Vorerst keine Schutzmasken-Pflicht
Deutschland wird dem österreichischen Vorbild erst einmal nicht folgen.
BERLIN Während die Bürger in Österreich nur noch mit Schutzmasken Supermärkte betreten dürfen, wird es eine solche Regelung in Deutschland vorerst nicht geben. Der wichtigste Grund dafür: Hierzulande ist die Schutzkleidung so knapp, dass sie noch nicht einmal für Kliniken, Arztpraxen und in der Altenpflege ausreicht. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) warnt vor Konkurrenz um die hochwertigen sogenannten FFP2- oder OP-Masken. „Sie müssen vor allem dort landen, wo patientennah gearbeitet wird“, betonte Laumann, der in Sachen Gesichtsschutz auf Freiwilligkeit setzt: „Etwas anderes ist es, wenn sich Menschen einfache Stoffmasken selbst basteln oder einen Schal oder ein Halstuch als Schutz tragen.“Laumann verweist dabei auf den Virologen Christian Drosten, nach dessen Aussagen solche Masken weniger als Eigenschutz, wohl aber als Fremdschutz nützen könnten. Ein solcher Schutz könne auch an die Gefahr einer Ansteckung erinnern und womöglich verhindern, dass man sich unbewusst ins Gesicht fasse.
Einig sind sich die Experten, dass eine selbst genähte Maske oder ein Halstuch nur ein minimaler Schutz sein und die übrigen Hygiene-Maßnahmen
nicht ersetzen kann. Der FDP-Gesundheitspolitiker und Mediziner Andrew Ullmann fordert vielmehr, dass auch die Ladenbetreiber einen Beitrag zum Schutz vor einer Corona-Infektion leisten: „Sinnvoll wäre es, wenn Lebensmittelläden und Apotheken beim Einund Ausgang Desinfektionsmittel bereitstellen würden, damit die Kunden vor und nach dem Einkauf ihre Hände desinfizieren können“, sagte Ullmann. Denn die Viren könnten insbesondere durch Schmierinfektionen übertragen werden.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach beantwortet die Frage, ob eine Maskenpflicht in Supermärkten, in öffentlichen Verkehrsmitteln und am Arbeitsplatz sinnvoll wäre, mit Ja, aber nur wenn es in Deutschland ausreichend Schutzmasken gebe. Lauterbach fordert in diesem Zusammenhang die Einrichtung einer Bundesagentur, die Firmen in Deutschland mit der Produktion von Schutzkleidung beauftragen soll.
Die Bundesregierung zeigte sich zum Thema Maskenpflicht am Montag zurückhaltend. Ein solcher Schutz sei „vielleicht eine sinnvolle
Ergänzung zu den ohnehin geltenden Hygieneregeln“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der bislang bei Maßnahmen zur Stilllegung des öffentlichen Lebens vorangeschritten ist, zeigte sich noch nicht überzeugt. Derzeit sei das zwar nicht geplant, aber „uns beschäftigt der Gedanke auch“, betonte Söder mit Blick auf Österreich. „Österreich ist uns einige Zeit voraus“, sagte er.
In Deutschland läuft unterdessen eine Debatte, wie die für das Gesundheitswesen und die Pflege so dringend benötigten Masken beschafft werden können. Für Wirbel hatten Berichte gesorgt, wonach die Preise für die hochwertigen FFP2-Atemschutzmasken binnen weniger Tage von 45 Cent auf 13,52 Euro pro Stück gestiegen sind.
Die explodierenden Preise sind nicht das einzige Problem. Aufgefallen sind auch Betrüger, die Masken mit gefälschten Zertifikaten verkaufen. Linksfraktionschefin Amira Mohamed Ali forderte ein Eingreifen der Bundesregierung auch durch Beschlagnahmung von Masken.
„Lebensmittelläden sollten am Ein- und Ausgang Desinfektionsmittel bereitstellen“
Andrew Ullmann Gesundheitsexperte der FDP-Fraktion im Bundestag