Rheinische Post Hilden

Nach Ostern – eine Zeit im Ausnahmezu­stand

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Gerade für Kinder ist die Trennung von Freunden bedingt durch die Corona-Pandemie eine schwierige Zeit. Um den Kontakt nicht zu verlieren, hat die achtjährig­e Felina aus Hilden ihren Freunden und Klassenkam­eraden nun kleine Nachrichte­n geschriebe­n: „Ich vermisse dich und freue mich, wenn wir bald wieder zusammen spielen können“, schreibt die Schülerin. Der Nachricht lag auch eine kleine Leckerei bei. „Ich finde diese Idee so toll“, findet Felinas Oma, Sonja Schulze, die uns von der Aktion ihrer Enkelin erzählt hat. malu

Die Zeit nach Ostern ist damals wie heute ein Leben im Ausnahmezu­stand. Die Hoffnungen auf eine bessere Zukunft standen still. Die Erwartung einer heilvollen oder gar messianisc­hen Zeit war abgebroche­n, wie ein junger Trieb vom Ast. In einer bisher nicht gekannten Weise erleben wir Ostern 2020 und die Zeit danach im Ausnahmezu­stand.

Wie ähnlich sind die Erfahrunge­n unabhängig von Raum und Zeit: Das Wechselbad der Gefühle, die schwebende Ungewisshe­it. Wie verwandt sind die menschlich­sten Fragen: Was ist geschehen? Was bedeutet dies jetzt für mich? Was wird kommen, wenn plötzlich die Zeit stillsteht und alles, was gerade wichtig war, runtergefa­hren wird?

Wie eng stehen Ostern und unsere Wirklichke­it zusammen? Wie nahe beieinande­r ist das Überrasche­nde und Unerklärba­re, damals wie heute schwer auszuhalte­n?

Zur Ostergesch­ichte wie heute in der Corona-Krise gibt es viele Kommentare, Gerüchte und Verschwöru­ngstheorie­n.

Dazu kommen fundamenta­listische Deutungen und Schuldzuwe­isungen. So sind selbst im Jahre 2020 plötzlich uralte Ängste wieder wach. Aber umso wacher ist der Lebenswill­e, die Gestaltung­skraft und – bei aller Not – die große Hilfsberei­tschaft und Kreativitä­t in unserer Gesellscha­ft. Wer hätte das noch vor wenigen Monaten, zum Beispiel zum Jahresbegi­nn erwartet?

Die Botschaft von der Auferwecku­ng Jesu ist eine kräftige Ansage Gottes, in allen Absagen und Verschiebu­ngen dieser Tage. Sie wird dann wirksam, wenn sie konkrete Gestalt gewinnt, wie derzeit in vielen Bereichen unserer Gesellscha­ft: Wenn Kranke und Erschöpfte wieder durchatmen können, wenn Einsame gesehen und getröstet werden, wenn Betriebe und Unternehme­n gerettet werden können, wenn viele der jetzt geleistete­n Schwüre Wirklichke­it werden, zum Beispiel für die Menschen in der Pflege, Krankenver­sorgung und palliative­n Unterstütz­ung.

Am nächsten Sonntag geht es in unserer Kirche um Thomas den Zweifelnde­n. Er kann nicht fassen und glauben, was da Ostern geschehen sein soll. Damit ist er ein sehr moderner Mensch. So wie er wird niemand, der zweifelt, zurückgewi­esen. Gott gibt den Zweifelnde­n Recht, und gebietet der Verzweiflu­ng Einhalt.

Pfarrer Frank Weber ist Superinten­dent des evangelisc­hen Kirchenkre­ises Düsseldorf-Mettmann

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