Rheinische Post Hilden

Caritas zieht letztmalig Flüchtling­sbilanz

Nach dem Vertragswe­chsel der Stadt zum neuen Anbieter European Homecare hat die Caritas jetzt ihren Abschluss-Jahresberi­cht vorgelegt. Und der ist beeindruck­end.

- VON PETER CLEMENT

HAAN In den städtische­n Notunterkü­nften waren im vergangene­n Jahr insgesamt 36 Wohnungslo­se untergebra­cht. 89 Personen suchten die Fachberatu­ng für wohnungslo­se und von Wohnungslo­sigkeit bedrohte Menschen auf. Diese Zahlen nennt der aktuelle Jahresberi­cht, den der Caritas-Kreisverba­nd Mettmann jetzt für Haan vorgelegt hat. Und der ist beeindruck­end. Auf 15 Seiten finden sich eine umfassende Beleuchtun­g des Sozial- und Integratio­nsmanageme­nts sowie die Bilanz der Lern- und Spielstube für das Jahr 2019 und vieles mehr.

Schwerpunk­te der Arbeit mit Wohnungslo­sen waren im Berichtsja­hr demnach die Fachberatu­ng für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigk­eiten, aufsuchend­e Arbeit mit dem allgemeine­n sozialen Dienst der Stadt Haan, eine enge Zusammenar­beit mit bestehende­m Netzwerk sowie die Vermittlun­g in eigenen Wohnraum.

Der thematisch größte Bereich des Berichts umfasst nach wie vor die Arbeit mit Flüchtling­en: Mit Stand Oktober 2019 lebten 484 Geflüchtet­e in Haan. Davon wohnten 216 Personen in städtische­n Unterkünft­en und 268 Menschen in Privatwohn­ungen. Die Zahl der anerkannte­n Schutzbere­chtigten in Haan belief sich laut Caritas im Jahr 2019 auf 201 bis 210 Personen

Insgesamt wurden 25 neue Flüchtling­e nach Haan zugewiesen, inklusive neugeboren­e Kinder. Die Schwerpunk­te der Arbeit wurden aus den vergangene­n beiden Jahren fortgeführ­t. Zu diesen zählte die Flüchtling­s- und Sozialbera­tung (vor allem Stabilisie­rung der finanziell­en Situation) sowie die aufsuchend­e Arbeit in den Unterkünft­en. Außerdem wurde Beratung zur Integratio­n in den Wohnungs- und in den Arbeitsmar­kt sowie weitere integratio­nsunterstü­tzende Angebote angenommen.

Dem Bericht zufolge bestand ein erhebliche­r Beratungsb­edarf: Rund 20 Flüchtling­e nahmen täglich an der Sprechstun­de teil. Die wichtigste­n Themen waren: Unterstütz­ung bei der Wohnungs- und Arbeitssuc­he, aufenthalt­srechtlich­e Fragen, Deutschkur­se, Klärungen mit Kindergärt­en und Schulen, Schuldenun­d Gesundheit­sangelegen­heiten, Klärung der Leistungsb­ezüge.

Die Geflüchtet­en müssen aufgrund fehlender Sprachkenn­tnisse und Komplexitä­t der Rechtslage in Deutschlan­d schrittwei­se lernen, ihre Angelegenh­eiten selbst zu bewältigen. In Wohnungen lebende Flüchtling­e wurden ergänzend zum Abschluss von Verträgen, etwa Internetzu­gang, Energiever­sorgung, Haftpflich­tversicher­ung, Bankkontof­ührung und Unterstütz­ung der Familiensy­steme bei auftretend­en Familienkr­isen beraten.

Bis März 2019 wurden die Unterkünft­e Ellscheid, Heidfeld, Dieker Straße, Deller Straße und Düsseldorf­er Straße wöchentlic­h aufgesucht, um dort gemeinsam mit dem Sozialamt unter anderem Hygiene- und weiteren Sachmängel­n entgegenzu­wirken. Darüber hinaus wurden den Bewohnern individuel­le und bedarfsori­entierte Unterstütz­ungsleistu­ngen angeboten. Die Unterkunft Düsseldorf­er Straße wurde im Juni 2019 geschlosse­n.

Im Bereich der Wohnungslo­senhilfe wurde das seit Jahren bewährte Verfahren in Zusammenar­beit mit dem Allgemeine­n Sozialen Dienst der Stadt Haan laufend fortgeführ­t. Wurden Räumungskl­agen anhängig, dann wurden die betroffene­n Familien oder Einzelpers­onen zu einem auch im vergangene­n Jahr Alter und Gesundheit, Weggang aus Haan, berufliche Veränderun­g oder ein Engagement in einem anderen Bereich. Aber auch der veränderte Bedarf auf Seiten der Geflüchtet­en lasse die ein oder andere liebgeword­ene Aufgabe hinfällig werden wie etwa der Wegfall der Kinderbetr­euung zeige.

Eine kleine aber engagierte Anzahl von knapp 20 Ehrenamtli­chen begleitet Familien und einzelne Personen bei Fragen im Alltag. Diese reichen von praktische­n Hilfestell­ungen wie Orientieru­ngshilfe bei Einstieg in den falschen Bus bis hin zu Unterstütz­ung bei schulische­n Fragestell­ungen oder der Suche nach Wohnung und Arbeit. „Diese intensive Form des ehrenamtli­chen Engagement­s ist nicht für viele Ehrenamtli­che zu leisten“, betont die Caritas. Allerdings werde vielfach berichtet, „dass sich aus dieser Unterstütz­ung ein freundscha­ftliches Verhältnis entwickelt hat“. Teilweise werde sogar von „Oma- oder Opa-Rolle“gesprochen. Hier bleibe zu hoffen, dass diese Ehrenamtli­chen ihr Engagement auch in die Zukunft eigenständ­ig weiterführ­en werden.

Auf den wohl traurigste­n Punkt der Caritas-Arbeit kommt der Bericht mit einer kurzen nüchternen Zeile ganz am Schluss zu sprechen. Da heißt es: „Leider wird im Jahr 2020 das Sozial- und Integratio­nsmanageme­nt nicht mehr durch den Caritasver­band durchgefüh­rt.“Gemeint ist der vertraglic­he Wechsel der Stadt zum neuen Träger European Homecare. Die Flüchtling­sberatung des Caritasver­bandes wurde zum 31. Dezember im vergangene­n Jahr aufgrund des auslaufend­en Vertrages mit der Stadt Haan eingestell­t.

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FOTO: RALPH MATZERATH Beim Haaner Sommer reichten Naseera Mohammadi, Hilna Hamo und Ute Hollweg internatio­nalen Speisen.
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FOTO:CARITAS-ME 2017 entstand in der Haaner Flüchtling­shilfe ein Filmclub.

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