Ein Bilker findet seine Mission im Ostkongo
Heinz Rothenpieler ist seit 30 Jahren als Entwicklungshelfer in Afrika aktiv. Den Menschen dort soll eine Perspektive geboten werden.
BILK Heinz Rothenpieler war irgendwie schon immer sehr engagiert, hat sich um andere Menschen mehr als um sich selbst gekümmert. Von Haus ist er Sozialpädagoge, da ist das wohl nahgeliegend. Er hat aber auch eine Ausbildung als Bankkaufmann abgeschlossen, kann also mit Geld umgehen. Das wird im Verlauf dieser Geschichte noch einmal wichtig. Jedenfalls kam er vor gut 30 Jahren mit dem Kongo in Kontakt, das damals noch Zaire hieß und von dem Diktator Mobutu unterjocht wurde. Flüchtlinge kamen nach Deutschland, es gab Kongo-Kongresse in Düsseldorf, damit das Leid der Menschen in Zentralafrika nicht in Vergessenheit gerät. Das ging Rothenpieler alles sehr nahe, und er wollte mithelfen, die Not zu lindern. „Damals habe ich nicht im Traum daran gedacht, jemals in den Kongo zu reisen“, sagt der Bilker. Doch inzwischen war er bestimmt 30 Mal dort. „Ich verbringe mittlerweile mehr Zeit dort als hier in Düsseldorf.“
Nun muss man wissen, dass Kongo nicht gleich Kongo ist, aus den ehemaligen belgischen, französischen und portugiesischen Kolonien wurden die Staaten Demokratische Republik Kongo, Republik Kongo sowie eine Provinz in Angola. Rothenpielers Augenmerk lag immer auf der Demokratischen Republik, genauer dem von bewaffneten Konflikten besonders gebeutelten Ostkongo. Unter der Trägerschaft verschiedener Vereine und Organisationen, die sich für eine nachhaltige Entwicklungshilfe stark machen, war er aktiv. „Anfangs ging es immer nur um landwirtschaftliche Projekte. Wir haben sumpfige Flusstäler entwässert oder Fortbildungen in Kompostierungen gegeben, alles immer als Hilfe zur Selbsthilfe“, erklärt Rothenpieler. Und dabei kommt dann auch noch mal die Banklehre Rothenpielers ins Spiel. „Es kann nicht schaden, sich mit
Zahlen auszukennen, wenn es zum Beispiel um öffentliche Fördermittel geht“, erklärt der 69-Jährige, der vor fünf Jahren in Rente ging und seitdem sein Engagement weiter verstärkt hat.
Seit 2011 steuert der Verein „Lernen-Helfen-Leben“die Einsätze im Ostkongo, und Rothenpieler leitet das Büro in Düsseldorf. In sieben weiteren afrikanischen Staaten werden Projekte mit lokalen Organisationen entwickelt, die nichts mit der jeweiligen Regierung zu tun haben, dafür aber immer die Menschen vor Ort einbeziehen. Neben Landwirtschaft werden auch Energie und Bildung
abgedeckt – und, ganz wichtig, Forstwirtschaft.
Nun ist Heinz Rothenpieler ohnehin ein Waldmensch, wie er selbst von sich sagt, „zumindest bin ich in einer Waldgegend aufgewachsen“. Ein Förster, das ist er aber nicht, „auch wenn das mit zehn Jahren mal mein Berufswunsch war“. Aber genau darum geht es in dem aktuellen Projekt im Ostkongo, vornehmlich in der Provinz Süd-Kivu: um Aufforstung. An zehn Standorten wurden Bäume gepflanzt. Die Partner vor Ort sollen „Holzernten“organisieren, aber keinen Kahlschlag produzieren, sondern für gefällte Bäume wieder junge Pflanzen in die Erde setzen, sodass die Wälder erhalten bleiben. Dafür wurden Waldarbeiter-Ausbildungen organisiert, auch das Zuschneiden von Brettern wurde einstudiert.
„Bisher wurde vor allem mit sogenannten exotischen Bäumen aufgeforstet, nicht mit einheimischen Arten. Wir sind dabei dies zu ändern“, erklärt Rothenpieler. In der Region wächst viel Eukalyptus, der ursprünglich aus Australien stammt, und tropische Pinusarten wie die Kiefer, die ebenso wenig afrikanischen Ursprungs sind. „Für uns war die Frage: Finden wir unter den über 800 einheimischen Arten im Regenwald den kongolesischen Eukalyptus und die kongolesische Kiefer, die
wir für die erodierten Böden brauchen“, so der Bilker. Auch mit Hilfe von deutschen Botanikern war die Suche erfolgreich, derzeit werden die Baumschulen umgestellt. „Also wurde sozusagen in Düsseldorf mit ausgeheckt, was dann im Kongo erfolgreich umgesetzt wurde.“
Fakt ist: Die Aufforstungsprojekte haben bei der Bevölkerung ein allgemeines Problembewusstsein zu Ökologie, Wald und Klima geschaffen und verankert. Dennoch ist natürlich stets Geduld gefragt, denn bis neue Bäume herangewachsen sind und „geerntet“werden können, vergehen viele Jahre. Da die Armut unmittelbar bekämpft werden muss, hat der Verein „Lernen-Helfen-Leben“parallel Landvolkshochschulen gegründet, die nützliche landwirtschaftliche Kenntnisse vermitteln: Gemüseanbau, Imkerei, Herstellung von Ziegenmilch und -käse etwa. „Und mitten drin waren immer die Kinder, die ,Marafiki wa Mazingira’, die Naturfreundejugend. Tausende Marafikis wurden fortgebildet. Sie können jetzt nicht nur Bäume pflanzen, sondern auch Auberginen oder Zwiebeln ernten. Sie züchten Meerschweinchen und Kaninchen – und sie waren oft genug die treibende Kraft für Erneuerung und Veränderung in ihren Familien“, erzählt Rothenpieler.