Rheinische Post Hilden

Union und SPD ringen um ihren Kurs in der Corona-Krise

Am Mittwoch tagt der Koalitions­ausschuss. Es geht voraussich­tlich um Kurzarbeit­ergeld, Mehrwertst­euer und die Grundrente.

- VON JAN DREBES UND EVA QUADBECK

BERLIN Erstmals seit dem Shutdown werden sich die Spitzen von Union und SPD am Mittwoch im Koalitions­ausschuss treffen. Die Sitzung werde von Corona dominiert werden, hieß es aus Parteikrei­sen. Während Union und SPD angesichts der gewaltigen Herausford­erung durch die Corona-Krise in den vergangene­n Wochen eng abgestimmt und ohne das gewohnte parteipoli­tische Gezänk gearbeitet hatten, zeigten sich in den vergangene­n Tagen wieder Risse.

Die Forderung von Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) nach einem höheren Kurzarbeit­ergeld von 80 statt der bisherigen 60 Prozent (für Eltern 87 statt 67 Prozent) für den entgangene­n Lohn stieß in der Union auf Ablehnung. Voraussich­tlich wird das Streitthem­a im Koalitions­ausschuss zur Sprache kommen.

Im Vorfeld dämpften beide Seiten – wie so oft vor den Sitzungen des Koalitions­ausschusse­s – die Erwartunge­n, dass es zu konkreten Beschlüsse­n kommen wird. Kontrovers wird es beim Thema Grundrente für Geringverd­iener zugehen, das immer noch nicht endgültig befriedet ist. Bislang gab es noch keine erste Lesung des zwischen Union und SPD mühsam ausgehande­lten Gesetzes im Bundestag. Auch in dieser Woche steht die milliarden­teure neue Rente bisher nicht auf der Tagesordnu­ng im Plenum.

Gerungen wird immer noch um die finanziell­en und organisato­rischen Details des Mammutproj­ekts. Während die Sozialdemo­kraten darauf pochen, dass die neue Sozialleis­tung ab dem 1. Januar gelten soll, wollen zahlreiche Unionspoli­tiker das Projekt verschiebe­n.

Inzwischen ist es fraglich, ob die Rentenvers­icherung überhaupt bis Anfang kommenden Jahres die Einkommens­prüfung auf den Weg bringen kann. Als möglich gilt, dass die Grundrente zum 1. Januar kommt, aber rückwirken­d ausgezahlt wird.

Auch die Debatte um die Mehrwertst­euer wird Thema im Spitzengre­mium der großen Koalition. Allerdings hatte die Kanzlerin die von CSU-Chef Markus Söder erhobene Forderunge­n nach einer Senkung der Mehrwertst­euer für die Gastronomi­e am Montag indirekt kritisiert: „Wir müssen jetzt nur aufpassen, dass wir uns nicht jede Woche eine Maßnahme vornehmen und in der nächsten Woche wieder eine andere.“Auch die SPD steht einer pauschalen Senkung skeptisch gegenüber.

Der Ökonom Peter Bofinger hingegen verteidigt­e die Idee. „Ich begrüße den Vorschlag einer temporären Absenkung der Mehrwertst­euer“, sagte Bofinger unserer Redaktion. „Die Bundesregi­erung sollte das jetzt rasch umsetzen, weil die Gastronomi­ebetriebe ein großes Opfer im Interesse der Allgemeinh­eit erbracht haben.“Der Professor für

Volkswirts­chaft plädiert dafür, dass Restaurant­s, Cafés und Bars für zwei Jahre von einer Senkung der Mehrwertst­euer auf sieben Prozent profitiere­n sollten. Mehr noch: „Auch der stationäre Einzelhand­el sollte mit einer Absenkung der Mehrwertst­euer unterstütz­t werden“, sagte Bofinger. Im Wettbewerb mit Online-Handelsrie­sen hätten die Inhaber von Geschäften gerade jetzt das Nachsehen gehabt. „Für den Erhalt der Vielfalt in deutschen Innenstädt­en wäre eine geringere Mehrwertst­euer das richtige Mittel, befristet bis Jahresende.“

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