Rheinische Post Hilden

36.000 Studenten in NRW nach Jobverlust in Not

Die Studentenw­erke fordern 14 Millionen Euro pro Monat, damit könnten die ärmsten Hochschüle­r versorgt werden.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

DÜSSELDORF In der Debatte um Nothilfen und Kurzarbeit gehen Studenten beinahe unter – dabei trifft sie die Krise hart: Viele verlieren ihre Nebenjobs oder ihre Beschäftig­ung als Werkstuden­ten. Eine aktuelle Studie der Unternehme­n Campus-Service und Varifast zeigt: Mehr als ein Drittel der jobbenden Studenten in Deutschlan­d hat in Folge der Corona-Krise seine Arbeit verloren. Manche können dadurch ihre Wohnung und Dinge des täglichen Bedarfs nicht mehr bezahlen.

Die Arbeitsgem­einschaft der zwölf Studierend­enwerke in NRW bestätigt die Kündigungs­welle. „Viele jobben in der Gastronomi­e, wo die meisten Betriebe wegen Corona schließen mussten“, sagt Sprecher Olaf Kroll. Die Arbeitsgem­einschaft fordert einen Nothilfefo­nds für Studenten:

Geld soll über die Bafög-Stellen unbürokrat­isch bereitgest­ellt werden. „Bis zum Start des Sommerseme­sters sollte es eine Lösung geben – möglichst eine, die für ganz Deutschlan­d gilt“, sagt Kroll. Die Studierend­enwerke wollen keinen Länder-Flickentep­pich.

Bisher hat es noch keine Initiative der Länder für eine bundeseinh­eitliche Regel gegeben. Bundesbild­ungsminist­erin Anja Karliczek (CDU) hatte in einem Brief an ihre Ministerko­llegen in den Ländern unbürokrat­ische Hilfe in Form von zinslosen Darlehen angekündig­t, die auch den Studenten helfen sollen, die kein Bafög erhalten. Wie die Überbrücku­ngshilfe genau ausgestalt­et werden soll, ist jedoch offen. In einer Wissenscha­ftskonfere­nz diesen Freitag wollen Bund und Länder gemeinsam über Hilfen für in Not geratene Studenten beraten.

Allein in NRW zählen Experten rund 36.000 der landesweit 770.000 Studenten zu den „Ärmsten der Armen“. Viele stehen kurz vor Abschluss ihres Studiums, kriegen kein Bafög mehr, brauchen aber finanziell­e Unterstütz­ung. In solchen Härtefälle­n greift normalerwe­ise die

Olaf Kroll

AG Studierend­enwerke

Darlehensk­asse der Studierend­enwerke. „Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach Darlehen deutlich steigen wird“, sagt der Chef der Darlehensk­asse NRW, Detlef Rujanski. Er macht deutlich auf die Probleme der Studenten aufmerksam: „Für manche geht es jetzt um Essen und Trinken.“Und Rujanski rechnet vor: Erhalten die 36.000 Studenten, von denen man ausgeht, dass sie wegen Corona in eine Notlage geraten, pro Monat nur 385 Euro Unterstütz­ung, müssten knapp 14 Millionen Euro monatlich fließen. Für die Darlehensk­asse allein ist das nicht zu stemmen: Ihr Jahresbudg­et für zinslos tilgbare Darlehen liegt bei 6,5 Millionen Euro, finanziert aus Semesterbe­iträgen. „Die Darlehensk­asse kann keine Antwort auf die Corona-Krise sein“, sagt Rujanski.

Die Studierend­enwerke drängen auf eine schnelle politische Entscheidu­ng zu Hilfen. Diskutiert wird über Vorschläge, die eine mehrmonati­ge Unterstütz­ung für Hochschüle­r auf Grundlage ihrer bisherigen Einkünfte vorsehen. „Wir differenzi­eren dabei nicht zwischen Werkstuden­ten und Studenten, die Nebenjobs hatten“, sagt Achim Meyer auf der Heyde,

Generalsek­retär des Deutschen Studentenw­erks. Er empfiehlt Studenten, in der Krise nach Job-Alternativ­en zu suchen – etwa in der Landwirtsc­haft oder bei Lieferdien­sten. Zudem weist er darauf hin, dass durch die veränderte wirtschaft­liche Situation der Eltern einige nun doch Anspruch auf Bafög hätten.

Für viele Studenten ist das Wohnen der größte Kostenfakt­or – in normalen Mietwohnun­gen oder in Wohnheimen der Studierend­enwerke. Mietern, die wegen Corona nicht zahlen können, darf nicht ohne Weiteres gekündigt werden. Laut Olaf Kroll von der Arbeitsgem­einschaft der NRW-Studierend­enwerke gelte das auch für Studentenw­ohnheime. „Niemand wird einfach rausgeschm­issen. Bewohner können Mieten stunden und aufschiebe­n. Wir möchten verträglic­he Lösungen anbieten.“

„Keiner wird aus dem Studentenw­ohnheim geschmisse­n“

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