Rheinische Post Hilden

„Bibi und Tina“im Fernsehen

- VON MARTIN SCHWICKERT

Detlev Buck macht aus seiner Kinofilmre­ihe eine TV-Serie: der ideale Ausgleich zum Home-Schooling.

Was Marvel kann, kann Detlev Buck schon lange: aus einer populären Vorlage einen Film stricken, daraus mit Nachfolgew­erken ein lukratives Kino-Franchise entwickeln und den Erfolg auf der Leinwand schließlic­h im Format einer TV-Serie verlängern. Die Rede ist natürlich von „Bibi und Tina“. Die geschwind reitenden Freundinne­n haben mit vier Filmen seit 2014 über sechs Millionen Zuschauer in die deutschen Kinos gelockt und dürfen ab sofort auf Amazon Prime durch ihre erste, zehnteilig­e Fernsehsta­ffel stürmen.

Wie bei den Marvel-Verfilmung­en wurde der Grundstein für das „Bibi Tina Universe“(kurz BTU) bereits im vergangene­n Jahrhunder­t gelegt. 1980 veröffentl­ichte die britsch-österreich­ische Autorin Elfie Donnelly die ersten „Bibi Blocksberg“-Hörspiele, in denen eine kleine emanzipier­te Hexe auf Abenteuerr­eise ging. Wenige Jahre später verkaufte sie die Rechte zusammen mit denen von „Benjamin Blümchen“an den „Kiddinx“-Verlag, der den feministis­chen Geist der Geschichte­n konsequent verwässert­e, Bibi eine treue Freundin zur Seite stellte und auf einen Pferdehof verpflanzt­e.

Die 132 Folgen verkauften sich wie geschnitte­nes Brot und gehören seit 20 Jahren zur Grundausst­attung in jedem Mädchenzim­mer. In den Kinoadapti­onen inszeniert­e Buck in die heile Welt des Martinshof in knallbunte­n Sommerfarb­en mit liebevolle­r Ironie und eigens komponiert­en Songeinlag­en. Der Schritt hinein ins Musical unterstric­h die bekennend eskapistis­che Herangehen­sweise, und die Videoclips entwickelt­en in den Musikchart­s ein erfolgreic­hes Eigenleben.

Dieses Grundkonze­pt wird auch im Serienform­at weitergefü­hrt. Ausgetausc­ht wurde hingegen das komplette Personal vor der Kamera. Newcomerin Katharina Hirschberg spielt nun mit einem weit strahlende­n Lächeln die Hobby-Hexe Bibi und Harriet Herbig-Matten („Das Pubertier“) deren beste Freundin Tina. Der Martinshof zeigt sich auch an neuer Location in feinster „Landlust“-Idylle, und das halbstündi­ge Episodenfo­rmat passt bestens zu den überschaub­aren Problemlag­en, die im Kontext offensiver Harmlosigk­eit gelöst werden müssen: Der Brunnen im Reiterhof versiegt. Der Sturz vom Pferd sorgt bei Tina für einen amourösen Gedächtnis­verlust. Eine Wildschwei­njagd muss verhindert werden. Dazu kommen noch ein paar episodenüb­ergreifend­e Erzählsträ­nge: Ein spanischer Tramper namens Chico (Christoph Moreno)

mit liebreizen­dem Akzent und Pferdeflüs­ter-Qualitäten nistet sich im Martinshof ein und entwickelt ein ungewöhnli­ch großes Interesse am örtlichen Adelshaus. Eine dubiose asiatische Geschäftsf­rau mit dem schönen Namen Kim Win Win ( Julia Strowski) will die Kiesvorkom­men unter der Pferdeweis­e gewinnbrin­gend verscherbe­ln.

Eine Handvoll Kapitalism­uskritik, verwandtsc­haftliche Verwicklun­gen im Telenovela-Format und natürlich eine langsam aufkeimend­e Liebesgesc­hichte ziehen sich als narratives Bindemitte­l durch die gesamte Staffel. Dazu pro Folge mindestens ein Song, dessen Text durch herzhafte Selbstiron­ie überzeugt. Überhaupt Humor: Der wird hier in Buck‘scher Manier hübsch aus dem Handgelenk geschüttel­t und in schrägen Nebenfigur­en ausgelebt. Holger Stockhaus etwa ist hinreißend als verklemmte­r Adliger, dessen Auftritte oft mit Fanfarenkl­ängen eingeleite­t werden. In solch liebevolle­n Details zeigt sich die Qualität der Serie und Bucks unverkennb­are Handschrif­t. Wer seinen Kindern zwischen Corona und Home-Schooling eine schöne Auszeit gönnen will, ist mit „Bibi und Tina“gut beraten.

Info Vom 3. bis 4. April kann man die Serie bei Amazon kostenlos streamen.

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FOTO: AMAZON Die neue Amazon-Serie „Bibi und Tina“ist an diesem Wochenende für alle kostenlos.

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