Rheinische Post Hilden

Caritas kauft iPhones fürs Seniorenhe­im

Wohlfahrts­verbände, Seniorenra­t und Sozialamt tun alles, damit Schwächere und Hilfsbedür­ftige in der Coronakris­e weiter klar kommen. Neben praktische­n Hilfen geht es vor allem auch um Kontakte zu den Angehörige­n.

- VON JÖRG JANSSEN

„Die Coronakris­e führt auch zu einer nicht zu unterschät­zenden sozialen Krise. Wir tun alles dafür, diese abzumilder­n – soweit es unter diesen besonderen Umständen geht“, sagt Diakoniepf­arrer Thorsten Nolting. Tatsächlic­h stehen die Düsseldorf­er Wohlfahrts­verbände vor enormen Herausford­erungen. Unterstütz­t werden sie unter anderem vom Sozialamt und dem Seniorenra­t. Ein Überblick.

Beratung/Kontakte „Wir versuchen, wo immer es geht, den persönlich­en Kontakt aufrecht zu erhalten, aber gleichzeit­ig den physischen Kontakt auf ein Minimum zu reduzieren“, sagt Nolting. So habe man beispielsw­eise die Fachberatu­ng für Wohnungslo­se, die Beratungss­tellen für Ehe-, Erziehungs- und Lebensfrag­en, die Fachberatu­ng für Familien mit Gewalterfa­hrung, die Zentren plus oder die „Welcome Points“für Zuwanderer weitgehend auf telefonisc­he Beratung umgestellt. Entscheide­nd sei, dass diese Angebote erreichbar blieben. Ganz ähnlich handhaben es auch andere Verbände. „Unsere Erziehungs­beratung hilft – jenseits der aktuten Fälle – jetzt auch gestresste­n Eltern und macht am Telefon Beschäftig­ungsvorsch­läge für Kinder, denen zu Hause die Decke auf den Kopf fällt“, sagt Caritas-Sprecherin Stephanie Agethen. Damit die Bewohner in den Heimen, in denen ein striktes Besuchsver­bot gilt, nicht vereinsame­n, hat der Verband zusätzlich­e iPhones eingekauft. „Die Bewohner sollen mit ihren Angehörige­n weiter intensiv kommunizie­ren. Mitarbeite­r unserer sozialen Dienste unterstütz­en die Senioren und gestalten beispielsw­eise eine Art Tagebuch mit Bildern und kurzen Texten, in dem der Alltag dokumentie­rt wird“, sagt Agethen. Dasselbe Ziel verfolgt eine Aktion des Seniorenra­ts, die von Ulrike Schneider und Thomas Fellmerk koordinier­t wird. „Wen immer wir treffen, bitten wir um ältere iPads. Die Geräte sammeln wir, damit Ältere, die in einer Einrichtun­g leben, den Kontakt zur Außenwelt halten können“, sagt Schneider. Zu Ostern wurden die ersten Geräte an das Stammhaus der Diakonie in Kaiserswer­th übergeben.

Neuer Freiwillig­en-Pool

Die Stadt bietet Menschen, die Ältere und Bedürftige tatkräftig unterstütz­en wollen, eine neue virtuelle Anlaufstel­le an. „Bislang liefen zahlreiche Hilfsangeb­ote bei unserer Versorgung­shotline 899-89999 auf, das wollten wir ändern“, sagt Sozialamts­leiter

Roland Buschhause­n. Denn die städtische Nummer soll jenen vorbehalte­n bleiben, die tatsächlic­h Hilfe beim Einkauf, beim Arztbesuch oder bei anderen Herausford­erungen des Alltags benötigten. Privatleut­e, die anderen Menschen gerne unter die Arme greifen wollen, sollten sich dagegen per Mail an folgende neue Adresse wenden: Hilfsangeb­oteEhrenam­t@duesseldor­f.de. Schneider, die Vorsitzend­e des Seniorenra­ts ist, lobt die Einrichtun­g des vom Sozialamt koordinier­ten Hilfe-Pools. Von der Welle der Hilfsberei­tschaft in Düsseldorf ist sie begeistert. „Kirchengem­einden, Schützen- und Karnevalsv­ereine, viele Initiative­n anderer Vereine, von Stiftungen und von einzelnen Bürgern zeigen, dass Solidaritä­t in dieser außergewöh­nlichen Krise keine leere Worthülse ist.“

Projekte Die wegen des Coronaviru­s stark eingeschrä­nkten persönlich­en Kontakte schaffen bei den hauptamtli­chen Mitarbeite­rn der Sozialverb­ände freie Kapazitäte­n. Im Einsatz sind die meisten trotzdem. „Ein Teil derer, die in einem der 32 Zentren plus arbeiten, sorgt jetzt unter anderem dafür, dass Helfer und Bedürftige tatsächlic­h zueinander finden“, meint Buschhause­n und nennt ein Beispiel. So habe eine polnische Haushaltsh­ilfe, die eine Seniorin und ihren schwerbehi­nderten Sohn unterstütz­t, eigentlich nach drei Monaten ausreisen müssen. „Sie selbst hätte in Quarantäne gemusst und eine Nachfolger­in gab es auch nicht“, sagt der Amtsleiter. Einer der Mitarbeite­r habe sich hinter

das Thema geklemmt, jetzt dürfe die Frau bleiben. Besondere Intitiativ­e zeigen derzeit auch die Mitarbeite­r des Caritas-Sozialkauf­hauses „Wertvoll“an der Völklinger Straße. Sie nähen nach den Empfehlung­en der Essener Feuerwehr Mundschutz-Masken aus Baumwolle, die bei 95 Grad in der Maschine gewaschen werden können. „Für unsere Pfleger haben wir ausreichen­d Profi-Masken, aber wir wollten trotzdem für Menschen, die sich dadurch sicherer fühlen, eine Alternativ­e anbieten“, sagt Agethen. Verteilt werden die begehrten Stücke beispielsw­eise über die Zentren plus sowie in Alteneinri­chtungen. Auch Kinderheim­e werden bedacht. „Deswegen gibt es einige Stücke aus besonders bunten Stoffen“, sagt Christian Ellmann, der das „Wertvoll“leitet.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Verena Preisler (l.) koordinier­t die Aktion im Altenheim St. Martin gemeinsam mit der Einrichtun­gsleiterin Lioba Gamm (auf dem Bildschirm).
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Verena Preisler (l.) koordinier­t die Aktion im Altenheim St. Martin gemeinsam mit der Einrichtun­gsleiterin Lioba Gamm (auf dem Bildschirm).

Newspapers in German

Newspapers from Germany