Rheinische Post Hilden

Gebäuderei­niger in der Krise

Weil die Hotels schließen müssen, stehen zahlreiche Firmen vor dem Aus.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Mehr als ein Jahrzehnt hat Camelia Popescu (Name geändert) für die Kölner Reinigungs­firma Das Team Service GmbH gearbeitet. Mitte März war Schluss. Sie und die anderen Mitarbeite­rinnen – überwiegen­d aus Polen und Rumänien – seien in einem Hotel zusammenge­rufen worden. Ihnen werde innerhalb von zwei Wochen gekündigt. „Dann wurde uns aber gesagt: ,Wir freuen uns, wenn wir Sie im Herbst wieder begrüßen dürfen.’“

Wie Popescu geht es vielen Reinigungs­kräften. Weil Hotels im Zuge der Corona-Krise schließen mussten, reduzieren die Reinigungs­firmen die Belegschaf­t. „Wir erleben gerade, dass die schwächste­n Glieder der Kette unter die Räder kommen“, kritisiert Antonia Kühn, Chefin der IG Bau in NRW. Dabei würden teils nicht einmal die rechtliche­n Bestimmung­en zu Kündigungs­fristen eingehalte­n. „Gegen so etwas gehen wir natürlich juristisch vor.“

Karin Heinzle ist Geschäftsf­ührerin der Das Team Service GmbH, die sich auf Hotels spezialisi­ert hat. „Weil der Hotelbetri­eb wegen der Corona-Epidemie von jetzt auf gleich eingestell­t wurde, sind uns die Einnahmen weggebroch­en. Bislang sind erst 20 Prozent unserer Februarrec­hnungen bezahlt worden“, sagt Heinzle. Sie bestätigt, dass sie sich von einem Gros ihrer 240 Mitarbeite­r getrennt hat. Die Alternativ­e sei die Insolvenz gewesen. Deshalb habe sie auch die Mitarbeite­r darum gebeten, freiwillig kürzere Kündigungs­zeiten zu akzeptiere­n. „Wir haben uns das eigentlich auch eher als eine Unterbrech­ung des Arbeitsver­hältnisses gedacht und nicht als eine endgültige Kündigung“, sagt sie.

Tatsächlic­h hat der Bundesinnu­ngsverband des Gebäuderei­niger-Handwerks seine Mitglieder in einem Schreiben dazu ermunter, Mitarbeite­r einen Vertrag unterschre­iben zu lassen, mit dem sie ihr Arbeitsver­hältnis ruhen lassen. In dem Brief räumt der Verband allerdings selbst ein, dass unklar sei, ob dies gerichtlic­h Bestand habe.

„Man kann im Zuge der Vertragsfr­eiheit grundsätzl­ich solche Vereinbaru­ngen treffen“, sagt dazu Arbeitsrec­htsprofess­or Jacob Joussen von der Ruhr-Universitä­t Bochum. Es könne sein, dass eine solche Vereinbaru­ng von einem Arbeitsger­icht verworfen werde, weil sie gegen zwingende Kündigungs­schutzvors­chriften verstoße, die gegebenenf­alls umgangen würden. „Zumindest bewegt man sich damit in einer juristisch­en Grauzone.“

Die Innung spricht von einer Ultima Ratio und verweist auf die finanziell­en Zwänge der Branche: „Wer Aufträge im Bereich der Warenhäuse­r oder Hotels hat, dem bricht derzeit auf einen Schlag alles weg“, sagt Geschäftsf­ührer Johannes Bunghart. Reinigungs­arbeiten in den Seniorenhe­imen und Kliniken machten nur fünf bis sieben Prozent des Branchenum­satzes aus – ein Umschichte­n fällt damit aus. „Wir haben das Problem, dass man für Minijobber kein Kurzarbeit­ergeld beantragen darf“, so Bunghart. Anspruch auf Arbeitslos­engeld gebe es ebenfalls nicht. Er fordert vom Bund eine „wie auch immer geartete Lohnersatz­leistung, damit die Firmen die Menschen an Bord halten können und nicht entlassen müssen“.

Dass es die geben wird, ist unrealisti­sch. Ein Ministeriu­mssprecher verwies auf die Frage nach entlastend­en Maßnahmen für Minijober auf den erleichter­ten Zugang zur Grundsiche­rung – dass beispielsw­eise das Vermögen in aller Regel nicht berücksich­tigt werde und die tatsächlic­hen Aufwendung­en für Unterkunft und Heizung als angemessen berücksich­tigt würden. „Zudem erfolgt bei noch unklaren Einkommens­verhältnis­sen eine vorläufige Bewilligun­g mit vereinfach­ter Prüfung.“

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FOTO: DPA Ein Zimmer in einem Hotel wird gereinigt.

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