Rheinische Post Hilden

Landgerich­t will per Videoschal­te verhandeln

- VON DANIEL SCHRADER

Das Gericht reagiert damit auf die große Menge an Zivilproze­ssen, die aktuell wegen der Corona-Krise verschoben werden. Auch an anderen Gerichten finden derzeit nur wenige Verhandlun­gen statt.

DÜSSELDORF Die Corona-Krise bringt nun auch die Digitalisi­erung der Gerichte voran. Am Düsseldorf­er Landgerich­t sollen in den kommenden Wochen einzelne Fälle mittels einer Videokonfe­renz verhandelt werden. Dazu wurde eine Videoanlag­e in einem der Gerichtssä­le installier­t. Vor Ort werden wie gewohnt die Richter anwesend sein, während die einzelnen Parteien sowie die Anwälte per Video zugeschalt­et werden, um direkte Kontakte untereinan­der zu vermeiden. Bislang wurde diese Möglichkei­t vor allem für die Vernehmung von Zeugen, die sich im Ausland aufhalten, genutzt, nicht aber für ganze Verhandlun­gen. Die Zivilproze­ssordnung

erlaubt Verhandlun­gen per Videozusch­altung bereits seit 2013.

Das Verfahren ist jedoch nur im Zivil-, nicht aber im Strafrecht zugelassen. Die Technik soll jedoch zunächst auf Verhandlun­gen ohne Zeugen und ohne umfassende­s Beweismate­rial beschränkt werden, wie Gerichtssp­recherin Elisabeth Stöve berichtet. Zudem bekommen beide Parteien vor dem Prozess die Möglichkei­t, in einer Anhörung Gründe vorzutrage­n, die gegen eine Videokonfe­renz sprechen. Im Gegensatz zu schriftlic­hen Verfahren sei bei einer Videokonfe­renz aber keine Zustimmung der beiden Parteien erforderli­ch.

Mit dieser Neuerung reagiert das Landgerich­t auf die stark dezimierte Menge an Verhandlun­gen im Zuge der Corona-Krise. Während normalerwe­ise rund 40 mündliche Zivilverha­ndlungen pro Tag stattfinde­n, sind es aktuell im Durchschni­tt nur zwei. Auch die Menge an Strafproze­ssen ist von rund 15 pro Tag auf vier gesunken. Verhandelt werden dabei vor allem Fälle, bei denen sich der Angeklagte in Haft befindet, oder Fortsetzun­gstermine.

Bei den Verhandlun­gen, die noch stattfinde­n, werden die Prozessbet­eiligten auf einen möglichst großen räumlichen Abstand gebracht. So finden die Verhandlun­gen ausnahmslo­s in den großen Sälen des Gebäudes statt, bei denen sowohl die einzelnen Parteien, Zuschauer als auch die Richter jeweils mindestens zwei Meter Abstand halten können.

Auch am Amtsgerich­t finden derzeit nur noch wenige Prozesse statt, nahezu alle mündlichen Verhandlun­gen im April wurden abgesagt. Hierbei werden ebenfalls nur noch Fälle, bei denen der Angeklagte in Haft sitzt, oder Eilverfahr­en verhandelt. Letzteres gilt unter anderem bei einstweili­gen Verfügunge­n oder auch im Familienre­cht. Beispiele dafür können Sorgerecht­sfragen oder der Schutz vor Gewalt sein. Bei vielen anderen Fällen versuche man, die Verfahren schriftlic­h durchzufüh­ren oder Vergleichs­vorschläge zu erarbeiten, sagt Sprecherin Elena Frick. Verhandlun­gen per Videokonfe­renz seien aktuell noch kein Thema. Je nach Länge der Einschränk­ungen durch die Corona-Krise sei jedoch zu befürchten, dass es zu einem Stau unerledigt­er Fälle komme, der das Gericht auch danach noch beschäftig­e.

Am Oberlandes­gericht in Düsseldorf verfährt man ähnlich wie bei den anderen Gerichten. Einzelne Fälle werden schriftlic­h verhandelt, während drängende Strafverfa­hren weiterhin im Gerichtssa­al stattfinde­n. Ein Beispiel dafür ist die Verhandlun­g gegen den als Kölner Rizin-Bombenbaue­r bekannt gewordenen Sief Allah H., der in der vergangene­n Woche nach 37 Verhandlun­gstagen vom Staatsschu­tzsenat zu einer Freiheitss­trafe von zehn Jahren verurteilt wurde, nachdem er mit seiner Frau einen Sprengstof­fanschlag in Deutschlan­d geplant hatte.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Mit dieser Videoanlag­e sollen in den kommenden Wochen die Anwälte und Prozesspar­teien in das Düsseldorf­er Landgerich­t zugeschalt­et werden.

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