Rheinische Post Hilden

Ansturm auf die Gartencent­er

Viele Düsseldorf­er nutzen die viele Zeit zu Hause in der Corona-Krise, um Garten oder Balkon herzuricht­en.

- VON ANDREA RÖHRIG UND PATRICK SCHERER

DÜSSELDORF Zwei 30-Liter-Säcke Blumenerde und zwei Ranunkeln, eine in Gelb und eine in Dunkelrot, liegen bei Klaus Trabant im Einkaufswa­gen. Am Dienstagvo­rmittag war er mit dutzend anderen Kunden im Gartencent­er von Dehner an der Paul-Thomas-Straße einkaufen. Natürlich weiß er, dass die beiden Blümchen bei weitem nicht ausreichen, um alleine die sechs Kübel in seinem Garten zu bepflanzen. „Die beiden Ranunkeln haben mich angelacht, aber nachher fahre ich noch nach Gerresheim auf den Markt. Dort gibt es einen Blumenstan­d mit sehr schöner Ware“, erzählt der Werstener. Zudem wird das nicht der letzte Besuch des Rentners in einem Gartencent­er gewesen sein, denn in seinem Garten hat er jede Menge zu tun. So ergeht es nicht nur Klaus Trabant. Den Garten oder „Balkonien“auf Vordermann bringen, ist für viele Bürger in der Corona-Krise die derzeitige Lieblingsa­ufgabe. Und so können sich Gartencent­er und Baumärkte mit Gartenabte­ilung vor Kunden kaum retten.

Für ihre beiden Balkonkäst­en haben Gabi und Ulf Schwinum bei Dehner eingekauft: Hornveilch­en, kleine, weiße Margariten und Weihrauch. Auch eine weiße Hortensie hat das Paar erstanden. Drinnen, so erzählen sie, sei es gut gefüllt gewesen. Beide tragen einen Mundschutz und wollen dann wieder schnell nach Hause.

Dass es seit ein paar Tagen keinen Nachtfrost mehr gibt, spielt den Gartencent­ern in die Hände: Die Saison der Sommerpfla­nzen ist gekommen. Und das macht sich auch bei Chris Korfmacher, Inhaber des Bilker Gartencent­ers am Südring und des Korfys an der Oerschbach­straße, bemerkbar. „Wir haben jetzt die ganze Zeit jeden Tag so viel zu tun wie sonst am Ostersonnt­ag oder am Muttertag“, erzählt er.

Seit Freitag geht bei ihm die Sommerware über die Theke, die kann er kaum so schnell beschaffen, wie sie vorne aus dem Laden wieder rausgeht. „Dadurch, dass wir gerade einen personelle­n Engpass haben, ist es noch arbeitsint­ensiver“, sagt Korfmacher. Um einen Überblick zu haben, wie viele Kunden in den beiden Läden sind, hat er die Zahl der Einkaufswa­gen reduziert. Wenn die gerade alle im Gartencent­er unterwegs sind, müssen die Kunden draußen auf einen Wagen warten.

Auch in anderen Stadtteile­n florieren die Gartencent­er und Blumenläde­n. Manch einer hofft gar, dass die 50-Meter-Schlange in den kommenden Tagen nicht noch länger wird. „Das wäre in der aktuellen Lage sonst eigentlich unverantwo­rtlich“, sagt ein Händler, der nicht genannt werden möchte.

Peter Achten, Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bands NRW, kennt keine genauen Zahlen, schätzt die Situation aber als normal ein: „Naturgemäß ist gerade jetzt ohnehin die Hauptsaiso­n für Blumen- und Gartencent­er. In diesen Geschäften wäre also auch ohne Coronaviru­s viel Betrieb.“

Es gibt natürlich auch leidtragen­de Geschäftsl­eute, die in dieser Zeit

nur zugucken können, wie andere mit ihrer Kernkompet­enz Geld machen. „Dass Baumärkte weiterhin Gartenmöbe­l verkaufen können, stört natürlich die Spezialhän­dler für Gartenmöbe­l, die ihr Geschäft aktuell nicht öffnen dürfen“, erklärt Achten.

Damit auch die in den Genuss von frischen Blumen für den Balkon oder den Garten kommen, die derzeit nicht das Haus verlassen sollen, hat Chris Korfmacher einen kostenfrei­en Bringdiens­t eingeführt. Eine Mitarbeite­rin nimmt Bestellwün­sche per Mail, am Telefon oder per Whattsapp entgegen.

Und da es im Bilker Gartencent­er seit vergangene­m Jahr zusätzlich auch Obst und Gemüse zu kaufen gibt, lautet die eine oder andere Bestellung nun auf zehn Geranien, ein Pfund Äpfel und zwei Pfund Kartoffeln. Auch an Karfreitag haben die beiden Gartencent­er geöffnet. „Normalerwe­ise bereiten wir uns an dem Feiertag dann auf den Osteranstu­rm vor. Aber mal schauen, ob auch das diesmal anders sein wird“, sagt Korfmacher.

Zahlen Seit dem 3. März haben sich bis Dienstag, 16.30 Uhr, in Düsseldorf 681 Düsseldorf­er mit dem Coronaviru­s infiziert, 42 mehr als am Vortag. 80 an Covid-19 erkrankte Menschen sind in Düsseldorf­er Krankenhäu­sern, davon brauchen 37 intensivme­dizinische Behandlung. Unter angeordnet­er Quarantäne stehen derzeit 332 Personen, bei 241 vormals infizierte­n Düsseldorf­ern ist das Virus nicht mehr nachweisba­r. Sieben Menschen sind an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben.

Events Endlich mal eine Veranstalt­ung, die (wahrschein­lich) nicht abgesagt werden muss. Zumindest gehen die Macher des Gourmet Festivals, das in Köln und Mönchengla­dbach gerade verlegt wurde, davon aus, dass es Ende August stattfinde­n wird. Aber es gab gestern auch weitere Absagen: Der Angermunde­r Kulturkrei­s streicht sämtliche Veranstalt­ungen bis Ende Juni, der Freundeskr­eis des Botanische­n Gartens der Heine-Uni vorerst bis Ende Mai.

100 Zelte,

Schlafsäck­e, Decken und Isomatten plus knapp 4000 Euro sind bei einer Aktion der Fortuna bislang zusammenge­kommen, die damit Obdachlose unterstütz­en will. Der Verein bedankt sich – und sammelt weiter, am Flinger Broich können von 9 bis 13 Uhr täglich kontaktlos Spenden abgegeben werden.

Flaschen sind das Geschäft von Gerresheim­er, und bei den Maltesern sind sie knapp geworden. Zusammen mit FM Plast spendet das Unternehme­n deshalb Flaschen und Deckel für Desinfekti­onsmittel an die Hilfsorgan­isation.

Hotline Unter der Corona-Hotline 0211 8996090 gehen täglich mehrere hundert Anrufe ein, gestern allein 835. Zu Beginn der Krise war sie noch bei der städtische­n Telefonzen­trale angesiedel­t, jetzt arbeiten täglich 15 bis 30 Menschen rund um die Uhr dort im Schichtbet­rieb. Gestern bekamen sie Besuch vom Oberbürger­meister, der bei der Händedesin­fektion allerdings daneben griff: nächstes Mal bitte mit dem Ellbogen drücken.

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FOTO: ANNE ORTHEN Einkaufsst­au beim Baumarkt: So wie hier bei Obi in Rath sieht es in diesen Tagen bei vielen Baumärkten und Gartencent­ern in Düsseldorf aus.

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