Wirtschaftsverbände werden ungeduldig mit Berlin
BERLIN (mar) Die führenden Wirtschaftsverbände haben die Bundesregierung eindringlich aufgefordert, den Unternehmen schneller eine klarere Perspektive für weitere Lockerungen in der Corona-Krise zu geben. Jede weitere Woche der Verzögerung bedeute eine enorme Herausforderung für die gesamte deutsche Wirtschaft, sagte Industriepräsident Dieter Kempf nach einer Videokonferenz mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und weiteren 28 Verbänden.
Der Präsident des Deutschen Industrieund Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, berichtete, 20 Prozent der Unternehmen sahen sich schon vor 14 Tagen insolvenzgefährdet. Er gehe davon aus, dass es heute viel mehr seien. „Es wird zurzeit immer schlimmer“, so Schweitzer.
Bund und Länder hatten sich am Mittwoch auf schrittweise Lockerungen verständigt, die Kontaktbeschränkungen wurden aber bis mindestens 3. Mai verlängert. Ab
Montag sollen zunächst nur Geschäfte bis 800 Quadratmeter Größe öffnen dürfen, Gastronomie und Hotels bleiben geschlossen. Ende April wollen Bund und Länder erneut beraten, wie es weitergeht.
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Kempf, hielt das 14-Tage-Intervall für die nächsten Entscheidungen für zu lang. Er sei überzeugt, dass Gesundheitsschutz und das Wiederhochfahren der Wirtschaft „zwei Seiten derselben Medaille“ seien. Bund und Länder müssten schneller vorangehen.
Schweitzer forderte, die steuerliche Verlustverrechnung mit Gewinnen aus dem letzten Jahr schon jetzt zu ermöglichen. Dann würden die Unternehmen in der Corona-Krise nicht zusätzlich mit zu hohen Steuerzahlungen belastet. Insbesondere Gastronomie, Tourismus und Freizeitbranche hätten keine Perspektiven. Die Politik müsse einen „realitätstauglichen Fahrplan“in Richtung Normalität entwickeln.
Auch solle ein Kurzarbeitergeld für Auszubildende in Handel und Hotelbetrieben eingeführt werden. Alle, die vom Verbot der Großveranstaltungen bis Ende August betroffen seien, müssten staatliche Zuschüsse statt Kredite erhalten, denn ihre ausgefallenen Umsätze kämen nicht zurück. Auch Kempf sagte, der ausgefallene Opernbesuch werde nicht aufgeholt. Altmaier bat um Verständnis. In den nächsten Wochen will er mit der Wirtschaft einen „Pakt zum Exit“schmieden.