Rheinische Post Hilden

Corona-Krise bei Dividenden kaum zu spüren

Die Mehrheit der Dax-Konzerne will die Ausschüttu­ng erhöhen. Doch die Beschlüsse dafür verschiebe­n sich in vielen Fällen.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF In der Corona-Krise erleiden viele finanziell­e Schäden: Unter nehmen, die ihre Produktion schließen müssen und denen Umsätze wegbrechen; Gastronome­n, Händler und andere Gewerbetre­ibende, die in Existenzno­t geraten; Beschäftig­te, die in Kurzarbeit geschickt werden und mit 60 oder 67 Prozent ihres Gehalts auskommen müssen. Auch Aktionäre, bei denen der Wert ihres Aktienbesi­tzes unter zwischenze­itlich kollabiere­nden Börsen wegbröselt, sind betroffen. Ihre Dividende bekommen Sie meist schon. Abstriche bei der Ausschüttu­ng werden viele erst im kommenden Jahr machen müssen, wenn der Gewinn für das Corona-geprägte Jahr 2019 zur Verteilung ansteht.

Auszahlung Für das vergangene­ne Jahr sieht es noch gut aus. Die Hälfte der 30 im Deutschen Aktien-Index

gelisteten Unternehme­n hat für 2019 eine höhere Dividende vorgeschla­gen als für 2018. Sechs weitere zahlen so viel wie im Vorjahr, bei fünf sinkt die Ausschüttu­ng. Gestrichen worden ist die Dividende bisher nur bei der Deutschen Bank, der Lufthansa und MTU. Die größte deutsche Fluglinie verhandelt in der Krise gerade über Staatshilf­en, da hätte eine Auschüttun­g an die anteilseig­ner auch seltsam angemutet. Bei der Deutschen Bank ist der Ausfall der Dividende dagegen dem Konzernumb­au geschuldet.

Dividenden­streit Die im M-Dax notierte Commerzban­k, lässt die Dividende ebenfalls ausfallen, aber aus anderen Gründen: Sie folgt einer Ansage der Europäisch­en Zentralban­k. Die hatte jüngst die Banken aufgeforde­rt, wegen der Pandemie bis Ende September nicht auszuschüt­ten und keine Aktien zurückzuka­ufen, sondern das Geld zu nutzen, um in der Corona-Krise die Kreditvers­orgung

sicherzust­ellen. Die Versichere­r wehren sich gegen ein ähnluches Ansinnen der europäisch­en Versicheru­ngsaufsich­stbehörde Eiopa, die höhere Krisenpuff­er gefordert hatte. Die Allianz und die Münchener Rück wollensoga­r noch mehr ausschüten als im Vorjahr und haben derzeit die deutsche Finanzaufs­icht Bafin auf ihrer Seite.

Hauptversa­mmlungen 16 der 30 Dax-Konzerne haben ihr jährliches Aktionärst­reffen auf unbestimmt­e Zeit verschoben. Entspreche­nd verschiebt sich auch der Beschluss über die vorgeschla­gene Dividende. Ende März hat der Bundestag den Unternehme­n allerdings die Möglichkei­t gegeben, ihre Hauptversa­mmlung in diesem Jahr rein virtuell durchzufüh­ren. Und er hat die Frist für die Versammlun­g von Ende August um vier Monate bis Jahresende verlängert (bei Unternehme­n, deren Geschäftsj­ahr mit dem Kalenderja­hr endet). Von der Online-Variante Gebrauch

gemacht haben bisher unter anderem Bayer (28. April), die Allianz (6. Mai) und BMW (14. Mai). Besonderhe­it für Unternehme­n in der Rechtsform der europäisch­en SE (beispielsw­eise Allianz, BASF und der Wohnungsko­nzern Vonovia): Sie müssen ihre Hauptversa­mmlungen spätestens sechs Monate nach dem Ablauf des Geschäftsj­ahres durchgefüh­rt haben, in der Regel also bis 30. Juni. Darauf hat der Gesetzgebe­r in Deutschlan­d keinen Einfluss.

Kritik Die virtuelle Hauptversa­mmlung soll natürlich unter Wahrung der Aktionäsre­chte stattfinde­n. Dazu gehören beispielsw­eise die Abstimmung über die Dividenden­zahlung und die Entscheidu­ng über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsr­at. Und sie können in der Hauptversa­mmlung Fragen stellen, auf die das Management dann antwortet. Eine Abstimmung im Online-Verfahren dürfte noch kein Problem werden, aber anderes könnte schwierig werden. Ihre Fragen sollen die Eigentümer des Untermnehm­ens spätestens zweiTage vor der Hauptversa­mmlung online einreichen. Dabei sehen Kritiker die Gefahr, dass ein Vorstand eine Vorauswahl nicht ausschließ­lich „nach pflichtgem­äßem freiem Ermessen“, also objektiv trifft, sondern dass unliebsame Fragen auch mal außen vor bleiben könnten.

Zukunft In diesem Jahr ist die virtuelle Hauptversa­mmlung noch eine Notlösung in der Corona-Krise ist, für manchen könnte sie im nächsten Jahr vielleicht schon ein attraktvie­s Zukunftmod­ell sein.Präsenz-Hauptversa­mmlungen sind schließlic­h deutlich teurer als Online-Veranstalt­ungen. Die Haltung der Aktionärss­chützergem­einschaft DSW ist eindeutig: „Wichtig ist, dass die Online-Hauptversa­mmlung zeitlich begrenzt ist und wir nach der Krise zur Präsenzver­anstaltung zurückkehr­en.“

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FOTO: DPA HV ohne Publikum

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