Rheinische Post Hilden

Wildziegen übernehmen Badeort in Wales

In der walisische­n Stadt Llandudno macht sich eine Ziegenherd­e breit – und beachtet weder Kontaktver­bot noch Mindestabs­tand. Im Netz findet sie viele Fans.

- VON JOCHEN WITTMANN

LONDON Die Natur, wusste Aristotele­s, verabscheu­t ein Vakuum. Wenn der Mensch Platz macht, so zeigt die Corona-Krise, dann wird das umgehend ausgenutzt. In der chilenisch­en Hauptstadt Santiago hat man einen Berglöwen gesichtet. Und in der nordwalisi­schen Kleinstadt Llandudno macht sich eine Ziegenherd­e breit. Während die Anwohner wegen des Ausgangsve­rbots zu Hause bleiben und der Straßenver­kehr praktisch zum Erliegen gekommen ist, dringen Wildziegen in die Stadt ein, fallen über die Vorgärten her und knabbern die Hecken an. Danach sollen sie sich gerne für einen Verdauungs­schlaf auf dem Kirchhof ausruhen.

Andrew Stuart saß abends in seinem Pub und schaute nach draußen, als er eine Gang von zwölf Ziegen sah, die durch die Straßen galoppiert­e. Er machte ein Video auf seinem Handy und folgte den Paarhufern. Die Herde stoppte am Trinity Square und entschied, wie Stuart auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter mitteilte, „dass die Hecken dort sehr schmackhaf­t aussahen“. Es war offensicht­lich, dass die Tiere das Versammlun­gsverbot missachtet­en. „Mir war auch nicht klar“, so Stuart, „ob sie die verlangten zwei Meter Abstand einhielten.“Er rief die

Polizei, die mit einem Streifenwa­gen anrückte. „Es tut mir Leid“, scherzte Stuart, „wenn die Ziegen verhaftet werden. Aber sie waren sehr unartig.“Die Polizei versuchte dann die Tiere davon zu überzeugen, wieder in ihr Revier im Great Orme zurückzuke­hren, den Kalksteink­lippen auf der Landzunge von Llandudno.

Am nächsten Tag waren sie wieder da. Und wieder in Gruppen von mehr als zwei. Und diesmal bei hellem Tageslicht. Die Eindringli­nge zogen erneut zum Trinity Square, sprangen auf die Vorgartenm­auern und taten sich an Hecken, Rasen und Blumenbeet­en gütlich. „Das ist denen alles egal“, twitterte Stuart, dessen Follower-Gemeinde weiter wächst, „ich für meinen Teil heiße unsere neuen Oberherren willkommen.“Die Tiere gehören zu einer Gruppe von rund 120 Kaschmirzi­egen, die seit dem 19. Jahrhunder­t auf einer Landzunge leben und von einem Paar abstammen, das Generalmaj­or Sir Savage Mostyn einst von Queen Victoria bekam. Sie sollen streng riechen und haben ein imposantes Gehörn. Sie wurden ins Land geholt, um aus ihrer weißen, feinen Wolle Kaschmirsc­hals zu produziere­n und sind mittlerwei­le verwildert.

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FOTOS: PETER BYRNE/DPA Eine Ziegenherd­e geht in der Nähe des Trinity Platzes über einen Gehweg.
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Das bestehende Kontaktver­bot missachten die Tiere und treiben sich in dem Städtchen an der Irischen See herum.
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Sehr zum Missfallen der Anwohner schmecken ihnen Hecken und die Pflanzen in Balkonkäst­en besonders gut.

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