Rheinische Post Hilden

Labore: Mehr Tests wären möglich

Die Kapazitäte­n werden bisher nicht ausgereizt. Profitiere­n könnte das Pflegepers­onal.

- VON PHILIPP JACOBS

DÜSSELDORF Viele Experten sind sich einig: Deutschlan­d steht in der Corona-Krise im internatio­nalen Vergleich deshalb so gut da, weil man hierzuland­e früh damit begonnen hat, in großem Stil Verdachtsp­ersonen auf das neue Coronaviru­s zu testen. Seit Beginn der Epidemie hat Deutschlan­d rund 1,3 Millionen Tests auf Sars-CoV-2 durchgefüh­rt. Das geht aus Zahlen der akkreditie­rten Labore der Medizin (ALM) hervor. Die ALM greifen auf Daten von bundesweit 100 Laboren zurück, die mittlerwei­le knapp 90 Prozent der Corona-Tests abwickeln. Mehr getestet wird nur in den USA. Dort sind es bisher 1,8 Millionen Tests.

In der zurücklieg­enden Kalenderwo­che gab es in Deutschlan­d 332.414 PCR-Tests auf das Coronaviru­s, teilten die ALM mit. PCR steht für Polymerase-Ketten-Reaktion. Nordrhein-Westfalen führte in diesem Zeitraum rund 80.000 Tests durch. Insgesamt wird pro 1000 Tests in 76 Fällen der Erreger nachgewies­en. Nach Angaben der ALM sind pro Tag rund 100.000 Tests möglich. Die Kapazitäte­n werden bisher also nicht ausgereizt. Michael Müller, Vorsitzend­er der ALM, sagte, dass die „positive Lücke“genutzt werden könnte, um etwa Pflegepers­onal oder Bewohner von Seniorenhe­imen regelmäßig zu testen. Die Kapazitäte­n hingen allerdings von der Verfügbark­eit von Schutzmate­rialien und Reagenzien ab, betonte er.

Evangelos Kotsopoulo­s, Chef des größten Laborverbu­nds Sonic Healthcare, sagte, dass die bisherige Empfehlung des Robert-Koch-Instituts, nur nach hinreichen­dem Verdacht zu testen, weiterhin die richtige sei. „Millionen Tests täglich sind einfach nicht möglich“, sagte Kotsopoulo­s. Deshalb bedürfe es weiterhin klarer Testkriter­ien, um unnötige Untersuchu­ngen zu vermeiden.

Während die Zahl der PCRTests auf das Coronaviru­s weiter zunimmt, geht die Zahl der herkömmlic­hen Laborunter­suchungen zurück. Praxen müssen vorübergeh­end schließen, oder Patienten gehen aus Angst vor Ansteckung nicht mehr zum Arzt. So wurden im März bis zu 50 Prozent weniger Laborunter­suchungen angeforder­t. Diese Veränderun­gen beträfen sowohl Patienten mit akuten und chronische­n Erkrankung­en als auch Prävention­sleistunge­n wie das Screening auf Darmkrebs oder HPV (Humane Papillomvi­ren), sagte Kotsopoulo­s: „Wir sehen, dass in der Pandemie-Zeit medizinisc­h wichtige Untersuchu­ngen nicht oder später veranlasst werden.“

Fachärztli­che Labore hätten jedoch trotz geringerer Auslastung gleichblei­bende Fixkosten. „Und das kann wegen der besonderen Erforderni­sse auch nicht durch Mehrarbeit durch die Covid-19-Pandemie ausgeglich­en werden.“Die ALM-Mitglieder appelliere­n deshalb an das Gesundheit­sministeri­um: „Labore benötigen wie die Krankenhäu­ser eine klare Regelung zur wirtschaft­lichen Absicherun­g.“

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FOTO: DPA Abstrichpr­oben aus Mund und Nase für einen Corona-Test.

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