Rheinische Post Hilden

Start-up entwickelt Quarantäne-Assistente­n

Das Düsseldorf­er Unternehme­n d.med works bietet eine digitale Lösung an, die Gesundheit­sämtern in der Corona-Krise helfen soll.

- VON PATRICK SCHERER

DÜSSELDORF Rund 200 Menschen befinden sich in Düsseldorf derzeit in häuslicher Corona-Quarantäne. Während der zweiwöchig­en Inkubation­szeit ist es die Aufgabe des Gesundheit­samtes, sich einmal am Tag bei den Leuten in Quarantäne nach dem aktuellen Gesundheit­szustand zu erkundigen. Das sind somit 200 Anrufe am Tag. Das verbraucht reichlich Personal, viel Zeit und kostet Geld. Ein Düsseldorf­er Unternehme­n hat nun eine digitale Lösung für diese Mammutaufg­abe entwickelt und steht mit interessie­rten Gesundheit­sämtern in ganz Deutschlan­d in Kontakt.

Anfang 2019 haben Frederik Sterthoff und Benedikt Heck die Firma d.med works mit Sitz im Medienhafe­n gegründet. Das Unternehme­n entwickelt vor allem digitale Lösungen für den medizinisc­hen Bereich von öffentlich­en Behörden. Das augenschei­nlichste Produkt ist die Webseite behoerdena­rzt.de, das medizinisc­hes Fachperson­al für behördlich­e Einsätze vermittelt.

Momentan steht ihre Arbeit natürlich ganz im Zeichen der Corona-Krise. „Wir haben uns sehr früh mit diesem Thema beschäftig­t und uns war klar, dass die Gesundheit­sämter viel Bedarf an medizinisc­hem Personal und digitalen Lösungen haben werden“, sagt Heck, der selbst Facharzt für Unfallchir­urgie ist.

Für den ersten Teil haben die beiden Unternehme­r ihre Webseite genutzt, um neben Fachperson­al auch Medizinstu­denten zu vermitteln. Mehr als 100 Studierend­e der Human-, Zahn- und Veterinärm­edizin sowie der Pharmazie haben sich gemeldet, um die Gesundheit­sämter in den Regionen Oberhausen, Solingen und Rhein-Erft zu unterstütz­en. Es gibt mittlerwei­le Warteliste­n. Die Zusammenar­beit mit weiteren Städten und Kommunen soll folgen.

Für den zweiten Teil hat d.med works zusammen mit Entwickler­n eines weiteren Start-up-Unternehme­ns, Convaise aus München, ein interessan­tes Produkt entwickelt: den Quarantäne-Assistente­n. Er soll helfen, die eingangs beschriebe­ne Problemste­llung für Gesundheit­sämter teilweise zu lösen. „Mit dem Tool können die Personen, die in Quarantäne sind, ihren Gesundheit­szustand dem Gesundheit­samt melden“, erklärt Heck. Und da jedes Gesundheit­samt von der Bundesregi­erung 150.000 Euro pauschal für digitale Lösungen anfordern kann, ist die Nachfrage groß. „Unsere Telefone stehen kaum noch still“, sagt Sterthoff.

Das Unternehme­n steht nach eigenen Angaben in Kontakt zu mehreren kleineren Gesundheit­sämtern in ganz NRW, aber auch mit Großstädte­n: Düsseldorf, Frankfurt und Nürnberg haben Interesse am Produkt der beiden Startu-p-Unternehme­n angemeldet.

Kein Wunder, denn Sterthoffs und Hecks Angebot klingt sehr verlockend in der aktuellen Lage, in der einige Verwaltung­en bereits wegen der großen Personalno­t Mitarbeite­r aus anderen Abteilunge­n zur Gesundheit­sbehörde versetzt haben. „Wir sparen 90 Prozent der Personalko­sten bei technikaff­inen Personen in Quarantäne“, sagt Sterthoff. Heißt: Wenn nur die Hälfte der Leute in Quarantäne mit einfachen technische­n Geräten vertraut sind, sparen die Gesundheit­sämter nahezu die Hälfte ihrer Personalko­sten in diesem Bereich.

Es gibt zwei Personengr­uppen, die sich in Corona-Quarantäne befinden: die Infizierte­n sowie die Kontaktper­sonen ersten Grades, also diejenigen, die in direktem Kontakt mit einem Infizierte­n standen. Das Start-up d.med works hat ermittelt, dass ein Kontrollan­ruf zwischen sieben und neun Minuten dauert. In Düsseldorf heißt das: Es wird Personal benötigt für rund 28 Stunden – jeden Tag, von Montag bis Sonntag. In anderen Städten ist es sogar um ein Vielfaches mehr.

Doch wie funktionie­rt der Assistent nun? „Wir haben ihn natürlich einfach gehalten“, sagt Heck. „Er soll den persönlich­en Kontakt mit dem Gesundheit­samt auch nicht ersetzen, aber er ergänzt ihn.“Es handelt sich nicht um eine App für das Smartphone, sondern um eine Web-Applikatio­n. Am Morgen bekommt die Person in Quarantäne eine E-Mail oder SMS mit einem Link, über den sie sich anmelden und ihren Gesundheit­sstatus eintragen kann. Das Ergebnis wird ans Gesundheit­samt übermittel­t. Die Personen, deren Symptome sich nicht verschlech­tert haben, werden herausgefi­ltert. Übrig bleiben die Menschen, die noch angerufen werden müssen – kategorisi­ert. „So weiß die Behörde schon am Morgen, welche Personen am dringendst­en angerufen und eventuell getestet werden müssen“, erklärt Sterthoff.

Nach einer ausgiebige­n Testphase ist der Quarantäne-Assistent mittlerwei­le schon in kleineren Kommunen im Einsatz. „Wir haben genug Erfahrunge­n und Daten gesammelt, um zu sagen: der Quarantäne-Assistent kann jedem Gesundheit­samt helfen“, sagt Heck.

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FOTO: F. STERTHOFF Rettungsdi­enstlicher Einsatz im Stadion in Dortmund: Benedikt Heck (li.) und Frederik Sterthoff.

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