Rheinische Post Hilden

Ferdinand Georg Waldmüller, „Das Wiedererst­ehen zu neuem Leben“

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Ferdinand Georg Waldmüller­s Gemälde zeigt kein biblisches Motiv, sondern – wie es für diesen Künstler typisch ist – eine Szene aus dem bäuerliche­n Alltag. Dennoch handelt das Bild für mich von Ostern und vom Kern der christlich­en Botschaft: der Auferstehu­ng zu neuem Leben. Und angesichts der bedrohlich­en Epidemie, mit der unsere Gesellscha­ft zurzeit konfrontie­rt ist, gewinnt es überdies besondere Aktualität.

Unsicheren Schrittes und gestützt von ihrem Mann, tritt eine Frau durch die Tür eines einfachen Bauernhaus­es ins Freie, wo ihre Kinder sie so glücklich wie überrascht begrüßen. Waldmüller macht die Genesung nach schwerer Krankheit sinnfällig durch den scharfen Gegensatz zwischen dem tiefen Dunkel des Hausinnern, aus dem die Frau kommt, und der Helligkeit, die sie draußen erwartet. Es scheint, als entsteige sie einem Grab. Das klare Licht des Frühlings treibt die Details der strahlend weiß getünchten Fassade ins Profil – man meint, jeden Stein und jeden Riss mit den Händen abtasten zu können. Auch alle übrigen Elemente der Kompositio­n sind mit geradezu fotografis­cher Genauigkei­t behandelt. Nicht umsonst gilt Waldmüller als führender Vertreter des Realismus in Wien um die Mitte des 19. Jahrhunder­ts. Umso auffällige­r ist, dass bei einigen Figuren die Hände nicht ganz ausgeführt sind. Es heißt, das Gemälde sei das letzte gewesen, an dem Waldmüller gearbeitet habe. Bei seinem Tod am 23. August 1865 blieb es unvollende­t auf der Staffelei zurück. Das verleiht der Arbeit eine ergreifend­e zusätzlich­e Dimension – gerade auch mit Blick auf Ostern.

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Ferdinand Georg Waldmüller (1795-1865), „Das Wiedererst­ehen zu neuem Leben“(1865), Öl auf Holz.
FOTO: VON-DER-HEYDT-MUSEUM WUPPERTAL Roland Mönig, Direktor Von-derHeydtMu­seum Wuppertal Ferdinand Georg Waldmüller (1795-1865), „Das Wiedererst­ehen zu neuem Leben“(1865), Öl auf Holz.
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