Zwillinge und Trainingspartner
Die 19-Jährigen feilen in der aktuellen Zwangspause an der Technik, nur ihren TB Wülfrath können sie derzeit nicht unterstützen.
WÜLFRATH Für Sophie und Fabienne Püchel ist Judo nicht irgendeine Sportart. Die 19-jährigen Zwillinge sind mit der japanischen Kampfsportart aufgewachsen, denn alle in der Familie sind Judoka. Trainiert von den Eltern, gefördert durch das Leistungszentrum in Köln, kämpfen die Schwestern hochklassig und stets um Treppchenplätze.
Konkurrenz gibt es zwischen Sophie und Fabi nicht, versichern die 19-Jährigen. Im Gegenteil: Als beide vor gut drei Wochen als amtierende Westdeutsche Vizemeisterinnen der Altersklasse U21 in ihren verschiedenen Gewichtsklassen
„Wir nutzen die Zeit jetzt, um technisch an unseren Fehlern zu arbeiten und Krafttraining zu machen“
Sophie Püchel über die Corona-Zwangspause
zu den Deutschen Meisterschaften nach Frankfurt an der Oder reisten, drückten sich beide nicht nur die Daumen: Am Ende wog bei Fabi Püchel sogar die Freude über den Erfolg ihrer Schwester Sophie mehr, als die Enttäuschung über die eigene Niederlage. Sophie nämlich konnte sich in der Gewichtsklasse bis 57 Kilogramm der Frauen U21 die Silbermedaille des Wettkampfs sichern und sich so mit dem Titel als Deutsche Vizemeisterin krönen. Bei Fabi reichte es in der Gewichtsklasse bis 63 Kilogramm lediglich für Platz sieben. „Ich fühlte mich fit, hatte eine relativ gute Tagesform und mir eigentlich vorgenommen, mindestens aufs Treppchen zu kommen“, erzählt Fabi.
Es kam anders, aber die Erfahrung in Frankfurt sporne sie nun nur noch mehr an, weiterzumachen, um beim nächsten Mal besser abzuschneiden. Das Gute an ihrer Niederlage war, dass Fabi, die sonst eigentlich immer zeitgleich mit Sophie auf verschiedenen Matten steht, diesmal den Kampf ihrer Schwester im Finale mitverfolgen konnte. „Das ist eigentlich ganz komisch, weil ich direkt in diesen Moment
den Schalter umgelegt habe.“Verflogen die Enttäuschung, fieberte sie mit der Schwester mit. „Ich war ganz nervös und habe mich am Ende unglaublich gefreut und gönne ihr den Erfolg.“
Auch sonst sind die Schwestern sich eine große Unterstützung, vor allem jetzt, wo die Sporthallen und das Leistungszentrum aufgrund der Corona-Krise geschlossen und viele Wettkämpfe abgesagt sind. „Eigentlich
hätten jetzt die Europameisterschaften und die WM-Quali im kommenden Monat stattfinden sollen. Das fehlt uns jetzt natürlich“, sagt Sophie. Ein wenig fühle es sich an wie eine Winterpause mitten im Frühling, denn: „Normalerweise ist es so, dass man Ende November, Dezember ein wenig vom Gas geht.“Nun im März schon wieder.
Gefaulenzt wird im Hause Püchel aber keineswegs. „Wir nutzen die Zeit jetzt, um technisch an unseren Fehlern zu arbeiten und Krafttraining zu machen“, erklärt Sophie. „Wir haben das Glück, dass wir unsere Trainer zu Hause und unseren Trainingspartner immer dabeihaben.“Für beide sei es eine spannende Phase. Mit ihrem Landestrainer halten sie über Videotelefonie den Kontakt. Nur das Kindertraining mit den drei bis fünfjährigen „Wurfzwergen“und den sechs- bis 14-jährigen Nachwuchs-Judoka in ihrem Heimatverein, dem TB Wülfrath, können sie nicht ohne Weiteres ersetzen.
Den Sport, auch wenn beide ihn auf einem hohen Leistungsniveau ausüben und eine Olympia-Teilnahme ein absoluter Traum wäre, verstehen Sophie und Fabi Püchel als Ausgleich zum Alltag. Nebenher studieren beide an der Universität zu Köln – Sophie Philosophie,
Linguistik und Phonetik, Fabi Volkswirtschaftslehre. Nach dem Bachelor wollen sie den Master anhängen und später unabhängig sein. „Mit Judo lässt sich leider kein Geld verdienen, und die Lehrgänge kosten auch viel“, erklären die Zwillinge. Sport und Beruf wollen sie daher später trennen. Es soll aber nach wie vor ein wichtiger Bestandteil bleiben, als Ausgleich und aus Leidenschaft.