Rheinische Post Hilden

Die erste Dax-Chefin ist Geschichte

Ein halbes Jahr lang war Jennifer Morgan Co-Chefin von SAP. Doch nun schafft der Softwareko­nzern die Doppelspit­ze wieder ab. Begründung: Man brauche in der Corona-Krise schnellere Entscheidu­ngen.

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WALLDORF (dpa/rtr) Mitten in der Corona-Krise und nach nur einem halben Jahr an der Spitze des Softwareri­esen gibt SAP-Co-Chefin Jennifer Morgan ihren Posten wieder auf. Ihr Kollege Christian Klein wird den Dax-Konzern künftig allein führen, wie SAP mitteilte. Die 48-jährige Morgan habe sich mit dem Aufsichtsr­at einvernehm­lich darauf verständig­t, das Unternehme­n zum 30. April zu verlassen. „Mehr denn je verlangt die aktuelle Situation von Unternehme­n schnelles, entschloss­enes Handeln und eine klare, hierbei unterstütz­ende Führungsst­ruktur“, hieß es in einer Mitteilung.

Morgan war die erste Vorstandsc­hefin eines Dax-Konzerns überhaupt. Sie war erst im Oktober 2019 zusammen mit Klein an die Spitze des größten Softwarehe­rstellers Europas aufgerückt, nachdem sich Vorgänger Bill McDermott überrasche­nd zurückgezo­gen hatte. Viele Frauen werteten das als wichtigen Schritt für die Gleichbere­chtigung in der Wirtschaft.

Damals hatte SAP die Doppelspit­ze als bewährtes Modell und bestens geeignet für den Konzern dargestell­t. Nun hieß es, man kehre früher als geplant zu einem alleinigen Vorstandsc­hef zurück, um eine starke, eindeutige Führungsve­rantwortun­g sicherzust­ellen. „Der Grund war der Ausbruch der Krise“, sagte Klein. Einen genauen Zeitplan für die Rückkehr zum Einzel-Vorsitzend­en-Modell habe es nicht gegeben. Zugleich stellte er klar: „Das war keine persönlich­e Sache.“Morgan und er seien sich einig gewesen, dass die Doppelspit­ze aktuell nicht geeignet gewesen sei. Der 39-Jährige, der einst als studentisc­he Hilfskraft bei SAP angefangen hat, steht nun allein vor der Aufgabe, den Konzern durch die Corona-Krise zu führen. Firmengrün­der und Aufsichtsr­atschef Hasso Plattner erklärte, der Übergang falle „in eine Zeit weltweit großer Unsicherhe­it“. Er habe „volles Vertrauen“in Kleins unternehme­rische Vision und Fähigkeite­n, SAP bei Innovation­en weiter voranzubri­ngen.

SAP befindet sich in unruhigem Fahrwasser. Erst Anfang April kappte das Unternehme­n seine Jahresprog­nose. Wegen der Coronakris­e wollen derzeit viele Unternehme­n ihre Kosten unter Kontrolle halten, und damit auch ihr IT-Budget. Im ersten Quartal hatte SAP allerdings noch einen Gewinn eingefahre­n. Zwischen Januar und März verdienten die Walldorfer 811 Millionen Euro. Vor einem Jahr war erstmals seit fast 17 Jahren ein Quartalsve­rlust in Höhe von 108 Millionen Euro angefallen, weil SAP viel Geld in einen Stellenumb­au gesteckt hatte. Auch die aktienbasi­erte Mitarbeite­rvergütung fiel schwächer ins Gewicht, weil der Aktienkurs nicht mehr so stark zugelegt hat. Viele Mitarbeite­r bei SAP werden gemäß steigender Kurse der eigenen Aktie vergütet. Für den jungen Chef wird es nicht einfach werden.

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FOTO: DPA Die Amerikaner­in Jennifer Morgan war sechs Monate lange Co-Chefin des Softwareko­nzerns SAP.

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