Der Frühling bringt schon die erste Dürre
Seit rund vier Wochen hat es kaum geregnet. Die Stadt Viersen geht bereits dazu über, Jungbäume zu bewässern, und hat Bürger aufgerufen, beim Gießen zu helfen. Zudem steigt die Waldbrandgefahr. Entspannung ist nicht in Sicht.
VIERSEN Erst regnete es ununterbrochen, nun so gut wie gar nicht mehr. Seit Mitte März ist es nicht nur in NRW, sondern bundesweit ungewöhnlich trocken. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) verzeichnet in den vergangenen vier Wochen in NRW einen durchschnittlichen Niederschlag von null bis fünf Litern pro
Quadratmeter. Im langjährigen Mittel fallen im März aber rund 70 Liter pro Quadratmeter und im April etwa 60 Liter. „Es ist also ausgesprochen trocken“, sagt DWD-Meteorologe Malte Witt. „Und es sieht nicht so aus, als würde sich in den nächsten Tagen daran etwas ändern.“
Die Trockenheit hat Folgen: So hat die Stadt Viersen die Bürger schon jetzt um Gieß-Unterstützung gebeten. „Helfen Sie mit, gönnen Sie den Pflanzen in ihrer Nachbarschaft einen Eimer oder ein paar Gießkannen Wasser. Das Grün wird es Ihnen danken“, appellierte die Verwaltung. Die Städtischen Betriebe seien dabei, einige ihrer Fahrzeuge vom Winterdienst auf Wässerung umzurüsten. Die Jungbäume würden zuerst bewässert, dann gehe es in einer festgelegten Reihenfolge weiter. Grünanlagen im Bereich von Bäumen würden nach Möglichkeit mitbewässert. Aber die Trockenheit der letzten beiden Jahre habe gezeigt, dass die Städtischen Betriebe an die Grenzen des Machbaren kämen.
Auch die Waldbrandgefahr steigt enorm. In Bergisch-Gladbach brannte am Mittwochabend eine 4000 Quadratmeter große Waldfläche. Rund 90 Feuerwehrleute brauchten vier Stunden, um den Brand zulöschen. Die Gefährdung misst der Deutsche Wetterdienst mit zwei Index-Skalen: einem Waldbrandgefahrenindex und einem Graslandfeuerindex. Beide sind in fünf Stufen eingeteilt. Für freie Flächen mit abgestorbenem Gras zeigt die Karte in NRW hauptsächlich gelb (Stufe drei), regional aber auch orange an (Stufe vier). Während im Wald in NRW Stufe drei gilt, herrscht in Brandenburg sowie im nördlichen Sachsen-Anhalt, im östlichen Niedersachsen und am südlichsten Rand Mecklenburg-Vorpommerns Warnstufe vier. Auch der aktuelle Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums zeigt, dass vor allem der Osten Deutschlands unter einer „außergewöhnlichen Dürre“leidet. In NRW ist die Trockenheit je nach Bodentiefe „moderat“bis „schwer“.
Für den Wald ist die Trockenheit fatal. Laut dem aktuellen Waldzustandsbericht der Bundesregierung war der Anteil der Bäume mit gesunden Kronen in Deutschland noch nie so gering wie im vergangenen Jahr. Demnach sind derzeit bereits rund 180.000 Hektar Wald abgestorben. Die anhaltende Dürre habe verbreitet zum vorzeitigen Abfallen der Blätter geführt, schreibt das Thünen-Institut für Waldökosysteme in Eberswalde. „Die Perioden mit Trockenstress haben in den letzten fünf Jahren deutlich zugenommen“, sagt Nicole Wellbrock vom Thünen-Institut. Die Waldwissenschaftlerin rechnet auch für das 2020 mit keiner Besserung.
Weil in den tieferen Bodenschichten noch genug Wasser vorhanden ist, kommen die Landwirte immerhin noch gut mit der Situation zurecht. „Wir wünschen uns zwar auch Regen“, sagt Lea Piepel von der Landwirtschaftskammer NRW, „aber die Ernte ist noch nicht in Gefahr.“Die Bestände an Gerste und Weizen würden gut aussehen, auch wenn das Wachstum durch die großen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht derzeit etwas gehemmt sei. Gemüsebauern aber würden alles, was vor zwei Wochen gepflanzt wurde, wie Salat und Rhabarber, regelmäßig bewässern. Das sei aber üblich, sagt Piepel.
Entwarnung gibt es von den Wasserverbänden. Auch wenn die Pegel derzeit langsam, aber kontinuierlich sinken, vermeldet etwa der Ruhrverband in seinen Talsperren einen Füllstand von rund 95 Prozent. Ergiebige Regenfälle sind laut Meteorologe Witt allerdings nicht in Sicht. Dafür steigen die Temperaturen in den kommenden Tagen im Rheinland auf örtlich bis zu 25 Grad. Auch das, sagt Witt, sei für die Jahreszeit nicht der Normalzustand. Ob das so weitergeht, lässt sich nicht vorhersagen. Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer NRW erinnert aber an den trockenen und warmen Frühling 2017: „Danach hatten wir einen komplett verregneten Sommer.“(mit dpa)