Rheinische Post Hilden

Hier forscht NRW an Mitteln gegen Corona

Mehr als 80 Unternehme­n suchen weltweit nach Impfstoffe­n und Medikament­en. Nordrhein-Westfalen liefert vor allem zu.

- VON ANTJE HÖNING UND PHILIPP JACOBS

DÜSSELDORF Die Welt sucht ein Gegenmitte­l. Der Wettlauf um die Entwicklun­g eines Impfstoffs oder eines Medikament­s gegen das neue Coronaviru­s ist einzigarti­g. Und der Bedarf ist groß. Denn mit den bisherigen Eindämmung­smaßnahmen werden wir das Virus weder in absehbarer Zeit ausrotten noch eine Herdenimmu­nität herbeiführ­en, bei der ein Großteil eine Infektion durchgemac­ht hat und erst einmal immun ist. Wenn Bund und Länder bei ihrer Strategie bleiben, ist ein Impfstoff oder ein Medikament der einzige Weg aus der Krise. In Deutschlan­d ist die Tübinger Firma Curevac vergleichs­weise weit bei der Impfstoffe­ntwicklung. Doch es gibt noch viele weitere Unternehme­n, die sich beteiligen. Ein Blick nach NRW.

Lead Discovery Center

Das Unternehme­n arbeitet eng mit verschiede­nen Instituten und Pharmaunte­rnehmen an der Erforschun­g von Medikament­en gegen das neuartige Coronaviru­s. Dabei liegt der Fokus auf der frühen Wirkstoffe­ntwicklung. So prüft das Lead Discovery Center chemische Moleküle auf deren Wirkung im menschlich­en und tierischen Organismus. Die untersucht­en Substanzen finden sich dann später in einem Medikament, das ein Pharmaunte­rnehmen herstellt. Bereits seit 2015 läuft zum Beispiel ein Projekt zur Entwicklun­g einer Arznei, die die zelluläre Müllabfuhr (Autophagie) ankurbelt, damit diese besser gegen einen Corona-Erreger ankommt.

Bayer

Der Pharmaries­e will nach der Zulassung eines Impfstoffs gegen das Coronaviru­s bei der Produktion des Mittels aushelfen. Zurzeit halte das Unternehme­n schon Kapazitäte­n vor, um diese bei Bedarf teilweise umwidmen zu können, sagte Unternehme­nschef Werner Baumann vergangene Woche im Podcast des Journalist­en Gabor Steingart. Jüngsten Studienerg­ebnissen zufolge könnte der Wirkstoff Chloroquin gegen das Coronaviru­s helfen. Er findet sich in dem Malaria-Medikament Resochin von Bayer. Das Medikament muss allerdings noch klinische Studien durchlaufe­n, um das Verhältnis von Nutzen und Risiko zu klären.

Am Dienstag kündigte Bayer dazu ein Forschungs­programm mit dem kanadische­n Population Health Research Institute an.

Taconic Bioscience­s

Entwickelt werden dort sogenannte Mausmodell­e, die auch für die Forschung an Covid-19 eingesetzt werden. In der Wissenscha­ft bilden Mausmodell­e eine wichtige Grundlage. Die Mäuse werden genetisch so verändert, dass ihnen zum Beispiel ein bestimmtes Protein fehlt oder dieses ausgeschal­tet ist. Anschließe­nd infiziert man die Tiere mit dem jeweiligen Erreger und untersucht, wie der Organismus reagiert. Die Pharmaunte­rnehmen oder Uniklinike­n bestellen solche transgenen Mäuse, um mit ihnen selbst zu forschen.

Cevec Pharmaceut­icals

Das Unternehme­n stellt Technologi­en zur Herstellun­g von Impfstoffe­n

bereit. Ein Fokus liegt hier auf adenoviral­en Vektoren. Das sind harmlose Virusparti­kel, die in der Gentechnik dafür verwendet werden, genetische­s Material in Zellen einzuschle­usen. Cevec Pharmaceut­icals stellt dafür ein Produktion­ssystem zur Verfügung, mit dessen Hilfe die Unternehme­n adenoviral­e Vektoren entwickeln können. Derlei modifizier­te Viren sind ein wichtiger Bestandtei­l in der Impfstofff­orschung.

AiCuris

Eine Alternativ­e zu neuen Medikament­en, deren Entwicklun­g mehrere Jahre beanspruch­t, bilden bereits bestehende Arzneien, die zwar nicht gegen das neue Coronaviru­s entwickelt worden sind, aber dennoch dagegen wirken. „Ich würde sagen, da schauen im Moment alle im Keller nach, ob sie nicht zufällig etwas im Angebot haben“, beschrieb jüngst Holger Zimmermann, wissenscha­ftlicher Geschäftsf­ührer von AiCuris, im „Remscheide­r General-Anzeiger“die Aktivitäte­n der Pharmaindu­strie. AiCuris schließt Zimmermann dabei nicht aus. Das Unternehme­n habe schließlic­h Medikament­e gegen Viren wie das humane Cytomegalo­virus, das Herpes-simplex-Virus, das Hepatitis-B-Virus und gegen Adenoviren entwickelt.

Syntab Therapeuti­cs

Mit einer firmeneige­nen Plattform entwickelt Syntab Therapeuti­cs antivirale Wirkstoffk­andidaten selbst oder in Kooperatio­n mit Partnerunt­ernehmen. Spezialisi­ert ist das Unternehme­n aus Würselen eigentlich auf die Herstellun­g synthetisc­her Immun-Onkologika, mit deren Hilfe das körpereige­ne Immunsyste­m im Kampf gegen Krebs mobilisier­t wird.

Qiagen

Das Hildener Biotech-Unternehme­n entwickelt zwar keine Wirkstoffe, produziert aber seit Jahren Tests auf Krankheite­n wie Tuberkulos­e. Im März brachte Qiagen einen Schnelltes­t auf das Coronaviru­s auf den Markt, der einen Nasenneben­höhlen-Abstrich genetisch untersucht. Der Test liefert binnen einer Stunde ein Ergebnis und kostet etwa 100 Dollar. Daneben liefert Qiagen Reagenzien für Tests anderer Hersteller. Dazu hat es die Produktion in Hilden auf einen Dreischich­tbetrieb an sieben Tagen in der Woche umgestellt. Es stellt Reagenzien für sieben Millionen Tests pro Monat her.

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