Wo die Generationen gemeinsam musizieren
Seit 100 Jahren besteht der Angermunder Spielmannszug. Die Musiker sorgen bei Schützenfesten für die passende Untermalung.
ANGERMUND Alles war bestens vorbereitet, schon 350 der 500 Eintrittskarten verkauft, doch wie so viele andere Veranstalter musste auch der Spielmannszug Angermund nun seinen Tanz in den Mai wegen Corona absagen. Die Schützen hatten dieses Fest geplant, da sie in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiern. Die Feier soll aber ein Jahr später nachgeholt werden. „Die Karten behalten so lange ihre Gültigkeit und wir sind dankbar, wie viele Bürger uns gut gesonnen sind und bislang die Karten nicht zurückgegeben haben“, sagt Philipp Stecher, Schriftführer des Spielmannszuges.
Dieser wurde vor 100 Jahren von 25 Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr Angermund gegründet, die zunächst noch in alten Feuerwehr-Uniformen musiziert haben. Es folgten verschiedene eigene Uniformen, die immer wieder abgeändert wurde, bis man zur heutigen Kluft, den grünen Jacketts und den schwarzen Hosen, gelangte. „Viele Musikzüge tragen Militäruniformen, aber wir nicht“, sagt Stecher. Er ist über seinen Vater zum Spielmannszug gekommen, konnte es gar nicht erwarten, dort selbst mit zehn Jahren einzutreten. Die Freude an der Musik und die gute Kameradschaft sorgten dafür, dass er dort bis heute gerne mitmischt. Ein Musikinstrument spielen oder Noten lesen konnte er, wie viele seiner Kameraden, anfangs nicht. „Das ist aber egal, denn das bekommen neue Mitglieder unter anderem im Einzelunterricht und später bei den gemeinsamen Proben beigebracht“, sagt Stecher.
Dabei können die Musiker zwischen Blasinstrumenten wie Fanfare und Flöte und Schlaginstrumenten
wie Pauke, Becken und Trommel wählen. Instrument, Uniformjacke, Hemd und Krawatte werden vom Verein gestellt, so, dass jeder ohne finanziellen Einsatz beim Spielmannszug dabei sein kann. Diesem gehören heute 65 Männer und Frauen im Alter von neun bis 68 Jahren an. Frauen wurden bereits in den 1970er Jahren aufgenommen. „Ohne diese könnten wir gar nicht mehr bestehen“, sagt der Schriftführer.
Rund 60 Märsche gehören zum Repertoire des Spielmannszuges, die jeden Montag im Schützenhaus geübt und bei zahlreichen Anlässen präsentiert werden. So ziehen die Musiker etwa beim Angermunder Schützenfest durch das Dorf, bestreiten beispielsweise Platzkonzerte und sorgen für den musikalischen Rahmen bei den Festabenden. Zudem werden sie auch von vielen befreundeten Vereinen zum Schützenfest eingeladen, treten beispielsweise in Kalkum, Lintorf oder Duisburg Rahm auf. „Im August sind wir jedes Wochenende auf Achse. Mein Lieblingsauftritt ist aber am Schützenfestsamstag, wenn wir um 16 Uhr zum Glockengeläut mit voller Mannschaft durch das Dorf ziehen und das Fest eröffnen. Das ist Gänsehaut pur“, sagt Stecher.
Er schätzt die gute Gemeinschaft der Schützenkameraden, die durch die gemeinsame Liebe zur Musik noch verstärkt wird. Um den Zusammenhalt weiter zu fördern, werden zudem gemeinsame Ausflüge unternommen. „Im Spielmannszug sind viele private Freundschaften entstanden. Das Schöne ist, dass dort unterschiedliche Generationen aufeinander treffen und sich sehr gut verstehen. Ich liebe es beispielsweise, gemeinsam mit meinem Vater zu musizieren“, sagt Stecher.