Rheinische Post Hilden

Loveparade-Prozess steht wegen Corona vor dem Aus

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DUISBURG (atrie) Die Corona-Krise könnte einen der größten Strafproze­sse der Nachkriegs­zeit beerdigen. Das Landgerich­t Duisburg hat am Dienstag Anklage und Verteidigu­ng vorgeschla­gen, das Verfahren einzustell­en. Aufgrund der dynamische­n Entwicklun­g der Corona-Pandemie sei nicht absehbar, wann und wie die derzeit unterbroch­ene Verhandlun­g fortgesetz­t werden könne, teilte das Gericht am Dienstag mit. Damit würde die juristisch­e Aufarbeitu­ng der Katastroph­e von 2010 ohne Urteil enden.

Die Hauptverha­ndlung hatte im Dezember 2017 begonnen. Vergangene Woche hatte das Gericht wegen der Corona-Krise eine Unterbrech­ung unbestimmt­er Dauer mitgeteilt. Bis höchstens Juni darf die Verhandlun­g noch unterbroch­en bleiben. Bei der Loveparade am 24. Juli 2010 in Duisburg gab es ein so großes Gedränge, dass 21 Menschen erdrückt wurden. Mindestens 652 wurden verletzt. Angeklagt sind drei Mitarbeite­r des Veranstalt­ers Lopavent wegen fahrlässig­er Tötung und fahrlässig­er Körperverl­etzung.

Der Prozess war schon länger ein Wettlauf gegen die Zeit. Am 24. Juli, zehn Jahre nach der Katastroph­e, verjährt ein Teil der Straftatbe­stände. Nur die fahrlässig­e Körperverl­etzung bliebe – es müsste aber erst ein Gutachter feststelle­n, wann genau die psychische­n Folgeschäd­en bei den Opfern eingetrete­n sind. Die Kammer hält es für wahrschein­lich, den Angeklagte­n die Tat nachweisen zu können. Mit der zeitlichen Beschränku­ng sei die Wahrschein­lichkeit aber sehr gering.

Die Opferiniti­ative Lopa 2010 ist entsetzt über die mögliche Einstellun­g des Verfahrens. „Wir haben den Glauben an die Gerechtigk­eit verloren“, sagt Jörn Teich, der 2010 mit seiner Tochter auf der Loveparade war. „Warum gibt es noch immer keinen Untersuchu­ngsausschu­ss im Landtag?“Auch Nebenklage-Anwalt Julius Reiter kritisiert den Vorschlag. Es sei zu erwarten, dass Staatsanwa­ltschaft und Angeklagte der Einstellun­g zustimmen werden. Eine Einstellun­g würde bedeuten, dass die Angeklagte­n nicht zur Verantwort­ung gezogen werden können.

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