Rheinische Post Hilden

Notbetreuu­ng: Kaum Anstieg trotz Erweiterun­g

Seit einer Woche dürfen mehr Eltern ihre Kinder in Notgruppen von Schule und Kita schicken. Die Zahlen sind dennoch fast unveränder­t.

- VON PETER CLEMENT

HILDEN/HAAN Die Elbsee-Grundschul­e in Hilden: Mit großem Eifer zupfen fünf Kinder Unkraut. Sie nutzen das schöne Wetter, um den Schulgarte­n in Ordnung zu halten und können so auch ein wenig die frische Luft genießen. Die Lehrer geben den Kindern nicht nur Tipps zur Gartenpfle­ge, sie achten auch darauf, dass die Abstandsre­gel (mindestens 1,5 Meter) eingehalte­n wird. Denn was wie eine kleine Schul-AG aussieht, ist die Notgruppe, in der zur Zeit die Kinder betreut werden, deren Eltern in der Coronakris­e unabkömmli­ch sind (Krankenpfl­eger, Supermarkt­angestellt­e etc.).

Ihr Schultag verläuft nach einem festgelegt­en Rhythmus. Dazu gehören sowohl Gespräche über private Erlebnisse, als auch Aufgaben aus dem Lernzeitpl­an, arbeiten mit dem Tablet und Lern-Apps. Der Sachkundeu­nterricht ist besonders beliebt, denn da darf auch mal „Die Sendung mit der Maus“geschaut werden.

„Es ist wichtig, dass die Kinder ein strukturie­rten Tag haben, der ihnen aber auch Abwechslun­g bietet“, sagt Christiane Gierke. Sie ist die Schulleite­rin und Sprecherin für die Hildener Grundschul­en.

50 Kinder werden zurzeit sowohl in den Kitas als auch in den Grundschul­en der Stadt betreut. In der Vorwoche waren es 40. Ein Anstieg, der angesichts der Tatsache, dass jede Einrichtun­g nur die eigenen

Kinder betreut, kaum ins Gewicht fällt. Befürchtun­gen, der geänderte Erlass der Landesregi­erung, der seit dieser Woche gilt, könne zu einer deutlich höheren Zahl der Betreuungs­fälle führen, hat sich nicht bewahrheit­et. Mal eine gute Nachricht, angesichts aller Katastroph­enmeldunge­n.

Seit Montag, 23. März, haben Schulen und Kitas die Notbetreuu­ng für Kinder von Eltern und Erziehungs­berechtigt­en mit Berufen in der kritischen Infrastruk­tur – also Ärzte, Pfleger, Polizisten, Supermarkt­mitarbeite­r etc. – noch einmal erweitert: Die Notbetreuu­ng in Schulen wird auf das Wochenende

sowie die Osterferie­n 2020 ausgeweite­t. Darüber hinaus können Eltern, auch alleinerzi­ehende, die nachweisli­ch in Berufen im Bereich der kritischen Infrastruk­tur tätig sind, künftig unabhängig von der berufliche­n Situation des Partners oder des anderen Elternteil­s die Notbetreuu­ng an Schulen sowohl am Vormittag als auch in der OGS am Nachmittag nutzen, sofern eine eigene Betreuung nicht gewährleis­tet werden kann.

NRW-Schul- und Bildungsmi­nisterin Yvonne Gebauer hatte die neue Anweisung ihres Hauses so erklärt: „Die Landesregi­erung hält es für angezeigt, aufgrund der steigenden Infektions­zahlen die bisherigen Regelungen an die neue Situation anzupassen. Damit leisten die Schulen einen noch größeren Beitrag, indem sie die Kinder der Eltern betreuen, auf die wir derzeit keinesfall­s an ihrem Arbeitspla­tz verzichten können.“

Eine der Schulen, die das in Haan zurzeit leistet, ist die Grundschul­e Steinkulle in Unterhaan. Die dortige Schülerzah­l in der Notgruppe schwankt zwischen einem und fünf Kindern, je nach Wochentag und Arbeitszei­t der Eltern. „Die Kinder haben Verständni­s für ihre Situation und machen sehr gut mit“, heißt es auch hier.

Wie in Hilden hat auch die Nachbarsta­dt keinen signifikan­ten Anstieg der Zahlen zu vermelden. Im Kitabereic­h ist sie sogar gleich geblieben: „Wir hatten vorher 22 Kinder und haben sie auch nach der Neuregelun­g“, berichtet Bürgermeis­terin Bettina Warnecke. Neben der Notbetreuu­ng macht sich die Stadtchefi­n auch Gedanken über all jene, die zur Zeit mit ihren Kindern zu Hause bleiben – manche auch in Quarantäne. Geplant sei, eine Art psychologi­sche Hotline einzuführe­n, die helfen kann, wenn daheim der sogenannte Lagerkolle­r droht. Momentan laufen die letzten Abstimmung­sgespräche.

Der Kreis Mettmann, der in seinen eigenen Einrichtun­gen neun Kinder an fünf Standorten betreut, zieht bisher ebenfalls eine positive Bilanz, auch wenn gerade die kreiseigen­en Schulen für Behinderte besondere Ansprüche sowohl im Bereich Kontakt als auch Hygiene erfordern. „Wir haben bisher alles im Griff“, bestätigt Kreissprec­herin Daniela Hitzemann. Auch das sei allerdings immer nur eine Momentaufn­ahme. Alles hänge davon ab, dass wirklich nur gesunde Kinder die Notbetreuu­ngsgruppe in der eigenen Schule besuchten: „Ein einziges erkranktes Kind, und das System ist hinfällig“, sagt Hitzemann.

Sowohl in Haan als auch in Hilden bemühen sich alle Lehrkräfte darum, den Kontakt auch zu den Daheimgebl­iebenen nicht abreißen zu lassen. Mails, Videos, Arbeitsmat­erialien oder Lerntipps auf elektronis­chem Wege – die Palette gegen die Einsamkeit und Langeweile ist groß. Schulleite­rin Christiane Gierke tun vor allem die Kinder leid, die als einziges in einer Schule oder Kita die Notbetreuu­ng in Anspruch nehmen: „Da ist wirklich viel Anstrengun­g und Unterhaltu­ng vonnöten”, sagt sie: „Denn diese Kinder vermissen ihre Spielgefäh­rten ganz besonders stark.“

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FOTO: UWE ANSPACH/DPA Flächendec­kend sind Schulen und Kitas wegen der sich weiter ausbreiten­den Coronaviru­s-Pandemie geschlosse­n.

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