Landgericht will per Videoschalte verhandeln
Das Gericht reagiert damit auf die große Menge an Zivilprozessen, die aktuell wegen der Corona-Krise verschoben werden. Auch an anderen Gerichten finden derzeit nur wenige Verhandlungen statt.
DÜSSELDORF Die Corona-Krise bringt nun auch die Digitalisierung der Gerichte voran. Am Düsseldorfer Landgericht sollen in den kommenden Wochen einzelne Fälle mittels einer Videokonferenz verhandelt werden. Dazu wurde eine Videoanlage in einem der Gerichtssäle installiert. Vor Ort werden wie gewohnt die Richter anwesend sein, während die einzelnen Parteien sowie die Anwälte per Video zugeschaltet werden, um direkte Kontakte untereinander zu vermeiden. Bislang wurde diese Möglichkeit vor allem für die Vernehmung von Zeugen, die sich im Ausland aufhalten, genutzt, nicht aber für ganze Verhandlungen. Die Zivilprozessordnung
erlaubt Verhandlungen per Videozuschaltung bereits seit 2013.
Das Verfahren ist jedoch nur im Zivil-, nicht aber im Strafrecht zugelassen. Die Technik soll jedoch zunächst auf Verhandlungen ohne Zeugen und ohne umfassendes Beweismaterial beschränkt werden, wie Gerichtssprecherin Elisabeth Stöve berichtet. Zudem bekommen beide Parteien vor dem Prozess die Möglichkeit, in einer Anhörung Gründe vorzutragen, die gegen eine Videokonferenz sprechen. Im Gegensatz zu schriftlichen Verfahren sei bei einer Videokonferenz aber keine Zustimmung der beiden Parteien erforderlich.
Mit dieser Neuerung reagiert das Landgericht auf die stark dezimierte Menge an Verhandlungen im Zuge der Corona-Krise. Während normalerweise rund 40 mündliche Zivilverhandlungen pro Tag stattfinden, sind es aktuell im Durchschnitt nur zwei. Auch die Menge an Strafprozessen ist von rund 15 pro Tag auf vier gesunken. Verhandelt werden dabei vor allem Fälle, bei denen sich der Angeklagte in Haft befindet, oder Fortsetzungstermine.
Bei den Verhandlungen, die noch stattfinden, werden die Prozessbeteiligten auf einen möglichst großen räumlichen Abstand gebracht. So finden die Verhandlungen ausnahmslos in den großen Sälen des Gebäudes statt, bei denen sowohl die einzelnen Parteien, Zuschauer als auch die Richter jeweils mindestens zwei Meter Abstand halten können.
Auch am Amtsgericht finden derzeit nur noch wenige Prozesse statt, nahezu alle mündlichen Verhandlungen im April wurden abgesagt. Hierbei werden ebenfalls nur noch Fälle, bei denen der Angeklagte in Haft sitzt, oder Eilverfahren verhandelt. Letzteres gilt unter anderem bei einstweiligen Verfügungen oder auch im Familienrecht. Beispiele dafür können Sorgerechtsfragen oder der Schutz vor Gewalt sein. Bei vielen anderen Fällen versuche man, die Verfahren schriftlich durchzuführen oder Vergleichsvorschläge zu erarbeiten, sagt Sprecherin Elena Frick. Verhandlungen per Videokonferenz seien aktuell noch kein Thema. Je nach Länge der Einschränkungen durch die Corona-Krise sei jedoch zu befürchten, dass es zu einem Stau unerledigter Fälle komme, der das Gericht auch danach noch beschäftige.
Am Oberlandesgericht in Düsseldorf verfährt man ähnlich wie bei den anderen Gerichten. Einzelne Fälle werden schriftlich verhandelt, während drängende Strafverfahren weiterhin im Gerichtssaal stattfinden. Ein Beispiel dafür ist die Verhandlung gegen den als Kölner Rizin-Bombenbauer bekannt gewordenen Sief Allah H., der in der vergangenen Woche nach 37 Verhandlungstagen vom Staatsschutzsenat zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt wurde, nachdem er mit seiner Frau einen Sprengstoffanschlag in Deutschland geplant hatte.