Städte fordern Nachbesserung für Schulstart
Nach Schätzungen des nordrhein-westfälischen Lehrerverbands könnten bis zu 400.000 Schüler am Donnerstag zum Unterricht erscheinen – deutlich mehr als vom Ministerium angegeben.
DÜSSELDORF Kurz vor der Aufnahme des Schulbetriebs am Donnerstag in NRW hält die Kritik an der Landesregierung an. Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) versprach den Schulen Unterstützung bei der Versorgung mit Hygiene-Material und Schutzausrüstung.
Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages NRW, sagte unserer Redaktion, noch immer gebe es offene Fragen, die die Schulträger, Schulleitungen, aber auch Schülerinnen, Schüler und Eltern verunsicherten: „Wir müssen beispielsweise wissen, wie viel Kinder in einem Standard-Klassenraum gleichzeitig unterrichtet werden dürfen. Wie lassen sich bei laufendem Schulbetrieb die Mindestabstände einhalten?“Und es passe auch nicht zusammen, dass mehr Familien Anspruch auf Notbetreuung ihrer Grundschulkinder hätten, die Notbetreuung zugleich aber zeitlich zurückgefahren und nicht mehr für das Wochenende gelten solle. „So wären viele Arbeitnehmer, die am Wochenende arbeiten müssen, wieder vorrangig auf die Großeltern angewiesen, die doch besonders geschützt werden sollen“, sagte er. Es sei unverständlich, dass das Land seinen Termin „so übers Knie gebrochen hat“.
In den vergangenen Tagen hatte es widersprüchliche Angaben darüber gegeben, wie viele Schüler ab Donnerstag unterrichtet werden. Kurz nach einem Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten hatte das Schulministerium noch von 148.000 Schülern gesprochen. Das Ministerium präzisierte diese Zahl am Dienstag: Für maximal 308.000 Schüler gelte ab Donnerstag wieder schulpflichtiger Unterricht. Hinzu kommen noch einmal bis zu 90.000 Abiturienten, die allerdings nur auf eigenen Wunsch zur Abivorbereitung erscheinen können. „Das sind umgerechnet fünf Fußballstadien voll“, sagte der Präsident des nordrhein-westfälischen Lehrerverbands, Andreas Bartsch. Die Schulen täten alles, um einen möglichst sicheren, reibungslosen Ablauf hinzubekommen. „Dafür benötigen wir aber die Unterstützung des Landes. Die Kollegen hätten sich klare Vorgaben für die Zentrale Prüfung nach der Klasse 10 gewünscht. Die soll ja jetzt dezentral stattfinden, quasi als Klassenarbeit.“Bartsch forderte, um ein Mindestmaß an Vergleichbarkeit innerhalb der Schulen und innerhalb des Landes herzustellen, seien konkrete Kriterien zur Punktevergabe, dem Zeitrahmen und dem Aufgabentypus gewünscht. Das Schulministerium erklärte, es werde im Vorfeld der anstehenden Prüfungsarbeiten noch einmal auf die Schulen zugehen und weitere Vorgaben zur genauen Ausgestaltung geben.
Auch SPD-Landtagsfraktionsvize Jochen Ott kritisierte fehlende Vorgaben und sprach von einer „chaotischen Umsetzung“. Er bemängelte unter anderem, dass zu lange Unklarheit darüber geherrscht habe, ob die Lehrer überhaupt zur systemrelevanten Gruppe zählten und damit Anspruch auf eine Notbetreuung in den Kitas hatten.
Um insbesondere berufstätige Mütter und Väter und ihre Kinder zu entlasten, hat Bundesfamilienministerin
Franziska Giffey (SPD) eine gesellschaftliche Debatte über die Öffnung von Kitas und Kindergärten angemahnt. Zuständig für die Umsetzung sind jedoch die Länder und Kommunen. NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) sagte unserer Redaktion: „Wir streben an, unter entsprechenden hygienischen Voraussetzungen die frühkindliche Bildung vor der Sommerpause für die Kinder in Nordrhein-Westfalen zu ermöglichen.“Die Chance auf frühkindliche Bildung und soziale Kontakte sei für die Jüngsten von elementarer Bedeutung. „Wir möchten daher in behutsamen Stufen weitere Öffnungen in der Kindertagesbetreuung erreichen“, sagte Stamp.
Weitere Lockerungen deutete Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“an – etwa Sportangebote: „Wenn die Jugendlichen jetzt alle in Shopping-Malls gehen oder sich in Parks treffen, statt auf den Sportplatz zu gehen, ist das ja auch nicht Sinn der Sache.“Weitere Öffnungen müssten Kitas, Spielplätze und Schulen betreffen.