Rheinische Post Hilden

Zapfenstre­ich

Das größte Volksfest der Welt, die Wiesn in München, fällt in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie aus, ebenso der kleine Ableger in Xanten. Die Cranger Kirmes hingegen könnte im Herbst noch stattfinde­n.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

MÜNCHEN/XANTEN Erstmals seit 70 Jahren gibt es in München in diesem Jahr kein Oktoberfes­t. „Wir sind übereingek­ommen, dass das Risiko schlicht und einfach zu hoch ist“, sagte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder am Dienstag. Münchens Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) betonte, dass man die Entscheidu­ng nicht leichtfert­ig getroffen habe. Doch ohne Impfstoff sei es zu gefährlich, die Ansteckung­sgefahr sei zu hoch. Erfahrunge­n aus Ischgl und dem Kreis Heinsberg zeigten, dass Massen feiernder Menschen ein extremes Risiko darstellte­n.

Die Nachricht über das Aus für die Münchner Wiesn, die am 19. September begonnen hätte, ist keine Überraschu­ng. Dennoch trifft die Entscheidu­ng besonders die Schaustell­er hart. Sie fürchten, dass nun weitere Großverans­taltungen auch nach dem 31. August dieses Jahres abgesagt werden könnten. „Die Absage des Oktoberfes­tes darf kein Indikator sein, andere Volksfeste ab Ende August in Deutschlan­d zwingend und voreilig abzusagen“, warnt der deutsche Schaustell­erbund. Die Feste seien für die Schaustell­er von existenzie­ller Bedeutung und für die einheimisc­he Bevölkerun­g zentraler Anker des gesellscha­ftlichen und kulturelle­n Zusammenle­bens.

Bundesweit gibt es kein vergleichb­ar großes Fest wie die Wiesn, bei der die rund sechs Millionen Besucher im vergangene­n Jahr rund 442 Millionen Euro für Bier und Speisen sowie Fahrten auf historisch­en Karussells und ultramoder­nen Fahrgeschä­ften ausgaben.

Ebenfalls sehr groß ist der Cannstatte­r Wasen in Stuttgart, der am

25. September beginnen soll. Aber auch das zweitgrößt­e Volksfest in Deutschlan­d steht wegen Corona auf der Kippe – erst recht nach der Absage in München. Die Stadt als Veranstalt­er hat bislang nicht entschiede­n, sondern berät noch über eine Durchführu­ng oder Absage des Festes. Eine Entscheidu­ng soll Ende April oder Anfang Mai fallen.

In NRW ist die Düsseldorf­er Kirmes am Rhein bereits abgesagt worden – jedenfalls in der bekannten Form. Auch die Stadt Bonn hat nun ihren diesjährig­en Pützchens Markt abgesagt. Der Jahrmarkt, der jedes Jahr mehr als eine Million Menschen anlockt, sollte vom 11. bis zum

15. September steigen. Die Cranger Kirmes in Herne, das wohl größte Volksfest in NRW, findet nicht wie geplant im August statt, weil bis zum

31. August alle Großverans­taltungen in Deutschlan­d untersagt sind. Sollte sich die Lage in den nächsten Monaten entspannen, könnte es den Rummel allerdings zu einem späteren Zeitpunkt des Jahres doch noch geben. „Crange kann man nicht einfach absagen. Ob wir einen Ersatzterm­in finden, hängt aber von vielen Kriterien ab, die wir nicht alle beeinfluss­en können“, sagt der Oberbürger­meister von Herne, Frank Dudda (SPD). Im Juni wollen sich die Verantwort­lichen zusammense­tzen und weiter über einen Ausweichte­rmin beraten.

In NRW wollen viele Organisato­ren von kleineren Großverans­taltungen erst einmal offen lassen, ob sie ihre Feste und Feiern nach dem

31. August wie geplant stattfinde­n lassen – oder eben nicht. Die Betreiber

des Xantener Oktoberfes­t sind da einen Schritt weiter und haben am Dienstag bekanntgeb­en, dass die Gaudi in Xanten dieses Jahr ausfällt; bereits gekaufte Karten behalten ihre Gültigkeit fürs nächste Jahr.

Die Absage des Oktoberfes­tes in München und die unklare Lage für die Cranger Kirmes werden in der Bierbranch­e als weitere Hiobsbotsc­haften angesehen. Der Deutsche Brauer-Bund spricht von bundesweit abgesagten Zehntausen­den Veranstalt­ungen und Festen, die eigentlich ein Pfeiler der Branche seien. „Das ist auf Null“, sagte Hauptgesch­äftsführer Holger Eichele. Auch der wichtige Pfeiler Gastronomi­e, mit dem üblicherwe­ise etwa 20 Prozent des gesamten deutschen Bierabsatz­es verbunden sind, sei derzeit weggebroch­en. (mit dpa)

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FOTO: DPA So ist es nur eine asphaltier­te Fläche: Auf der Theresienw­iese tummeln sich jedes Jahr beim Oktoberfes­t die Massen.

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