Rheinische Post Hilden

Lockerunge­n auf wackeliger Basis

NRW treibt den Exit voran – dabei hat sich die Lage nicht nachhaltig verbessert.

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So langsam läppern sich die Lockerunge­n. Nordrhein-Westfalen macht viel mehr möglich, als nach der Bund-Länder-Konferenz zunächst zu vermuten war: Möbelhäuse­r und Babyfachmä­rkte dürfen öffnen, auch wenn sie mehr als 800 Quadratmet­er Grundfläch­e haben. Schulen holen Abschlussp­rüflinge verpflicht­end in die Klassen, mehrere Hunderttau­send an der Zahl.

Und selbst Geisterspi­ele in der Fußball-Bundesliga scheinen ab dem 9. Mai wieder möglich. Kein Wunder, dass die Kanzlerin von „Öffnungsdi­skussionso­rgien“spricht.

Aber was genau ist eigentlich der Anlass für die vielen Erleichter­ungen?

Was hat sich in medizinisc­her Hinsicht geändert im Vergleich zu der Situation vor fast vier Wochen, als das Kontaktver­bot erstmals verhängt wurde? Damals wie heute haben wir kein wirksames Medikament gegen das Virus und keinen Impfstoff. Wir haben keine Tracking-App, wie sie etwa Südkorea wertvolle Dienste bei der Bekämpfung des Coronaviru­s leistet. Und wir sind auch weit davon entfernt, die Infektions­ketten zurückverf­olgen zu können. Wir haben nicht einmal ausreichen­d Schutzmask­en, um das Ansteckung­srisiko zu verringern.

Sicher, dank der strikten Kontaktspe­rre ist es binnen kurzer Zeit gelungen, die zuvor exponentie­lle Verbreitun­g einzudämme­n: Ein Corona-Infizierte­r steckt laut Roland-Koch-Institut im Durchschni­tt statistisc­h betrachtet aktuell weniger als einen anderen Menschen an. Auch ist die Zahl der Beatmungsp­lätze auf den Intensivst­ationen der Krankenhäu­ser etwas erhöht worden.

Dieser Erfolg jedoch kann genauso schnell wieder verloren gehen, wie er errungen wurde. Es sei denn, die Menschen verhalten sich vernünftig­er, als es ihnen viele Politiker neuerdings wieder erlauben.

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