Wenn der Ärger von früher zur Lappalie wird
Wir sind daran gewöhnt, dass das Leben funktioniert. Das hat sich dramatisch geändert. Das ganze Leben hat sich plötzlich umgekrempelt, die Kinder können nicht mehr in die Kita oder zur Schule gehen. Sie können nicht mehr zum Sport oder sich mit Freunden treffen. Man selbst versucht, sein Arbeitsleben um die neuen Herausforderungen zu sortieren.
Dass man in der Regel eine gute Betreuungsmöglichkeit für seine Kinder hat, dass man sich mit Freunden treffen kann, Kollegen im Büro trifft, ist sonst so selbstverständlich, dass man sich dort schon über viele kleine Dinge ärgert. Hier mal einen Tag Notbetreuung wegen Personalmangel
oder Stress im Job. Jetzt würde man sagen: Was für Lappalien. Diese Dinge kommen einem in der derzeitigen Situation eher marginal vor. Das öffentliche Leben ist in einem Maße eingeschränkt, wie es wohl seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr der Fall gewesen ist – alles ist auf die Kernfamilie reduziert. In der ersten Woche, mit „nur“geschlossenen Schulen und Kitas konnte man eine Betreuung im privaten Rahmen mit Nachbarn noch organisieren, mit den jetzt verschärften Regeln zum Kontaktverbot ist dies nicht mehr möglich. Wie das sinnvoll zu gestalten ist, dazu hörte man lange recht wenig aus der Politik. Natürlich sind wir Eltern in erster Linie für unsere Kinder verantwortlich und nehmen diese Verantwortung auch gerne wahr.
Wenn man sich anschaut, wie viele Familien in Städten wie Düsseldorf zwei Einkommen benötigen, um die Lebenshaltungskosten zu bezahlen, stößt man auf ein Dilemma. Können wir unsere Kinder gut betreuen, ohne unsere Existenz zu gefährden? An dieser Stelle wurde immer Homeoffice als Vorschlag genannt. Nur: Mit zwei- bis dreijährigen Kindern Homeoffice zu machen, ist keine realistische Option – zumindest nicht, wenn beide Elternteile arbeiten. Nicht jeder Job kann im Homeoffice erledigt werden. Dann könne man ja Überstunden abbauen und Urlaub nehmen. Ja, das ist eine Zeitlang möglich, beide Zeitkonten sind aber endlich.
Das ist vielleicht die Wochen bis zum Ende der Osterferien zu organisieren, doch was machen Eltern wenn es heißt: Aufgrund der Coronakrise bleiben Schulen und Kitas einen oder sogar zwei weitere Monate geschlossen? Dann geht es in vielen Fällen um wirt- schaftliche Existenvon zen Familien. Der Staat mildert den Verdienstausfall von Eltern, die aufgrund geschlossener Kitas und Schulen zu Hause bleiben müssen, weil sie keine andere Möglichkeit der Betreuung für ihre Kinder haben. Chapeau Bundesregierung – das ist die nötige sozialpolitische Maßnahme um viele Familien vor dem finanziellen Kollaps zu retten. Generell muss ich auch der Verwaltung der Stadt Düsseldorf ein Lob dafür aussprechen, wie sie diese Krise bislang gemanagt hat. Sie hat als eine der ersten Kommunen entschieden, in der Zeit, in der die Kitas und Schulen geschlossen sind, keine Kita- oder Verpflegungsgebühren zu erheben.
Autor Michail Knauel ist Sprecher der Düsseldorfer Kita-Eltern