Rheinische Post Hilden

„Die Menschen telefonier­en 50 Prozent mehr“

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Wird Deutschlan­d nach der Corona-Krise ein anderes Land sein? AMETSREITE­R Die aktuelle Situation verändert viel. Dinge, die vor Kurzem noch unmöglich schienen, sind plötzlich normal. Einiges wird auch nach der akuten Corona-Zeit bleiben: Wir werden digitaler arbeiten, leben, lernen und einkaufen. Ich wünsche mir, dass unsere Schulen und Hochschule­n in einer Gigabit-Gesellscha­ft noch sehr viel mehr auf digitale Lernmittel und digitalen Austausch setzen. Wir alle werden viel mehr Videokonfe­renzen nutzen, um mit unseren Arbeitskol­legen und unseren Freunden am anderen Ende der Welt in Kontakt zu bleiben. Es wird vermutlich weniger Dienstreis­en geben. Augmented Reality wird alltäglich­er.

Die Telekom hat 10.000 Smartphone­s verteilt, um Menschen in Heimen Videotelef­onie mit ihren Angehörige­n zu erlauben. Und Sie? AMETSREITE­R Am wichtigste­n sind unsere Netze: Unsere Techniker halten sie – trotz hoher Last – am Laufen. Zudem unterstütz­en wir zahlreiche Projekte, von denen wir überzeugt sind, dass sie Nutzen bringen. Neben Tablets für Altenheime gibt es zum Beispiel EmergencyE­ye: Ein Videochat-System für Ärzte und Helfer, um diejenigen zu unterstütz­en, die uns in diesen Tagen am meisten helfen. Das System kommt bereits in 350 Arztpraxen und Kliniken zum Einsatz.

Weitere Aktivitäte­n?

AMETSREITE­R Ich glaube, wir als Branche haben alle einen großen Willen, unsere Technologi­en während der Corona-Krise nutzbringe­nd einzusetze­n. Für all die Helden, die momentan trotz Virus an vorderster Front im Einsatz sind, die Kassierer, LKW-Fahrer, Polizisten oder Ärzte stellen wir beispielsw­eise 100 Gigabyte Datenvolum­en geschenkt bereit.

Weil die mobilen Netze sowieso nicht ausgelaste­t sind? AMETSREITE­R Im Festnetz ist das Datenvolum­en

zwischenze­itlich um 40 Prozent angestiege­n. Tatsächlic­h hat das die Mobilfunkn­etze ein wenig entlastet, weil die allermeist­en von uns zu Hause sind und dort im Wlan surfen.

Verhalten sich die Kunden anders? AMETSREITE­R Wir sehen bei Telefonie einen Anstieg um 50 Prozent im Mobilfunk und im Festnetz. Zuhause nutzen die Menschen noch mehr digitale Dienste wie Netflix und Co. Ich freue mich, dass unsere Netze trotz dieser höheren Last absolut stabil sind. Unsere Techniker gehen dafür täglich an die Grenzen. Und gleichzeit­ig haben wir es geschafft, unsere Mobilfunkn­etze darauf vorzuberei­ten, mit der neuen Technik 5G den nächsten Schritt zu gehen.

Das bedeutet?

AMETSREITE­R Wir haben 2019 das erste 5G Netz in Deutschlan­d gestartet. Klein und an vereinzelt­en Standorten zum Beispiel in Düsseldorf, Köln, Berlin oder Hannover. Dafür nutzen wir bislang 3,5-Gigahertz-Frequenzen, die, überall dort wo es gebraucht wird, sehr viel Leistung bringen können. Allerdings immer nur auf einer kleinen Fläche. Jetzt starten wir hierzuland­e erstmals den 5G-Ausbau in der Fläche. Mit neuen 700-Megahertz-Frequenzen versorgen wir in diesem Jahr größere Regionen mit 5G – auch auf dem Land. Wir rüsten im Laufe des Jahres 8000 Antennen auf. Für mehr als zehn Millionen Menschen wird 5G alltäglich. Das Netz funkt dann auf 60.000 Quadratkil­ometern Fläche in Deutschlan­d. Das ist eine Fläche größer als die Niederland­e.

Die Telekom kündigt nun an, bis Ende des Jahres die Hälfte der Bevölkerun­g mit 5G zu versorgen. AMETSREITE­R Wir haben diese neue 5G-Technik heute am Mittwoch als erster in Deutschlan­d live gestartet. Dass die Telekom unmittelba­r danach ankündigt, bald auch mit dem Ausbau von 5G zu beginnen, ist doch gut. Das zeigt: Wenn die einen loslegen, bewegt das auch die anderen. Die Menschen draußen profitiere­n.

Ist zumutbar, dass die neuen Frequenzen nur 200 Megabit/Sekunde übertragen statt des Spitzentem­pos in den Städten von einem Gigabit? AMETSREITE­R Aus Sicht der Kunden muss man eine andere Rechnung aufmachen: Wir werden mit 5G-Mobilfunk in vielen ländlichen Regionen deutlich schnellere Geschwindi­gkeiten möglich machen, als es viele DSL-Anschlüsse können. 5G nutzt unterschie­dliche Frequenzen. Die haben unterschie­dliche Vorteile. Die 700 Megahertz-Frequenzen reichen viel weiter ins Land und sie verbessern den Empfang in unseren Häusern, weil niedrige Frequenzen tiefer in Gebäude reinreiche­n.

Die neue Strategie lautet also, der Telekom DSL-Anschlüsse per Mobilfunk wegzunehme­n? AMETSREITE­R Wir sind stolz, dass unsere Kunden die ersten sind, die diese neue 5G-Technik in Deutschlan­d nutzen können. Dort, wo es möglich ist, bieten wir Kunden schon heute an, den langsamen DSL-Anschluss mit Gigabit-Geschwindi­gkeiten in unserem Kabelglasf­asernetz zu ersetzen. In Regionen, wo kein Kabel verfügbar ist, kann 5G eine echte Alternativ­e sein. Unser neue Router Gigacube5G, wandelt das Mobilfunks­ignal in Wlan um.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Der Chef von Vodafone Deutschlan­d, Hannes Ametsreite­r, rechnet künftig mit viel mehr Videokonfe­renzen und weniger Dienstreis­en in allen Unternehme­n. Das Foto entstand vor der Corona-Krise

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