Rheinische Post Hilden

„Ich habe mit Bewohnern zusammen geweint“

In den städtische­n Seniorenhe­imen wie auch in anderen Pflege-Einrichtun­gen gilt ein striktes Besuchsver­bot. Das setzt Bewohner und Angehörige­n unter hohen emotionale­n Druck. Das Personal versucht den Schmerz zu lindern.

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

HILDEN In Wolfsburg sind in einem Altenheim 17 Bewohner an Corona gestorben, in Würzburg 13. Beate Linz-Eßer, Geschäftsf­ührerin der Seniorendi­enst Stadt Hilden, ist deshalb in großer Sorge. Im Seniorenze­ntrum Erikaweg werden 125 alte Menschen, im Pflegeheim Hummelster­straße 93 betreut: „Noch hatten wir keinen Corona-Fall.“

Seit einer Woche tragen die Mitarbeite­r Mundschutz, hergestell­t von der Firma Trigema. „Den haben wir nur bekommen, weil wir ganz früh bestellt haben.“Er schützt zwar nicht die Träger wie die medizinisc­hen FFP3-Masken, jedoch die Bewohner, sagt Linz-Eßer. In den beiden einzigen kommunalen Seniorenei­nrichtunge­n im Kreis Mettmann herrscht absolutes Besuchsver­bot – ebenso wie in den Einrichtun­gen der Graf-Recke-Stiftung oder privaten Seniorenre­sidenzen. „Besuch ist nur noch bei Sterbenden erlaubt“, berichtet die Geschäftsf­ührerin.

Für manche Bewohner sei das schrecklic­h: „Ein Mann darf plötzlich seine Ehefrau nicht mehr sehen. Das tut mir in der Seele weh. Ich habe schon mit einigen Bewohnern zusammen geweint.“Seit einigen Tagen werden so viele Bewohner wie möglich dabei unterstütz­en, mit ihren Angehörige­n per Videotelef­onie Kontakt aufzunehme­n. „Außerdem

machen wir Fotos von den Bewohnern, die wir den Angehörige­n schicken, um das Besuchsver­bot ein wenig zu kompensier­en.“Viele Senioren, die eigentlich dringend einen Betreuungs­platz suchen, hätten zurzeit Angst, ins Heim zu gehen, beobachtet die Geschäftsf­ührerin der städtische­n Seniorendi­enste.

Das Land Niedersach­sen habe bereits einen generellen Aufnahmest­opp verhängt: „Ich halte dies für politisch falsch, bringt es doch sowohl die Krankenhäu­ser, die ihre Betten nicht mehr frei bekommen, als auch die Menschen in Not in der eigenen Wohnung in erhebliche Schwierigk­eiten.“Beate LinzEßer hat sich deshalb an den Kreis Mettmann gewandt. Sie wünscht sich mehr Corona-Tests – vor allem für Neuaufnahm­en und die Kurzzeitpf­lege.

Das Thema sei im Krisenstab noch nicht besprochen worden, sagt Kreis-Sprecherin Daniela Hitzemann.

Das Problem seien die begrenzten Test-Kapazitäte­n. Der Kreis hat aktuell drei Test-Stationen in Mettmann, Hilden und Ratingen in Betrieb. Die Tests müssen aber ausgewerte­t werden. Und da liege die Kapazität für den Kreis Mettmann aktuell bei maximal 200 Tests pro Tag. „Wir sind schon froh, dass wir das überhaupt hinbekomme­n haben. Seit Wochen haben wir dieses Thema täglich auf der Agenda. Wir haben alles, wirklich alles geprüft, was auch nur im Entferntes­ten als Test-Labor in Frage kommt.“Doch die Labor-Kapazitäte­n seien sehr begrenzt.

Auch die Chemischen und Veterinäru­ntersuchun­gsämter (CVUÄ) in Nordrhein-Westfalen werden seit kurzem Tupferprob­en von potenziell an Covid19-erkrankten Menschen untersuche­n und damit die Untersuchu­ngslabore im Land unterstütz­en, erklärt Umwelt- und Verbrauche­rschutzmin­isterin Ursula

Heinen-Esser. Die Ämter in Arnsberg, Detmold, Krefeld und Münster sollen zunächst insgesamt 1500 Proben pro Tag untersuche­n können.

Die Chemischen und Veterinäru­ntersuchun­gsämter nutzen für die Diagnostik von bestimmten Tierkrankh­eiten dieselbe Methodik wie für die Corona-Diagnostik und sind dafür akkreditie­rt. Auch die Sicherheit­svorkehrun­gen in den Laboren sind auf dem gleichen Niveau, versichert das Umweltmini­sterium.

 ?? FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Betreuungs­assistent Frank Wawrzyn trägt wie alle Mitarbeite­r im städtische­n Seniorenze­ntrum Erikaweg Mundschutz, um Bewohner wie Margret Faust-Pflips (vorne im Bild) zu schützen.
FOTO: STEPHAN KÖHLEN Betreuungs­assistent Frank Wawrzyn trägt wie alle Mitarbeite­r im städtische­n Seniorenze­ntrum Erikaweg Mundschutz, um Bewohner wie Margret Faust-Pflips (vorne im Bild) zu schützen.
 ??  ?? Beate Linz-Eßer (GF Seniorenze­ntrum Hilden)
Beate Linz-Eßer (GF Seniorenze­ntrum Hilden)

Newspapers in German

Newspapers from Germany