Corona-Krise bei Dividenden kaum zu spüren
Die Mehrheit der Dax-Konzerne will die Ausschüttung erhöhen. Doch die Beschlüsse dafür verschieben sich in vielen Fällen.
DÜSSELDORF In der Corona-Krise erleiden viele finanzielle Schäden: Unter nehmen, die ihre Produktion schließen müssen und denen Umsätze wegbrechen; Gastronomen, Händler und andere Gewerbetreibende, die in Existenznot geraten; Beschäftigte, die in Kurzarbeit geschickt werden und mit 60 oder 67 Prozent ihres Gehalts auskommen müssen. Auch Aktionäre, bei denen der Wert ihres Aktienbesitzes unter zwischenzeitlich kollabierenden Börsen wegbröselt, sind betroffen. Ihre Dividende bekommen Sie meist schon. Abstriche bei der Ausschüttung werden viele erst im kommenden Jahr machen müssen, wenn der Gewinn für das Corona-geprägte Jahr 2019 zur Verteilung ansteht.
Auszahlung Für das vergangenene Jahr sieht es noch gut aus. Die Hälfte der 30 im Deutschen Aktien-Index
gelisteten Unternehmen hat für 2019 eine höhere Dividende vorgeschlagen als für 2018. Sechs weitere zahlen so viel wie im Vorjahr, bei fünf sinkt die Ausschüttung. Gestrichen worden ist die Dividende bisher nur bei der Deutschen Bank, der Lufthansa und MTU. Die größte deutsche Fluglinie verhandelt in der Krise gerade über Staatshilfen, da hätte eine Auschüttung an die anteilseigner auch seltsam angemutet. Bei der Deutschen Bank ist der Ausfall der Dividende dagegen dem Konzernumbau geschuldet.
Dividendenstreit Die im M-Dax notierte Commerzbank, lässt die Dividende ebenfalls ausfallen, aber aus anderen Gründen: Sie folgt einer Ansage der Europäischen Zentralbank. Die hatte jüngst die Banken aufgefordert, wegen der Pandemie bis Ende September nicht auszuschütten und keine Aktien zurückzukaufen, sondern das Geld zu nutzen, um in der Corona-Krise die Kreditversorgung
sicherzustellen. Die Versicherer wehren sich gegen ein ähnluches Ansinnen der europäischen Versicherungsaufsichstbehörde Eiopa, die höhere Krisenpuffer gefordert hatte. Die Allianz und die Münchener Rück wollensogar noch mehr ausschüten als im Vorjahr und haben derzeit die deutsche Finanzaufsicht Bafin auf ihrer Seite.
Hauptversammlungen 16 der 30 Dax-Konzerne haben ihr jährliches Aktionärstreffen auf unbestimmte Zeit verschoben. Entsprechend verschiebt sich auch der Beschluss über die vorgeschlagene Dividende. Ende März hat der Bundestag den Unternehmen allerdings die Möglichkeit gegeben, ihre Hauptversammlung in diesem Jahr rein virtuell durchzuführen. Und er hat die Frist für die Versammlung von Ende August um vier Monate bis Jahresende verlängert (bei Unternehmen, deren Geschäftsjahr mit dem Kalenderjahr endet). Von der Online-Variante Gebrauch
gemacht haben bisher unter anderem Bayer (28. April), die Allianz (6. Mai) und BMW (14. Mai). Besonderheit für Unternehmen in der Rechtsform der europäischen SE (beispielsweise Allianz, BASF und der Wohnungskonzern Vonovia): Sie müssen ihre Hauptversammlungen spätestens sechs Monate nach dem Ablauf des Geschäftsjahres durchgeführt haben, in der Regel also bis 30. Juni. Darauf hat der Gesetzgeber in Deutschland keinen Einfluss.
Kritik Die virtuelle Hauptversammlung soll natürlich unter Wahrung der Aktionäsrechte stattfinden. Dazu gehören beispielsweise die Abstimmung über die Dividendenzahlung und die Entscheidung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Und sie können in der Hauptversammlung Fragen stellen, auf die das Management dann antwortet. Eine Abstimmung im Online-Verfahren dürfte noch kein Problem werden, aber anderes könnte schwierig werden. Ihre Fragen sollen die Eigentümer des Untermnehmens spätestens zweiTage vor der Hauptversammlung online einreichen. Dabei sehen Kritiker die Gefahr, dass ein Vorstand eine Vorauswahl nicht ausschließlich „nach pflichtgemäßem freiem Ermessen“, also objektiv trifft, sondern dass unliebsame Fragen auch mal außen vor bleiben könnten.
Zukunft In diesem Jahr ist die virtuelle Hauptversammlung noch eine Notlösung in der Corona-Krise ist, für manchen könnte sie im nächsten Jahr vielleicht schon ein attraktvies Zukunftmodell sein.Präsenz-Hauptversammlungen sind schließlich deutlich teurer als Online-Veranstaltungen. Die Haltung der Aktionärsschützergemeinschaft DSW ist eindeutig: „Wichtig ist, dass die Online-Hauptversammlung zeitlich begrenzt ist und wir nach der Krise zur Präsenzveranstaltung zurückkehren.“