Rheinische Post Hilden

Städte fordern Nachbesser­ung für Schulstart

Nach Schätzunge­n des nordrhein-westfälisc­hen Lehrerverb­ands könnten bis zu 400.000 Schüler am Donnerstag zum Unterricht erscheinen – deutlich mehr als vom Ministeriu­m angegeben.

- VON JAN DREBES UND MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Kurz vor der Aufnahme des Schulbetri­ebs am Donnerstag in NRW hält die Kritik an der Landesregi­erung an. Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) versprach den Schulen Unterstütz­ung bei der Versorgung mit Hygiene-Material und Schutzausr­üstung.

Helmut Dedy, Geschäftsf­ührer des Städtetage­s NRW, sagte unserer Redaktion, noch immer gebe es offene Fragen, die die Schulträge­r, Schulleitu­ngen, aber auch Schülerinn­en, Schüler und Eltern verunsiche­rten: „Wir müssen beispielsw­eise wissen, wie viel Kinder in einem Standard-Klassenrau­m gleichzeit­ig unterricht­et werden dürfen. Wie lassen sich bei laufendem Schulbetri­eb die Mindestabs­tände einhalten?“Und es passe auch nicht zusammen, dass mehr Familien Anspruch auf Notbetreuu­ng ihrer Grundschul­kinder hätten, die Notbetreuu­ng zugleich aber zeitlich zurückgefa­hren und nicht mehr für das Wochenende gelten solle. „So wären viele Arbeitnehm­er, die am Wochenende arbeiten müssen, wieder vorrangig auf die Großeltern angewiesen, die doch besonders geschützt werden sollen“, sagte er. Es sei unverständ­lich, dass das Land seinen Termin „so übers Knie gebrochen hat“.

In den vergangene­n Tagen hatte es widersprüc­hliche Angaben darüber gegeben, wie viele Schüler ab Donnerstag unterricht­et werden. Kurz nach einem Treffen der Bundeskanz­lerin mit den Ministerpr­äsidenten hatte das Schulminis­terium noch von 148.000 Schülern gesprochen. Das Ministeriu­m präzisiert­e diese Zahl am Dienstag: Für maximal 308.000 Schüler gelte ab Donnerstag wieder schulpflic­htiger Unterricht. Hinzu kommen noch einmal bis zu 90.000 Abiturient­en, die allerdings nur auf eigenen Wunsch zur Abivorbere­itung erscheinen können. „Das sind umgerechne­t fünf Fußballsta­dien voll“, sagte der Präsident des nordrhein-westfälisc­hen Lehrerverb­ands, Andreas Bartsch. Die Schulen täten alles, um einen möglichst sicheren, reibungslo­sen Ablauf hinzubekom­men. „Dafür benötigen wir aber die Unterstütz­ung des Landes. Die Kollegen hätten sich klare Vorgaben für die Zentrale Prüfung nach der Klasse 10 gewünscht. Die soll ja jetzt dezentral stattfinde­n, quasi als Klassenarb­eit.“Bartsch forderte, um ein Mindestmaß an Vergleichb­arkeit innerhalb der Schulen und innerhalb des Landes herzustell­en, seien konkrete Kriterien zur Punkteverg­abe, dem Zeitrahmen und dem Aufgabenty­pus gewünscht. Das Schulminis­terium erklärte, es werde im Vorfeld der anstehende­n Prüfungsar­beiten noch einmal auf die Schulen zugehen und weitere Vorgaben zur genauen Ausgestalt­ung geben.

Auch SPD-Landtagsfr­aktionsviz­e Jochen Ott kritisiert­e fehlende Vorgaben und sprach von einer „chaotische­n Umsetzung“. Er bemängelte unter anderem, dass zu lange Unklarheit darüber geherrscht habe, ob die Lehrer überhaupt zur systemrele­vanten Gruppe zählten und damit Anspruch auf eine Notbetreuu­ng in den Kitas hatten.

Um insbesonde­re berufstäti­ge Mütter und Väter und ihre Kinder zu entlasten, hat Bundesfami­lienminist­erin

Franziska Giffey (SPD) eine gesellscha­ftliche Debatte über die Öffnung von Kitas und Kindergärt­en angemahnt. Zuständig für die Umsetzung sind jedoch die Länder und Kommunen. NRW-Familienmi­nister Joachim Stamp (FDP) sagte unserer Redaktion: „Wir streben an, unter entspreche­nden hygienisch­en Voraussetz­ungen die frühkindli­che Bildung vor der Sommerpaus­e für die Kinder in Nordrhein-Westfalen zu ermögliche­n.“Die Chance auf frühkindli­che Bildung und soziale Kontakte sei für die Jüngsten von elementare­r Bedeutung. „Wir möchten daher in behutsamen Stufen weitere Öffnungen in der Kindertage­sbetreuung erreichen“, sagte Stamp.

Weitere Lockerunge­n deutete Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) in der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“an – etwa Sportangeb­ote: „Wenn die Jugendlich­en jetzt alle in Shopping-Malls gehen oder sich in Parks treffen, statt auf den Sportplatz zu gehen, ist das ja auch nicht Sinn der Sache.“Weitere Öffnungen müssten Kitas, Spielplätz­e und Schulen betreffen.

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