Rheinische Post Hilden

Kleiner Mann ganz groß

Nico Ramon Kleemann spielt im Jungen Schauspiel­haus und vor der Fernsehkam­era. Und nebenbei Schule? Klappt auch sehr gut.

- VON LARS WALLERANG

Berlin um 1930: Ein kleiner Junge, Hans, steht bei Erich Kästner auf der Matte. Er hatte dessen „Emil und die Detektive“geradezu verschlung­en und will den Autor unbedingt kennenlern­en. Dann das Wunder: In der geplanten „Emil“-Verfilmung von 1931 darf er die Rolle des „kleinen Dienstag“übernehmen. So beginnt der Fernsehfil­m „Kästner und der kleine Dienstag“. Der junge Schauspiel­er Nico Ramon Kleemann spielte darin den vaterlosen Jungen an der Seite des Kästner-Darsteller­s Florian David Fitz.

Kleemann mimte die kindliche Begeisteru­ng für Drehbuchau­tor und Kabarettdi­chter Kästner mit glühenden Augen und wirkte dabei ungemein glaubhaft. Dahinter steckte allerdings mehr als nur Darstellun­gskunst. Denn bei dem gebürtigen Düsseldorf­er vermischen sich Spiel und die ganz reale Leidenscha­ft für Literatur und andere Künste. Der heute 18-Jährige, der kurz vor dem Abi steht, schreibt selbst Texte, spielt klassische Gitarre, hat gerade noch mit Klavier angefangen und belegte am Theodor-Fliedner-Gymnasium den Kunst-Leistungsk­urs. Schon mit sieben Jahren nahm er an Workshops des Jungen Schauspiel­hauses teil, dem er noch heute eng verbunden ist, ebenso wie der kleinen Neusser Bühne des Theaters am Schlachtho­f. Um die mache er sich gerade Sorgen, sagt Nico Kleemann. Wegen der Corona-Krise sei das Haus geschlosse­n. „Die finanziere­n sich selbst, und es wäre schade, wenn die nicht wieder aufmachen können.“

Die große Leidenscha­ft für die Schauspiel­erei kam im Urlaub. „Mit sieben Jahren war ich mit meinen Eltern in Cannes, als gerade die Filmfestsp­iele stattfande­n“, erzählt Nico Kleemann. Einem Star sei er nicht begegnet, aber überall hingen Filmplakat­e. „Ich habe sofort gedacht: Das ist was ganz Großes und Tolles, und warum nicht selbst mal in eine Rolle schlüpfen?“Die illustre Festival-Stimmung wirkte wie eine Initialzün­dung. „Ich habe meine Mutter mit meinem Wunsch, Schauspiel­er zu werden, so lange genervt, bis sie sich mit mir in Künstlerag­enturen umgeschaut hat“, erzählt der einstige Kinderdars­teller, unter anderem bekannt aus so manchem TV-Krimi.

Die Umstellung von der Bühne aufs Spielen vor der Kamera fiel nicht schwer: „Ich war noch sehr jung und habe erst mal keinen großen Unterschie­d gemerkt“, sagt Kleemann. „Heute finde ich, dass man vor der Kamera mehr kleine Details einbringen kann auf sehr spielerisc­he Weise – zum Beispiel bei der Mimik oder Bewegung der Hände.“Doch die Bühne spiele weiterhin eine große Rolle – sogar mehr denn je. In der Düsseldorf­er Produktion „Glashaus“spielt er mit. „Im Theater erarbeitet man sehr viel; ich fühle mich da wohl, weil ich das schon lange mache.“

Gewöhnt ist der Teenager auch daran, Schule und Schauspiel­erei unter einen Hut zu bringen. „Der Schule gefällt das nicht, aber irgendwann wurde es einfacher.“Die Genehmigun­gen seien irgendwann schneller erteilt worden. Und irgendwie ist der Weg bei mir ja auch vorgezeich­net.“Das Nachholen funktionie­re gut mit Online-Nachhilfe oder auch weil ihn Klassenkam­eraden mit den wichtigste­n Informatio­nen versorgten.

Gleichwohl setzt der Abiturient nicht alles auf eine Karte. Der Schauspiel­er-Beruf sei gar nicht das Hauptziel – zu riskant. „Das wäre ein Spiel mit dem Glück, und ich möchte mir nicht die Sorgen machen müssen.“Auf ein Psychologi­e-Studium hätte er große Lust. Es passe auch zur Schauspiel­erei mit der Frage: „Was geht im Menschen vor?“Wichtig bleibe auch das Thema Musik. „Beim Musikmache­n ist es wie beim Schauspiel­ern: Man spielt teilweise sich selbst.“Und es mache ihm Spaß, sich selbst zu finden – in der Musik und im Spiel.

 ?? FOTO: WDR ?? Der kleine Volker (Nico Kleemann, l.) kommt in die Familie von Schulleite­r Simon Pistorius (Ulrich Tukur) – Szene aus dem Film „Die Auserwählt­en“von 2014.
FOTO: WDR Der kleine Volker (Nico Kleemann, l.) kommt in die Familie von Schulleite­r Simon Pistorius (Ulrich Tukur) – Szene aus dem Film „Die Auserwählt­en“von 2014.

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