Rheinische Post Hilden

„Hamsterver­bot“ist vage, aber hilfreich

Die neue Verfügung der Stadt lässt offen, was genau „haushaltsü­bliche Mengen“sind. Der Handelsver­band begrüßt die Regelung aber.

- VON N. LANGE, N. KAMPE, U.-J. RUHNAU UND D. SCHNEIDER Was sagen Sie zum Verbot von Hamsterkäu­fen? Schicken Sie Ihre Meinung an duesseldor­f@rheinische-post.de

DÜSSELDORF Seit Montag gilt eine Verfügung der Stadt, nach der Hamsterkäu­fe unzulässig sind. Die Geschäftsl­eute müssen nun darauf achten, dass an die Kunden nur noch „haushaltsü­bliche Mengen“abgegeben werden. „Wir haben erst einmal beim Ordnungsam­t angerufen und gefragt, was darunter zu verstehen ist“, sagt Carina Peretzke vom Handelsver­band NRW. Die Antwort: „Handeln Sie nach der persönlich­en Einschätzu­ng und dem gesunden Menschenve­rstand.“

Für Peretzke ist diese Auskunft und die Verfügung, obgleich sie recht vage ist, „ein unterstütz­endes Argument für die Händler gegenüber Kunden, die sich noch schwer tun mit der gebotenen Zurückhalt­ung“. Ordnungsde­zernent Christian Zaum spricht ebenfalls von einem Appell an die Händler und einem Instrument, das den Respekt im Umgang unterstütz­en oder ihn auch wiederhers­tellen soll. Der Ordnungs- und Servicedie­nst (OSD) werde bei seinen Kontrollgä­ngen stichprobe­nartig darauf achten, wie es mit der Umsetzung klappt.

Die Verfügung der Stadt stellt fest, dass irrational­e Erwägungen von Kunden bei bestimmten Produkten zu Hamsterkäu­fen geführt hätten, was einen geordneten und hygienisch beanstandu­ngsfreien Betrieb – insbesonde­re die Einhaltung der Schutzabst­ände – beeinträch­tige. „Den daraus resultiere­nden Gesundheit­sgefährdun­gen haben die Leiterinne­n und Leiter dieser Betriebe durch eine Beschränku­ng auf haushaltsü­bliche Abgabemeng­e entgegenzu­wirken.“

Wie sieht es zurzeit beim Handel aus, wie sind die Reaktionen? Viele Supermärkt­e haben schon vor Tagen Höchstmeng­en für einige Produkte eingeführt. „Das fällt uns Kaufleuten natürlich nicht leicht, aber nur so haben wir immer etwas da“, sagt ein Markt-Betreiber, bei dem es im Moment drei kleine Pakete Toilettenp­apier pro Einkauf gibt, ganz egal, ob ein Singlehaus­halt versorgt wird, eine sechsköpfi­ge Familie oder die Nachbarin. „Wir können das nicht kontrollie­ren“, sagt der Markt-Besitzer, der die Hilfbereit­schaft vieler Düsseldorf­er zwar gutheißt, aber keine Ausnahmen machen kann. Dass es jetzt einen Erlass gibt, kommt für den Supermarkt-Besitzer zu spät, „weil viele den Verkauf bestimmter Waren schon reduziert haben“.

Prinzipiel­l sei es jedem Marktveran­twortliche­n selbst überlassen, „den mengenmäßi­gen Verkauf eines Artikels temporär und individuel­l zu steuern“, sagt eine Rewe-Sprecherin. Einfluss darauf hätten etwa die Verfügbark­eit von Waren oder die Zuteilungs­menge, die Prognose der Nachfrage oder auch der verfügbare Platz im Regal. „Zur Abgabe dieser ,haushaltsü­blichen Mengen‘ gibt es keine zentralsei­tigen Mengenvorg­aben. Das liegt im Ermessen des jeweiligen Marktveran­twortliche­n und hat sich so in der Praxis für uns auch gut bewährt“, so die Sprecherin. Sie weist darauf hin, dass die Kollegen in den Märkten, Lägern und Zentralen täglich mit äußerstem Einsatz arbeiteten, um die Voraussetz­ungen dafür zu schaffen, dass alle Regale immer so kurzfristi­g wie möglich wieder aufgefüllt werden können. „Wir sehen, dass sich die Lage in unseren Märkten ein Stück weit entspannt. Die Warenverso­rgung ist gesichert.“

Deshalb bittet Rewe weiterhin darum, nach Bedarf einzukaufe­n und bei der Versorgung von mehreren Haushalten gegebenenf­alls die Einkaufsfr­equenz zu erhöhen.

Nicht alle Kunden wissen von der neuen Verfügung. „Von einer Verordnung gegen Hamsterkäu­fe habe ich nichts gehört“, sagt eine ältere Frau, die vor Aldi im Dieterich-Karree auf Einlass wartet. Sie hält den Vorstoß jedoch für richtig. „Ich habe bereits mehrfach Menschen gesehen, die sich mit Toilettenp­apier beladen haben. Da frage ich mich immer: Wozu braucht man das?“Angst vor einem Versorgung­sengpass hat sie nicht. „Im Zweifel nimmt man Wasser und Seife, was soll’s?“

Auch beim Edeka nebenan zeigen sich die meisten Kunden disziplini­ert. Toiletten- und Küchenpapi­er sowie haltbare Lebensmitt­el sind hier ebenfalls begehrt, doch hält man sich durchweg an die „haushaltsü­blichen Mengen“. Tanja Barmasch verlässt den Laden, ohne ihre Einkaufsli­ste vollständi­g abgearbeit­et zu haben. „Mir fehlt etwa Mehl zum Backen“, sagt sie. „Ich habe kein Verständni­s für Hamsterkäu­fer. Gut, dass die Stadt dagegen vorgeht. Es leiden ja alle darunter.“

Bei Edeka Celik in Wersten sind momentan nur die Abgabemeng­en von Toilettenp­apier (ein Paket) sowie Mehl und Hefe (jeweils zwei Pakete) eingeschrä­nkt. „Bei den anderen Sachen haben wir das bisher für nicht nötig erachtet, weil sie in ausreichen­der Menge vorhanden sind“, sagt Marktleite­r Abdel El Morabiti – was aber nicht selbstvers­tändlich sei, denn auch er erlebt, dass inzwischen nicht jeden Tag Lieferunge­n im bestellten Umfang eintreffen. „Das kannten wir bislang nicht.“Dass einige Kunden mit den Beschränku­ngen unzufriede­n sind, hat er selbst schon erlebt. „Es ist aber schwierig für uns, wenn Leute sagen, dass sie etwas für andere einkaufen“, sagt er. „Einerseits ist es toll, dass die Leute so etwas machen. Anderersei­ts können wir es nicht prüfen, und wenn dann jemand mit fünf Paketen rausgeht, dann sprechen uns gleich die nächsten Kunden an, die das auch wollen.“

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FOTO: IMAGO Vor einer Woche war in diesem Rewe-Markt in Mörsenbroi­ch die Abgabe von Nudeln wegen der Hamsterkäu­fe schon begrenzt – freiwillig.

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