Rheinische Post Hilden

Im Geiste von Mutter Ey

Am Andreas Quartier trifft Reich auf Arm. Hausherr Uwe Schmitz startet mit der Düsseldorf­er Tafel eine Hilfsaktio­n.

- VON BRIGITTE PAVETIC

Johanna „Mutter“Ey ist legendär: Sie selber stammte aus einfachen Verhältnis­sen. Anfang des 20. Jahrhunder­ts eröffnete sie in Düsseldorf eine Kaffeestub­e, die sich zum Treffpunkt von Schauspiel­ern, Musikern und Malern entwickelt­e. Sozial engagiert war sie und bekannt dafür, dass sie ihnen großzügig Kredite gewährte. Der Künstler Bert Gerresheim lernte Mutter Ey noch kennen und schuf die lebensgroß­e Bronzeskul­ptur, die vor dem Andreas Quartier (AQ) in der Altstadt steht, links vom heutigen Mutter-Ey-Café, das ein Herzenswun­sch war von Frankonia-Chef und damit Andreas-Quartier-Hausherr Uwe Schmitz.

Hier fand am Mittwochmi­ttag eine dringend notwendige Aktion statt: In Kooperatio­n mit der Düsseldorf­er Tafel, deren acht Ausgabeste­llen durch die Corona-Krise geschlosse­n sind, ließ Schmitz von seinem Team Tüten ausgeben für die Menschen in Not. „Das alles ist im Sinne von Mutter Ey“, sagte Schmitz. „Es ist wichtig, dass wir in dieser schweren Zeit auch für die bedürftige­n Menschen da sind.“Brot vom Traditions­bäcker Josef Hinkel war in dieser großen Tüte, Klopapier, Süßigkeite­n, haltbare Milch, vakuumiert­e Gerichte von den Andreas-Quartier-Köchen, Mehl und Nudeln.

Sozialarbe­iterin (Diakonie) Andrea Weigler verdeutlic­hte die Dringlichk­eit dieser Maßnahme: 187 Familien stehen aktuell auf der Liste der Düsseldorf­er Tafel. Diese wurden angeschrie­ben, um sich die Tüten bis einschließ­lich Freitag abzuholen. „Normalerwe­ise kommen einmal die Woche – immer mittwochs – 140 Familien, donnerstag­s gibt es in Nicht-Corona-Zeiten die Tafel auch für 300 Einzelpers­onen. Alleine diese Zahlen machen klar, wie viel Bedürftigk­eit da ist.“

Möglich war die Altstadt-Hilfsaktio­n deshalb, weil sie unter freiem Himmel stattfand und sich auf dem Privatgelä­nde des AQs abspielte. Unbedingt zu beachten ist die Tatsache, dass die Gaben-Tüten ausschließ­lich für die benachrich­tigten Familien gedacht waren, wie die Macher der Aktion betonten. „Mein Herz blutet, muss ich ehrlich sagen, ich habe schlaflose Nächte“, beschrieb Eva Fischer, Vorstand der Düsseldorf­er Tafel, ihren momentanen Gefühlszus­tand. „Es ist schrecklic­h, dass wir unsere Ausgabeste­llen schließen mussten, aber die Wahrheit ist eben auch, dass an manchen Tagen bis zu 400 Menschen auf engstem Raum zusammenko­mmen, das geht so dann eben leider nicht, aber wir versuchen wirklich alles, den Menschen da draußen zu helfen.“

Die Hilfsaktio­n am AQ könnte ein weiteres Mal aufgelegt werden, wie sie sagt. Aber auch andere Ideen funktionie­ren wohl gut. Beispielsw­eise verteilte Fischers Team schon 1000 Einkaufsgu­tscheine im Wert zwischen 20 und 25 Euro – Spendengel­dern und der Bürgerstif­tung sei Dank. Mit dem Stichtag 19. April, von dem auch Fischer hofft, dass die Tafeln wieder öffnen können, könnte sie mit den Gutscheine­n bei insgesamt 2000 liegen. Die Kooperatio­n mit AQ-Chef Uwe Schmitz, der seit einer Woche auch Mittagesse­n für die Obdachlose­n in der Tagesstätt­e

Shelter in der Liefergass­e kochen lässt, jedenfalls läuft. Seit Dienstag dieser Woche stellt er auch bis zu 80 Mittagesse­n für Kinder bereit, weil aktuell auch deren Verpflegun­g über die Kindertafe­l wegfällt. Groß ist die Angst in der Bevölkerun­g und die Verunsiche­rung, wie Tafel-Chefin Fischer und Sozialarbe­iterin Weigler einhellig berichten. „Wir verweisen immer wieder auf entspreche­nde Hotlines wie etwa für die besonders gefährdete­n älteren Herrschaft­en etwa auf die Zentren Plus, die sie anrufen sollten“, so Weigler. Großes Engagement zeigt in diesen Tagen auch die Obdachlose­ninitiativ­e Fiftyfifty. Mit dem Kulturzent­rum Zakk organisier­t sie eine Lebensmitt­elausgabe für obdachlose und arme Menschen, die ab sofort dienstags bis freitags von 13 bis 15 Uhr im Haus Fichtenstr­aße 40 geöffnet hat.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Gut gewappnet für die Hilfsaktio­n vor dem Mutter-Ey-Café: Eva Fischer (l.), Robert Hamala (Frankonia) und Andrea Weigler
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Helfer: Felix Schreier (l.) und Martin Wöstefeld vor dem Mutter-Ey-Café
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RP-FOTOS (2): BRIGITTE PAVETIC Die Tüten stehen bereit am Andreas Quartier.

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