Notbetreuung: Kaum Anstieg trotz Erweiterung
Seit einer Woche dürfen mehr Eltern ihre Kinder in Notgruppen von Schule und Kita schicken. Die Zahlen sind dennoch fast unverändert.
HILDEN/HAAN Die Elbsee-Grundschule in Hilden: Mit großem Eifer zupfen fünf Kinder Unkraut. Sie nutzen das schöne Wetter, um den Schulgarten in Ordnung zu halten und können so auch ein wenig die frische Luft genießen. Die Lehrer geben den Kindern nicht nur Tipps zur Gartenpflege, sie achten auch darauf, dass die Abstandsregel (mindestens 1,5 Meter) eingehalten wird. Denn was wie eine kleine Schul-AG aussieht, ist die Notgruppe, in der zur Zeit die Kinder betreut werden, deren Eltern in der Coronakrise unabkömmlich sind (Krankenpfleger, Supermarktangestellte etc.).
Ihr Schultag verläuft nach einem festgelegten Rhythmus. Dazu gehören sowohl Gespräche über private Erlebnisse, als auch Aufgaben aus dem Lernzeitplan, arbeiten mit dem Tablet und Lern-Apps. Der Sachkundeunterricht ist besonders beliebt, denn da darf auch mal „Die Sendung mit der Maus“geschaut werden.
„Es ist wichtig, dass die Kinder ein strukturierten Tag haben, der ihnen aber auch Abwechslung bietet“, sagt Christiane Gierke. Sie ist die Schulleiterin und Sprecherin für die Hildener Grundschulen.
50 Kinder werden zurzeit sowohl in den Kitas als auch in den Grundschulen der Stadt betreut. In der Vorwoche waren es 40. Ein Anstieg, der angesichts der Tatsache, dass jede Einrichtung nur die eigenen
Kinder betreut, kaum ins Gewicht fällt. Befürchtungen, der geänderte Erlass der Landesregierung, der seit dieser Woche gilt, könne zu einer deutlich höheren Zahl der Betreuungsfälle führen, hat sich nicht bewahrheitet. Mal eine gute Nachricht, angesichts aller Katastrophenmeldungen.
Seit Montag, 23. März, haben Schulen und Kitas die Notbetreuung für Kinder von Eltern und Erziehungsberechtigten mit Berufen in der kritischen Infrastruktur – also Ärzte, Pfleger, Polizisten, Supermarktmitarbeiter etc. – noch einmal erweitert: Die Notbetreuung in Schulen wird auf das Wochenende
sowie die Osterferien 2020 ausgeweitet. Darüber hinaus können Eltern, auch alleinerziehende, die nachweislich in Berufen im Bereich der kritischen Infrastruktur tätig sind, künftig unabhängig von der beruflichen Situation des Partners oder des anderen Elternteils die Notbetreuung an Schulen sowohl am Vormittag als auch in der OGS am Nachmittag nutzen, sofern eine eigene Betreuung nicht gewährleistet werden kann.
NRW-Schul- und Bildungsministerin Yvonne Gebauer hatte die neue Anweisung ihres Hauses so erklärt: „Die Landesregierung hält es für angezeigt, aufgrund der steigenden Infektionszahlen die bisherigen Regelungen an die neue Situation anzupassen. Damit leisten die Schulen einen noch größeren Beitrag, indem sie die Kinder der Eltern betreuen, auf die wir derzeit keinesfalls an ihrem Arbeitsplatz verzichten können.“
Eine der Schulen, die das in Haan zurzeit leistet, ist die Grundschule Steinkulle in Unterhaan. Die dortige Schülerzahl in der Notgruppe schwankt zwischen einem und fünf Kindern, je nach Wochentag und Arbeitszeit der Eltern. „Die Kinder haben Verständnis für ihre Situation und machen sehr gut mit“, heißt es auch hier.
Wie in Hilden hat auch die Nachbarstadt keinen signifikanten Anstieg der Zahlen zu vermelden. Im Kitabereich ist sie sogar gleich geblieben: „Wir hatten vorher 22 Kinder und haben sie auch nach der Neuregelung“, berichtet Bürgermeisterin Bettina Warnecke. Neben der Notbetreuung macht sich die Stadtchefin auch Gedanken über all jene, die zur Zeit mit ihren Kindern zu Hause bleiben – manche auch in Quarantäne. Geplant sei, eine Art psychologische Hotline einzuführen, die helfen kann, wenn daheim der sogenannte Lagerkoller droht. Momentan laufen die letzten Abstimmungsgespräche.
Der Kreis Mettmann, der in seinen eigenen Einrichtungen neun Kinder an fünf Standorten betreut, zieht bisher ebenfalls eine positive Bilanz, auch wenn gerade die kreiseigenen Schulen für Behinderte besondere Ansprüche sowohl im Bereich Kontakt als auch Hygiene erfordern. „Wir haben bisher alles im Griff“, bestätigt Kreissprecherin Daniela Hitzemann. Auch das sei allerdings immer nur eine Momentaufnahme. Alles hänge davon ab, dass wirklich nur gesunde Kinder die Notbetreuungsgruppe in der eigenen Schule besuchten: „Ein einziges erkranktes Kind, und das System ist hinfällig“, sagt Hitzemann.
Sowohl in Haan als auch in Hilden bemühen sich alle Lehrkräfte darum, den Kontakt auch zu den Daheimgebliebenen nicht abreißen zu lassen. Mails, Videos, Arbeitsmaterialien oder Lerntipps auf elektronischem Wege – die Palette gegen die Einsamkeit und Langeweile ist groß. Schulleiterin Christiane Gierke tun vor allem die Kinder leid, die als einziges in einer Schule oder Kita die Notbetreuung in Anspruch nehmen: „Da ist wirklich viel Anstrengung und Unterhaltung vonnöten”, sagt sie: „Denn diese Kinder vermissen ihre Spielgefährten ganz besonders stark.“