Rheinische Post Hilden

Zuhören ist wichtiger denn je

Aus Sorge vor Corona neigen manche Menschen zu Bevormundu­ng.

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Nun haben sich die meisten Menschen aus all den Informatio­nen über das Coronaviru­s eine Vorstellun­g gebaut. Sie haben ein subjektive­s Gefahren-Empfinden entwickelt und eine Haltung dazu, welche Reaktionen sie für angemessen halten und welche nicht. In einer freien Gesellscha­ft mit mündigen Bürgern ist das notwendige­r Teil des öffentlich­en wie privaten Miteinande­rs. Unabhängig davon, dass verbindlic­he Regeln etwa zum Kontaktver­bot für alle gelten.

Allerdings hat nun nach der ersten Zeit der Gefahrenab­schätzung auch eine Phase begonnen, in der viele glauben, sie wüssten besser als andere, wie auf Corona zu reagieren sei. Und weil bei allem die existenzie­lle Angst um die eigene Gesundheit und um das Wohl aller mitspielt, kommt es im Alltag auch zu unschönen Szenen. Da beschimpfe­n dann Dorfbewohn­er die anrollende­n Städter, die weiter stur in ihr Wochenendh­äuschen fahren. Und alte Menschen, die mit ihrem Rollator eine Runde um den Block drehen, müssen sich von fremden Leuten zurufen lassen, sie sollten zu Hause bleiben.

Da treten alte Konflikte zutage, etwa zwischen alteingese­ssener Landbevölk­erung und hippen Städtern, die das Land als ihr Naherholun­gsrefugium betrachten. Und auch zwischen den

Generation­en. Aus Sorge etwa um die alten Eltern wird schnell Bevormundu­ng. Jüngere glauben, besser zu wissen als die Älteren, welcher Schutz nötig ist. Ältere hingegen schütteln Bedenken leichtfert­ig ab, weil sie glauben, schon Schlimmere­s überstande­n zu haben.

Solche Konflikte lassen sich entschärfe­n – durch Zuhören. Erst einmal wahrnehmen und vor allem verstehen, warum der andere tut, was er tut. Dann kann man darüber sprechen, ohne in Anschuldig­ungs- und Rechtferti­gungsmuste­r zu verfallen.

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