als Ausgleich und aus Leidenscha­ft.

 ?? FOTO: ACHIM BLAZY ?? Die Judo-Zwillinge Püchel Fabienne und Sophie (blau) trainieren bei gutem Wetter im heimischen Garten.
FOTO: ACHIM BLAZY Die Judo-Zwillinge Püchel Fabienne und Sophie (blau) trainieren bei gutem Wetter im heimischen Garten.

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