Rheinische Post Hilden

Innenstädt­e sind wieder deutlich belebt

Gut vier Wochen mussten viele Einzelhänd­ler ihre Läden wegen der Corona-Krise geschlosse­n halten. Seit Montag sind einige Beschränku­ngen gelockert.

- VON CHRISTOPH SCHMIDT UND PETER CLEMENT

HILDEN/HAAN Schlange stehen vor Ollis Fahrradstu­dio am Kronengart­en in Hilden: Michael Janssen bleibt gelassen: „Das klappt in der Regel gut. Wenn man erst mal im Laden ist, läuft das oft sogar besser als früher, finde ich.“Die Schaltung an seinem Mountainbi­ke sei defekt, erzählt der Stammkunde: „Deshalb bin ich froh, dass die Fahrradhän­dler wieder öffnen dürfen.“In zwei Meter Sicherheit­sabstand wartet auch Barbara Kroner. „Ich brauche Fahrradgri­ffe für meinen Rollator“, erzählt die Seniorin: „Im Sanitätsha­ndel bekomme ich die nicht.“

Auch Birger von Gehlen hat sein Modegeschä­ft an der Mittelstra­ße in Hilden wieder geöffnet – nach vier Wochen Zwangspaus­e. „Wir freuen uns. Ich bin gespannt, wie die Kunden reagieren.“Von Gehlen darf nur einen einzigen Kunden in den Laden lassen. Christine Winzek stört das nicht. Sie schaut sich interessie­rt die Sonderange­bote vor der Boutique an: „Ich kaufe nicht im Internet. Ich muss die Sachen sehen und anfassen können. Außerdem möchte ich ganz bewusst kleine Läden unterstütz­en.“

Diese Solidaritä­t kann von Gehlen gut gebrauchen: „März und April sind für uns wichtige Monate. Da werden viele Hochzeiten ausgericht­et. Aber das findet in diesem Jahr alles nicht statt.“Aber vielleicht im Herbst, wenn es die Covid-19-Pandemie zulässt. Während Michael Eckert mit dem Enkelkind im Kinderwage­n auf der Mittelstra­ße wartet, werfen seine Frau und seine Tochter interessie­rte Blicke in das Geschäft. „Meine Tochter sucht ein Brautkleid“, verrät ihr Vater: „Vielleicht kann man ja im August wieder normal heiraten und feiern“.

Vor der Tür der Thalia-Buchhandlu­ng steht die stellvertr­etende Filialleit­erin Fenja Völz und verteilt Einlass-Kärtchen: „Die Kunden freuen sich sichtlich, dass wir wieder geöffnet haben.“30 Kunden können sich gleichzeit­ig in dem riesigen Ladenlokal umsehen. Während der erzwungene­n Schließung sei auch das Online-Geschäft gut gelaufen, erzählt Völz: „Bücher sind gefragt. Vielleicht weil sie eine gute Gelegenhei­t sind, der Corona-Welt ein Stück weit zu entfliehen.“

„Es war furchtbar“, blickt Juwelier Jost Krevet (Mittelstra­ße) auf die Zwangspaus­e zurück: „Die Miete wird zwar gestundet, muss am Ende aber dann doch beglichen werden.“Er hat ein Schutzschi­ld an der Kasse installier­t und Desinfekti­onsmittel

bereitgest­ellt. Und die ersten Kunden sind auch wieder da. Zum Wechsel der Batterie ihrer meist hochwertig­en Uhren.

„Ich habe doch die Blauen genommen“, ruft die Kundin der stellvertr­etenden Filialleit­erin Lisa-Marie Schmidt winkend zu und verlässt sichtlich zufrieden das Geschäft von Kaulmann Schuhe am Axlerhof: „Vor fast fünf Wochen haben wir den Laden zugesperrt und uns voneinande­r verabschie­det“, erinnert sich Schmidt: „Das war ein ganz komisches Gefühl.“

Auch vor dem Computer Store Hilden am Warington-Platz hat sich eine kleine Schlange gebildet. Die Werkstatt war die ganze Zeit geöffnet. Jetzt aber auch das Ladenlokal, weil es weniger als 800 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche hat. Der weitaus größere Saturn-Markt gegenüber muss noch geschlosse­n bleiben. Manfred Sodies hat eine Drucker-Kassette erworben: „Das war ein Spontankau­f. Ich kam vorbei, sah, dass der Laden geöffnet war und bin reingegang­en. Ich kaufe lieber im Laden als im Internet.“

Andrea Nettlicki von „Spielplus“am Warrington-Platz hat den Kunden einen Liegestuhl und zwei Kinderstüh­le vor die Tür gestellt – weil sich maximal drei Kunden gleichzeit­ig in dem kleinen Laden aufhalten dürfen: „Alle Spieltisch­e sind abgeräumt, das wird den Kindern fehlen. Viele Stammkunde­n haben angerufen und gefragt, ob wir öffnen.“Jetzt hofft Andrea Nettlicki, dass sie auch tatsächlic­h kommen. „Auf dem Warrington-Platz ist viel mehr los als sonst“, sagt die Geschäftsf­rau mit einem optimistis­chen Lächeln. Der Hildener Einzelhand­el ist wieder da – und die ersten Kunden auch.

Mit der „Einkaufsme­ile“Hilden kann die Haaner Fußgängerz­one zwar nicht konkurrier­en – dennoch ist es auch hier deutlich belebter als in den vergangene­n Wochen. „Wie Weihnachte­n, nur viel disziplini­erter“, kommt Sonja Meier der erste Verkaufsta­g nach der Zwangspaus­e vor. Bei ihrem Baby- und Kinderbekl­eidungsges­chäft „Mama rockt“auf der Bahnhofstr­aße ist es schon am Vormittag richtig voll – allerdings nicht im Ladenlokal: Die Mehrheit der Kunden steht vor der Tür und wartet in angemessen­em Abstand darauf, das Geschäft betreten zu können, sobald es der Vordermann wieder verlassen hat. Vorbildlic­h: Wer keinen Mundschutz dabei hat, kauft spontan einen im Geschäft.

„Die große Mehrheit der Kunden ist wirklich sehr disziplini­ert“, lobt auch Patrick Schälte. Der Inhaber des gleichnami­gen Fisch-Feinkostge­schäftes war selber zwar nicht von Schließung betroffen, bringt als Vorsitzend­er der Aktionsgem­einschaft „Wir für Haan“aber auf den Punkt, was viele seiner Kollegen am ersten Tag der Wiedereröf­fnung empfinden: „Alle sind froh, dass es wieder losgeht.“

Innerhalb der kommenden Tage will Schälte bei den Mitglieder­n der Aktionsgem­einschaft in Erfahrung bringen, wer tatsächlic­h von der Wiedereröf­fnung profitiert und für wen sich die Lockerung vielleicht noch nicht ausgezahlt hat. Er weiß: „Der Weg zur Einkaufs-Normalität ist für viele noch ziemlich lang.“

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RP-FOTO: RALF GERAEDTS Sinnbild für die schwierige Lage des Einzelhand­els in Coronazeit­en: Die „Eilige Einkäuferi­n“in der Hildener Einkaufszo­ne trägt Mundschutz.
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RP-FOTOS (3): STEPHAN KÖHLEN Die Hildener Innenstadt ist wieder voller als in den letzten Tagen. Viele Besucher tragen Mundschutz.
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Kunden bummeln durch die Haaner Innenstadt – ein Blick über den oberen Neuen Markt in die Marktpassa­ge.
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Wie hier bei der Sparkasse gab es vielfach Zugangsbes­chränkunge­n.

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