Rheinische Post Hilden

Ethikrat verlangt Ausstiegsd­ebatte

Das Gremium wirbt angesichts der Corona-Einschränk­ungen für eine Öffnungspe­rspektive.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Der Deutsche Ethikrat hat an die Politik appelliert, die Debatte über eine Lockerung der Freiheitse­inschränku­ngen in der Corona-Krise jetzt zu beginnen. Es sei „nie zu früh für eine öffentlich­e Diskussion über Öffnungspe­rspektiven“, sagte der Vorsitzend­e des Beratungsg­remiums, Peter Dabrock. Andernfall­s drohe die Zustimmung in der Bevölkerun­g für die ergriffene­n Maßnahmen verloren zu gehen. Nach seiner Empfehlung geht es nicht primär darum, Zeitpunkte zu nennen, sondern Notwendigk­eiten zu definieren.

Der Ratsvorsit­zende warnte insbesonde­re vor einem „Tunnelblic­k“auf die Gefahren des Coronaviru­s.

Es gebe unter anderem „erhebliche psychische Kollateral­schäden“, wie Dabrock mit Blick auf die Folgen der erzwungene­n Vereinsamu­ng betonte. Darüber müsse ebenfalls öffentlich diskutiert werden. Dazu gehöre auch der Hinweis auf die vielen Operatione­n, Vorsorgeun­tersuchung­en und Therapien, die wegen Corona derzeit ausgesetzt seien. Die Not sei groß, auch außerhalb der von Corona Betroffene­n oder Bedrohten.

Der Ethikrat setzte sich zugleich mit möglichen Engpässen bei der Behandlung Schwerstkr­anker auseinande­r. „Triage-Situatione­n“, in denen etwa angesichts fehlender Beatmungsg­eräte darüber entschiede­n werde müsse, wer behandelt wird und wer nicht, seien unbedingt zu vermeiden. Dem Staat sei es verboten, die Menschen zu bewerten. „Jeder Mensch ist gleich viel wert“, sagte der Rechtsexpe­rte des Ethikrates, Steffen Augsburg. Deswegen müssten nach dem Sonderguta­chten des Rates „unfaire Einflüsse“ferngehalt­en werden. Dazu zählen die Wissenscha­ftler unter anderem sozialen Status, Herkunft, Alter und Behinderun­g.

Positiv bewertete Augsburg die Entwicklun­g einer speziellen App, mit deren Hilfe mögliche Kontaktper­sonen Infizierte­r identifizi­ert und zur Quarantäne aufgeforde­rt werden könnten. Innovation­soffenheit im Kampf gegen Corona sei wichtig. Es gehe darum, „alles zu nutzen, was uns helfen kann“. Dabei müsse die Freiwillig­keit jedoch im Vordergrun­d stehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany